Schneller, besser, kleiner… Der Siegeszug des MP3-Formats beim digitalen Austausch von Musikfiles ist einzigartig in der Geschichte des Internet. Und während die Musikindustrie noch immer zittert, schreitet die Entwicklung weiter fort.
MP3 steht für
MPEG 1 Audio Layer 3 und kommt, wie der volle Name schon andeutet, eigentlich aus dem ‘
Motion Picture Experts Group (MPEG) Standard’, der zum Komprimieren von Video-, Audio- und Systemdaten entworfen wurde. Mit Hilfe des MP3-Formats können Musikdateien auf ein Zwölftel der ursprünglichen Größe reduziert, und dadurch rasend schnell über das Internet verschickt werden. Vor allem aufgrund seiner guten Qualität und Plattformunabhängigkeit wurde MP3 in kürzester Zeit zum populärsten Audio-Format und zum Marktführer auf diesem Gebiet. Auch das Standard-Soundformat “Wave”, das über eine bessere Klangqualität als MP3 verfügt, konnte auf dem Sektor Dateigröße nicht mithalten und musste die Führungsrolle abgeben.
Begonnen hat die Entwicklung von MP3 1987 am
Fraunhofer Institut für integrierte Schaltung (IIS-A) in Erlangen. Ursprünglich lag der Idee der Komprimierung von Audiodateien der Wunsch zugrunde, bessere Sprachqualität über Telefonleitungen aus Kupfer zu übertragen. Dies erübrigte sich bald durch die rapide Entwicklung des Glasfasernetzes und neuen Anschlussmöglichkeiten für den Privatbenutzer. Technologien wie
ISDN brachten die Sprachübertragung entscheidend voran. Aufgrund dieser Entwicklung kreierte man neue, visionäre Ansatzpunkte für die Einsatzgebiete der Audiocodierung. Die Wissenschaftler des Fraunhofer IIS-A wollten nicht nur die Übertragung von Sprache, sondern auch von Musik via Telefonleitung oder anderer Kanäle, bei denen man besonders sparsam mit der verfügbaren Datenrate umgehen muss, ermöglichen.
Nach Abschluss einer fast dreijährigen Entwicklungsphase wurde 1989 in Deutschland ein Patent auf MP3 angemeldet und erteilt. 1992 wurde das MP3-Format von
ISO (International Standards Organisation) standardisiert und in die Spezifikation der MPEG integriert.
Den Durchbruch schaffte MP3 jedoch erst mit der Entwicklung von Codier- und Decodiertools sowie Abspielgeräten. Der erste MP3-Player wurde 1990 vom Fraunhofer Institut entwickelt, jedoch nie kommerzialisiert.
1997 wurde das System des MP3-Players von einem Entwicklerteam der ‚Advanced Multimedia Products’ überarbeitet. So entstand der erste herausgegebene MP3-Player mit dem Namen “AMP”. Er diente als Vorlage für
WinAmp. Dies war möglich, da das Fraunhofer Institut als Patentinhaber die freie Nutzung der MP3-Technologie und -Entwicklung zu diesem Zeitpunkt noch zuließ, was sich jedoch kurz darauf änderte. Mittlerweile ist der MP3-Encoder der Fraunhofer-Gesellschaft urheberrechtlich geschützt.
Noch im selben Jahr wurde das MP3-Nachfolgeverfahren ‘
Advanced Audio Coding‘ (MPEG2-AAC) vom Fraunhofer IIS-A in Zusammenarbeit mit
Dolby Labs,
Sony und
AT&T Research zertifiziert. Dieses Verfahren besitzt eine verbesserte Audioqualität sowie eine bessere Effizienz. So kann mit AAC schon bei einer Bitrate von 64 KBit/s CD-Klangqualität erreicht werden, was mit dem MP3-Format erst bei 128 Kbit/s möglich ist. AAC wird auf vielfältige Weise angewandt: Zum Beispiel bei der elektronischen Verteilung von Musikprogrammen über den digitalen Rundfunk in den USA oder in Japan beim Digitalfernsehen.
Aus dem Schatten von MP3 konnte AAC bislang jedoch nicht heraustreten. Dies könnte darin begründet sein, dass AAC nicht abwärtskompatibel ist, dieser Codec also keine MP3-Dateien lesen kann. Ein weiterer Grund ist sicher, dass die Fraunhofer-Gesellschaft das AAC-Verfahren nur an Firmen lizenziert, die es mit Copyright-Vorkehrungen vermarkten. Diese rigiden Lizenzbedingungen und das fehlen freier Encoder und Player für AAC verhindern, dass sich AAC genauso erfolgreich im Internet ausbreitet wie MP3. Daher gilt dieser Standard nur als MP3-Alternative für den professionellen Markt.
Im Sommer 2001 erschien ein weiterer Nachfolgestandard auf dem Markt:
MP3Pro. Neben einer verbesserten Klangqualität verfügt er im Gegensatz zu AAC über eine Abwärtskompatibilität. Somit können Files im MP3-Format auch in MP3Pro-Playern in gewohnter Qualität abgespielt werden. Umgekehrt lassen sich MP3Pro-Dateien auch mit einem herkömmlichen MP3-Player wiedergeben, allerdings in reduzierter Qualität.
Mittlerweile wird in Erlangen intensiv das Nachfolgeverfahren
MPEG4 Audio bearbeitet, das in Zukunft neben Audio auch die Übertragung und Speicherung von bewegten Bildern oder allgemeiner Multimediainhalte ermöglichen soll, so dass abzuwarten bleibt, ob dieses weitentwickelte Verfahren MP3 den Rang ablaufen wird.
Die Zukunft des MP3-Formats hängt jedoch auch von der strikten Lizenzierung ab.
Seit dem Jahr 2000 müssen Gebühren für Downloads von MP3-Dateien an die Fraunhofer-Gesellschaft und
Thomson Multimedia, den Lizenzpartner, gezahlt werden. Seit dem 1. Januar 2001 werden auch Gebühren für MP3-Streams verlangt.
Bezüglich der MP3-Player berät sich die Fraunhofer-Gesellschaft ebenfalls, ob dieser Algorithmus unter das Copyright von Fraunhofer fällt, und somit Gebühren dafür verlangt werden können. Dies könnte das Aus für MP3 bedeuten. Wenn die Abspielprogramme nicht mehr kostenlos erhältlich sind, wird MP3 für den Otto-Normalverbraucher äußerst unattraktiv. Es ist fraglich, ob dann nicht alternative Formate, die bisher nicht gegen MP3 ankamen, in Zukunft den Markt beherrschen werden.
Einen Ausblick auf den Erfolg von digitalen Medien in der Zukunft gibt
Professor Gerhäuser, der Leiter des Fraunhofer IIS-A. Seiner Meinung nach komme der drahtlosen Übertragung in Zukunft besondere Bedeutung zu. Große Hoffnungen setze man dabei auf
UMTS, “mit dem eine wesentlich höhere Datenrate als mit dem heute gebräuchlichen Mobilfunksystem
GSM transportiert werden kann.” Im Bereich der materiellen Informationsträger ständen mit DVD und deren Weiterentwicklung und Verkleinerung sehr große Speicherkapazitäten zur Verfügung.
So wie es aussieht, werden uns MP3 und seine Geschwister auch noch weiterhin im digitalen Zeitalter begleiten.
Erschienen am 21.03.2002
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