Durch das Gesetz zur Bekämpfung des Missbrauchs von 0190er/0900er Nummern sollen die Verbraucher in Zukunft sicherer telefonieren und surfen können. Doch nach Inkrafttreten fordern Verbraucherschützer schon Nachbesserungen.
Am 15. August 2003 ist das
Gesetz zur Bekämpfung des Missbrauchs von 0190er/0900er Mehrwertdienstenummern in Kraft getreten. Ziel des Gesetzes soll die wirksamere Bekämpfung des Rufnummernmissbrauches sein. Nötig wurde es, nachdem in den letzten Jahren immer mehr Verbraucher durch unseriöse Anbieter abgezockt wurden.
Die drei neuen Absätze
Die
Novellierung im Paragraphen 43 des Telekommunikationsgesetzes besteht aus drei neuen Absätzen. Absatz 43a bestimmt, dass der Verbraucher über die
Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post, kurz RegTP, innerhalb von 10 Tagen Auskunft erhalten sollen, wer der Dienstleister hinter der entsprechenden Nummer ist. In 43b wird das Tarifschema geregelt. Im Absatz 43c steht, was die RegTP bei Zuwiderhandlungen alles machen darf. Ihre Befugnisse reichen hier von der Abschaltung der Nummer bis zur Verhängung einer Geldbuße von bis zu 100.000 Euro an den Anbieter. Auf der Seite der RegTP gibt es eine
Suchmaschine, mit deren Hilfe die Verbraucher nun direkt den Zuteilungsnehmer der seit Anfang des Jahres bestehenden 0900-Rufnummern inklusive Anschrift in Erfahrung bringen können.
Was genau sagt das neue Gesetz?
Ab August diesen Jahres sind die Anbieter nun verpflichtet, dem Kunden den genauen Tarif der Telefonverbindung im Voraus mitzuteilen. Teurer als 2 Euro pro Minute darf kein Gespräch werden, und der zeitunabhängige Blocktarif endet bei 30 Euro. Das gilt auch für Internet-Dialer, so dass Abzocker keine Chance mehr haben sollen. Eine 0190/0900 Verbindung wird nun auch vom Telefonanbieter automatisch nach 60 Minuten unterbrochen. Das bedeutet aber, dass eine Stunde immer noch stolze 120 € kosten kann. Die Verteilung der Nummern ändert sich grundlegend. Bisher vergab die RegTP die so genannten Mehrwertnummern an Netzbetreiber wie die Telekom oder Talkline. Die Netzbetreiber haben die Nummern dann entweder selber vermarktet oder an andere Nummernbetreiber untervermietet. Diese konnten dann die Nummern weitervermieten. Erst bei der Telefonrechnung schloss sich der Kreis, denn die Gebühren wurden wieder über den jeweiligen Netzbetreiber abgerechnet. Von unseriösen Angeboten geneppte Verbraucher konnten nur schwer vor Gericht gegen Betrüger vorgehen, da deren Adressen oft nicht zu ermitteln waren. Seit dem 15. August ist die Situation einfacher geworden. Die Verbraucher können bei der RegTP den Dienstleister erfragen, da sie dort einen Auskunftsanspruch haben.
Aus 0190 mach 0900
Noch einfacher und durchsichtiger soll das Nummergeflecht durch die 0900 Nummern werden. Sie gibt es seit dem 1. Januar 2003 und sie sollen bis zum 31. Dezember 2005 die 0190 Nummern ersetzen. Bei ihnen gibt es keine festgelegten Tarife. Allerdings gelten als Höchstgrenze die Tarife von Paragraph 43b. Ansonsten gelten bei ihnen festere Schemata als bei den 0190 Nummern: Unter 0900 -1 dürfen nur Informationsdienste angeboten werden, unter 0900 -3 Unterhaltungsdienste nicht erotischen Inhaltes und unter 0900-5 dann „sonstige Dienste“, auch erotische. 0900 – 9 ist als Einwahlnummer für Dialer vorgesehen. Bis zum 13. Dezember 2003 dürfen sich diese allerdings auch noch über 0190 und andere 0900 Nummern einwählen. Da die 0900 Nummern nicht mehr in Tausenderblöcken an einzelne Netzbetreiber abgegeben werden, sondern einzeln an Dienstleister und Privatpersonen und eine Weiter- und Untervermietung nicht erlaubt ist, erhofft sich die Regulierungsbehörde eine Abschreckung für unseriöse Anbieter. Denn um von der RegTP eine Nummer zu bekommen, ist man verpflichtet, Namen und Anschrift zu hinterlassen. Hat nun ein Verbraucher Probleme mit einem Anbieter, kann er dank Paragraph 43a den Anbieter und dessen Adresse durch die Behörde in Erfahrung bringen.
