Vor einiger Zeit kauften meine Großeltern sich ein Tablet und beauftragten mich damit, sie in dessen Bedienung einzuführen. Bei der Funktion des Internetbrowsers angekommen, fragte mein Opa mich, was das Internet denn eigentlich genau sei. Auf diese Frage konnte ich ihm tatsächlich keine Antwort geben. Ein persönliches Beispiel der digitalen Spaltung der Generationen.

Ich, Anfang 20, bin mit der digitalen Transformation aufgewachsen, nutze das Internet und die neuen digitalen Technologien wie die meisten in meinem Alter täglich und ganz selbstverständlich. Auch das ist ein Problem: Für uns jüngere Menschen ist die Digitalisierung so selbstverständlich, dass wir grundlegende Funktionsweisen als gegeben hinnehmen und gar nicht mehr hinterfragen. Viele Menschen meiner Generation wissen nicht, wie das Internet, wie ein Computer, wie ein Browser funktioniert, von komplexeren Algorithmen und Anwendungen ganz zu schweigen.

Aber für meinen Opa, Ü80, stellt dies einen unvorstellbar hochkomplexen digitalen Kosmos dar. Um das Internet für seine Zwecke zu nutzen, muss er eine Vielzahl von Informationen auf einmal erfassen. Sich von bisherigen Denkweisen und Abläufen lösen und neue Informations- und Handlungsmöglichkeiten verstehen. Das gilt für viele Menschen, die ohne das Internet groß geworden sind.

Dieser Umstand stellt ein gesellschaftsübergreifendes Problem dar.

Digital Natives und Digital Immigrants – Generationenkonflikt

Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen fällt es leicht, mit dem schnellen Fortschritt der Technik mitzuhalten. In die digitale Revolution hineingeboren und mit dem Wandel aufgewachsen, bilden sie die Hauptgruppe der UserInnen des World Wide Web. Vermehrt in der Freizeit aber auch im Schulalltag werden neue digitale Technologien immer stärker genutzt. Seien es Aktivitäten in den sozialen Medien wie Facebook, Twitter, Instagram und Co., das Online-Streamen in TV-Mediatheken, Browsergames, Online-Shopping oder schulische Recherche, für die jungen Generationen ist das Web Teil des Alltags.

Ganz anders hingegen verhält sich dies bei den Digital Immigrants, UserInnen, die erst im Erwachsenenalter mit dem Netz in Berührung gekommen sind.

Digitales Know-how als Grundvoraussetzung

Die Digitalisierung schreitet auch in der Arbeitswelt immer schneller voran, so sind in vielen Bereichen der Politik und Wirtschaft digitale Technologien inzwischen unentbehrlich. Auch in vielen anderen Feldern wird der Arbeitsalltag auf digitale Arbeitsprozesse ausgerichtet.

Erwerbstätigen ab 50+ fällt es daher oft schwer, sich an neue digitale Strukturen und Systeme zu gewöhnen. Im Arbeitsalltag werden oft Medienkompetenzen vorausgesetzt, die diese Generation nie oder erst spät erlernt hat. Vielen Erwerbstätigen in bzw. ab einem bestimmten Alter fällt es schwer, den digitalen Anforderungen des Arbeitsmarktes gerecht zu werden, sie werden von jüngeren Kollegen abgehängt.

Aktive Teilhabe für alle Altersgruppen

Um ältere arbeitende Generationen und auch Senioren, die nicht länger erwerbstätig sind und daher noch viel weniger digitalen Anschluss haben, aktiv miteinzubeziehen, müssen alternative Förderungsprogramme im Bereich digitale Medien geschaffen werden. Alle Alters- und Bevölkerungsgruppen müssen die Möglichkeit haben, Medienkompetenz zu erwerben oder zu erweitern.

Laut der ARD/ZDF-Onlinestudie 2016 steigt die Internetnutzung stetig von Jahr zu Jahr. 2016 nutzten bereits 58 Millionen Menschen der deutschen Bevölkerung das Web. Generationenspezifisch betrachtet fällt auf, dass sogar die Senioren Ü70 immer häufiger online gehen.

2016 beträgt die Internetnutzung pro Tag bei den über 70-Jährigen 28 Minuten, ein Zuwachs von 8 Minuten gegenüber 2015. Erwachsene zwischen 50 und 69 Jahren liegen bei 1:29 Stunden täglicher Nutzung, Befragte zwischen 30 und 49 Jahren sogar bei 2:28 Stunden. Die Spitze bilden die jungen Erwachsenen von 14-29 Jahren mit 4:05 Stunden Internetnutzung pro Tag, was einem Anstieg von über einer halben Stunde gegenüber 2015 entspricht.

Diesen Entwicklungen muss sich die Politik anpassen. Über herkömmliche digitale Bildungsmethoden in Schulen, Berufsschulen, Universitäten und Hochschulen hinaus, muss eine digitale Infrastruktur für die Vermittlung von Medienkompetenzen als Weiterbildungsmaßnahme geboten werden, um alle Generationen und Gesellschaftsgruppen zu integrieren und so eine digitale Spaltung der Gesellschaft zu verhindern.

Bisher wird diese Aufgabe weitestgehend von Vereinen, Stiftungen und Initiativen übernommen. Diese engagieren ehrenamtliche Helfer, die sich nach den individuellen Lernstandards und Bedürfnissen der verschiedenen Altersklassen ausrichten. Während jüngere Generationen das Internet und vor allem soziale Medien zur digitalen Vernetzung und Selbstdarstellung nutzen, legen ältere Generationen den Fokus auf den effektiven Nutzen des Internets über eBooks, Online-Shoppingportale, Weiterbildung durch digitale Recherche oder direkte Kommunikation über Email, Skype etc.

Ob sich die Digitalisierung nun eher positiv oder doch eher negativ auf die gesellschaftlichen Entwicklungen auswirkt, dem stehen Jung und Alt geteilter Meinung gegenüber. Aufgrund des jeweiligen Erfahrungsschatzes sehen die JuniorInnen vermehrt positive Aspekte in der Digitalisierung, während die SeniorInnen dem Wandel eher skeptisch gegenüberstehen.

Digitalen Nutzen und Herausforderungen erkennen

Mit dem weiteren Fortschritt der Technik und den gesellschaftlichen Transformationsprozessen wird sich auch die Einstellung der Digitalisierung und ihrem Nutzen gegenüber ändern.  

Welche Möglichkeiten und Herausforderungen sich uns zukünftig bieten werden, wie ein ausbalanciertes Zusammenleben in der digitalen Gesellschaft möglich ist und aktiv mitgestaltet werden kann, soll auch Thema der Fachkonferenz “Digitale Agenda für eine lebensWerte Gesellschaft” des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend am 29. Juni in Berlin sein.

 

Titelbild: Gerd Altmann / pixabay CCO Public Domain

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