Falko Blumenthal möchte, wie er gegenüber politik-digital.de deutlich macht, mit der neuen App, die ihn und sein Team „viel Zeit und Energie” gekostet habe, zur „Senkung der Hemmschwelle für individuelle politische Kommunikation” beitragen. Bild der AppUnd in der Tat liegt ein entscheidender Vorteil gegenüber den bereits bekannten Partizipationsportalen in einem unmittelbaren Kontakt zum direkt gewählten Abgeordneten. Während Abgeordnetenwatch, der unangefochtene „Platzhirsch” auf dem Feld der digitalen Bekämpfung bürgerferner Politiker, den kontaktierten Abgeordneten moderierte Fragen weiterleitet, setzen die Macher von „Call-a-Rep” auf ungefilterte Kommunikation. Der Name „Call-a-Rep” ist also durchaus wörtlich zu verstehen, denn neben der Telefonnummer des Abgeordnetenbüros, einen Link zum Profil auf der offiziellen Homepage des Deutschen Bundestages und einer E-Mail-Funktion, bietet das in den vergangenen beiden Jahren entwickelte Projekt zusätzlich die Möglichkeit des Zugriffs auf das soziale Netzwerk Facebook. Letztgenannte Funktion versagte jedoch in der von politik-digital.de getesteten Version gleich mehrmals und bei verschiedenen Abgeordnetenprofilen.

Der Deutsche Bundestag hat bereits vor einiger Zeit eine Smartphone-App mit einer nach Bundesländern, Wahlkreisen und Parlamentsfraktionen geordneten Gesamtliste der Mitglieder des Deutschen Bundestages entwickeln lassen. Neben der normalen Suchfunktion nach Name, Ort oder Fachausschuss mussten sich die Macher von „Call-a-Rep” also etwas einfallen lassen. Das für hiesige politische Verhältnisse innovative Potenzial der neuen App zeigt sich, wenn der Nutzer der – aus datenschutzrechtlicher Sicht verschiedentlich scharf kritisierten – GPS-Ortung seines Smartphones zugestimmt hat. „Call-a-Rep” ordnet nun dem Aufenthaltsort sofort das dort direkt gewählte Mitglied des Bundestages zu. Nach technisch-bedingten Anlaufschwierigkeiten hat diese Funktion an allen Orten, an denen die App in der Praxis getestet wurde, auch einwandfrei funktioniert. Auf einigen Seiten der Fachausschüsse fehlten noch Telefonnummern. Die Probleme, die Facebook-Funktion zu nutzen, wurden bereits erwähnt, und auch die Möglichkeit, die Abgeordneten telefonisch zu erreichen, war nicht immer gegeben.

Die zentrale Schwachstelle ist jedoch struktureller Natur. Gefunden werden nur die direkt gewählten Mitglieder des Bundestages.Bild Die über die Landeslisten gewählten Parlamentarier bleiben grundsätzlich unerwähnt, was von dem Initiator des Projekts auch eingeräumt wird. „Call-a-Rep beschränkt sich in der Version 1.0.0 auf die direkt gewählten Mitglieder, die eigentlichen ‘Rep-representatives'”, wie Falko Blumenthal gegenüber politik-digital.de klarstellt. Dies sei jedoch, so der Student weiter, durchaus beabsichtigt: „Der von uns gewählte räumliche Ansatz lässt es als sinnvoll erscheinen, mit den Wahlkreisabgeordneten zu beginnen.” Falls durch „Call-a-Rep” wirklich der direkte Austausch zwischen Bürgern und Politikern gefördert werden soll, müsste an dieser Stelle jedoch dringend nachgebessert werden und zusätzlich zu den mittels GPS-Ordnung identifizierten Abgeordneten die über die Landesliste im jeweiligen Bundesland eingezogenen Abgeordneten aufgelistet werden. Die „offizielle” App des Deutschen Bundestages ist in dieser Hinsicht jedenfalls umfassender und informativer.

Fazit
Die Idee, den eigenen Abgeordneten mittels Geodaten aufs Smartphone zu holen, könnte, abhängig vom Fortgang der datenschutzrechtlichen Debatte, zukünftig auch bei Parteien und professionellen Politikberatern im Rahmen von Wahlkampagnen großen Anklang finden beziehungsweise fortentwickelt werden. Zwar wartete „Call-a-Rep” in der von politik-digital.de getesteten Version mit einigen technischen Fehlern auf. Vergleichbare Fehler passieren jedoch mitunter auch kommerziellen Anbietern neuer Softwareprodukte, so dass es an dieser Stelle nicht weiter ins Gewicht fallen soll, dass am Abend des Veröffentlichungstages die hessische CDU-Parlamentarierin Erika Steinbach als direkt gewählte Abgeordnete des Berliner Wahlbezirks Neukölln firmierte. Der Anspruch dieses mit – wie es scheint – hoher persönlicher Motivation verwirklichten Projekts ist jedenfalls begrüßenswert. Kurzfristig sollte die App-Warnung vor Missbrauch oder Spam-Kommentaren noch wesentlich prominenter herausgestellt werden. Auf lange Sicht ist in diesem Zusammenhang entscheidend, ob es den Entwicklern ähnlicher Anwendungen zukünftig gelingen wird, ihr Produkt in den Kontext einer ernsthaften Debatte über konkrete politische Fragen zu stellen. Gelingt dies nicht, laufen begrüßenswerte Projekte wie „Call-a-Rep” unausweichlich Gefahr, von „Trollen” und Querulanten vereinnahmt zu werden.