Dialer
Auch der verstärkte
Missbrauch durch Webdialer soll dank der Neuerungen verhindert werden.
In der Vergangenheit ist es durch unseriöse Dialer zu einigem Unmut auf Seiten der Verbraucher und der seriösen Dialer-Anbieter gekommen. So war es vielen Verbrauchern nicht klar, dass sie sich über einen höheren Tarif eingewählt hatten. Nun sollen derartige Missbräuche schon von vorneherein ausgeschlossen werden. Zuerst muss dem User deutlich klargemacht werden, dass er nun einen Dialer nutzt. Der Tarif muss vorher gut lesbar angezeigt werden. Ab dem 14. Dezember 2003 darf dann nur noch die Vorwahl 0900 – 9 für Webdialer genutzt werden. Damit sei eine gezielte Sperrung der Dialer Gasse 0900 – 9 möglich. Auf der Internetseite der RegTP finden die Verbraucher seit dem 24. September eine Datenbank, die sämtliche registrierten Dialer beinhaltet. 4051 Dialer sind aktuell registriert. “Da unter einer Mehrwertdiensterufnummer”,
so Präsident der RegTP Matthias Kurth, “in der Regel eine große Anzahl an Dialern betrieben wird, können bei der Datenbankabfrage zusätzlich zu der Rufnummer auch noch die Versionsnummer des Dialerprogramms und dessen Hashwert vom Verbraucher eingegeben werden, um die Suchergebnisse zu optimieren.” Damit dürfte alles klar sein, oder?
Noch ist nicht alles geklärt
Auf den ersten Blick scheint alles erstmal gut geregelt. Doch dem ist nicht so. Die 0190er Dialer Nummern werden noch bis Dezember diesen Jahres gültig sein, die Telefonnummern sogar bis Ende 2005. Hinzu kommt, dass Absatz 43a besagt, dass der Verbraucher die Auskunft über die Anschrift des Anbieters erhalten „soll“, nicht „muß“. Auch der
Verbraucherzentralen Bundesverband und die CDU-Opposition sehen noch Lücken im Gesetz. Besonders durch die Nichtberücksichtigung der 0137 (meist gebraucht für Gewinnspiele) oder 118- (Auskunftshotlines) Nummerngassen kann es bei diesen noch zu Missbräuchen kommen. Und dass die Mobilfunkbranche erst im nächsten Jahr mit einbezogen wird, ist den Verbraucherschützern ein Dorn im Auge. Sie fordern dementsprechende
Nachbesserungen. Wie gut die Neuregelungen beim Verbraucher ankommen, ist noch offen. Auf Anfrage von politik-digital.de teilte Harald Dörr von der Pressestelle der RegTP mit, dass nach einem Monat schon ca. 450 Anfragen, darunter auch Beschwerden, bei der Behörde eingegangen seien. Dialer hätten sich bedeutend weniger angemeldet. Warum das so ist, sei auch ihm unklar. Verbraucherschutz-Ministerin Renate Künast ist zufrieden, weiss aber um die Grenzen des beschlossenen Gesetzes. „Wir haben viel erreicht, werden aber den Markt auch in Zukunft beobachten. Wenn sich heraus stellen sollte, dass das Gesetz gegen die Missbräuche nicht ausreicht werden wir nicht zögern, weitere Regelungen zu treffen,” so Künast.