Am Dienstagabend sprach der Aktivist und Journalist Dan Meredith auf Einladung der Stiftung Neue Verantwortung vor einer Gruppe geladener Experten über den Schutz der Freiheit im Internet in Zeiten digitaler Überwachung.
Dan Meredith ist Aktivist und Wissenschaftler zugleich. In den vergangenen Jahren hat er insbesondere verschiedenste Entwicklungen der digitalen Gesellschaft an der Schnittstelle zwischen Menschenrechten, Transparenz und der globalen Kommunikation erforscht. Beim arabischen Nachrichtensender Al Jazeera war er zum Beispiel für den Aufbau einer Whistleblower-Plattform verantwortlich, die den traditionellen investigativen Journalismus mit den modernen Mitteln der Technologie verband. Am Dienstagabend war Meredith auf Einladung der Stiftung Neue Verantwortung zu Gast in Berlin und sprach vor einer kleinen Gruppe geladener Experten über das Projekt Freedom2Connect und den Schutz der Freiheit im Internet in Zeiten digitaler Überwachung.
Meredith ist seit diesem Jahr Direktor des Freedom2Connect-Programms (f2c) bei Radio Free Asia. Durch den Einsatz moderner Kommunikationstechnologien will das Programm solche Menschen mit unabhängigen Informationen versorgen, die in ihrer Heimat einer staatlichen Überwachung oder gar Repressalien ausgesetzt sind. “Hack it, break it, fix it.“, das Motto von f2c, sagt viel über die zwei Gesichter des Vorhabens aus. Einerseits ist Radio Free Asia ein vom US-amerikanischen Rundfunk mit staatlichen Geldern finanziertes Projekt, das aktiv gegen staatliche Überwachung vor allem im Internet kämpft. Paradox, wenn man bedenkt, wie intensiv die USA und ihre Geheimdienste gleichzeitig weltweit die Kommunikation kontrollieren und überwachen. Andererseits werden die Gelder bei Radio Free Asia unbürokratisch an innovative Projekte verteilt, die frei agieren. Das US-Außenministerium siedelt einzelne Projekte, die Distanz zu staatlichen Stellen erfordern, gerne bei Radio Free Asia an. Für Meredith kein Widerspruch, sondern Ausdruck der Meinungsvielfalt in einer demokratischen Gesellschaft.
Förderschwerpunkt Asien
Das Augenmerk des Programmleiters liegt vor allem auf den weniger demokratischen Staaten, mit einem Schwerpunkt in Asien. Hier konzentriert sich ein großer Teil der Internet nutzenden Weltbevölkerung. Die Nutzer- und Umsatzzahlen des chinesischen Google-Konkurrenten Baidu zeigen, dass die Menschen in Asien im gleichen Maße online sind wie der Rest der Welt. Die chinesischen Autoritäten haben dies bereits früh erkannt und in den letzten Jahren eine engmaschige Überwachung des chinesischen Cyberspace aufgebaut. Hier setzt die Arbeit des f2c-Programms an: Sie sucht nach Initiativen und Projekten, die Methoden zum Kampf gegen die digitale Überwachung entwickeln, um diese zu fördern. f2c bietet finanzielle und strukturelle Unterstützung an, vermittelt Kontakte und bietet Aktivisten Zugang zur eigenen, globalen Cloud-Infrastruktur.
Dabei achtet Radio Free Asia laut Meredith darauf, dass das f2c-Programm nur Hilfestellung anbietet, darüber hinaus jedoch keinen Einfluss auf die Projekte nimmt. Das Programm stellt zum Beispiel Server zur Verfügung, während die Sicherheitssoftware von Dritten aufgespielt wird, die das Vertrauen des unterstützten Projektes besitzen. Welches Projekt Radio Free Asia unterstützt, entscheiden neben anderen Aktivisten der so genannten Netzgemeinde unabhängige Wissenschaftler sowie der technische Beirat, dem Vertreter von Unternehmen wie Tumblr, Google, Red Hat, Twitter und Experten der Universitäten Berkely und Drexel angehören. Stimmt das gesamte Gremium zu, wird ein Projekt gefördert. Dabei sind insbesondere Vorhaben zu den Forschungsthemen Analyse von Zensur-Monitoring, Cybersicherheit sowie die nächste Generation von Sicherheitsprotokollen für Kommunikation gefragt.
Mehr Bewusstsein für Sicherheit und Privatsphäre
Damit Meredith und das f2c-Programm Erfolg haben, braucht es jedoch mehr als neue Konzepte. Diese setzen Überwacher zwar permanent unter Druck, wichtiger wäre hingegen der grundsätzliche Schutz der Privatsphäre im Internet. Um erfolgreich und bestens geschützt arbeiten zu können, müssen Aktivisten bewusster mit ihrer Sicherheit und der ihres Netzwerks umgehen. In Syrien installierten beispielsweise viele Aktivisten eine auf bestimmten Websites beworbene Skype-Software, die angeblich verschlüsselte Kommunikation erlaubt. Hinter dem Programm steckte jedoch der syrische Geheimdienst, der auf diese Art Aktivisten und ihre Kontakte aufdeckte. Aber auch die Entwickler von Web-Browsern sollten mehr strengere Sicherheitsmaßnahmen in ihren Produkten implementieren, um einen grundlegenden Schutz zu garantieren. Beim Öffnen einer Website werden viele Informationen, wie die IP-Adresse, das Betriebssystem des benutzen Computers und der verwendete Browser, übermittelt. Die Entwickler könnten bereits an dieser Stelle Abhilfe schaffen. Dasselbe gilt für Mail- und Chatprogramme.
Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Aufklärungsarbeit. Viele Organisationen und Aktivisten sind in einem erheblichen Maße von der Technik abhängig. Der Umstieg auf alternative Betriebssysteme für Microsofts Windows oder der Umgang mit Verschlüsselungstechniken fällt vielen Menschen schwer, die Vermittlung von Fähigkeiten zur sicheren Kommunikation ist daher auf Dauer schwer zu bewerkstelligen. Meredith versucht deshalb Methoden für eine sichere Kommunikation zu entwickeln bzw. entwickeln zu lassen, die einerseits nicht schnell veralten, anderseits aber auch leicht zu erlernen sind. Er möchte langfristig ein besseres Bewusstsein für Sicherheit und ihre Bedeutung besonders für engagierte Aktivisten schaffen.
Denn nach Jahren des eigenen Engagements kommt Dan Meredith zu einem düsteren Fazit seiner Arbeit: “Es ist eine finstere Welt. Das war sie vielleicht schon immer, nur ist es jetzt (durch das Internet, Anm.d.A.) besser sichtbar“. Das motiviert ihn jedoch umso mehr, die Welt zu einem besseren Ort zu machen, und deshalb setzt er alles daran, dass das Internet nicht als düsterer Strom in eine finstere Zukunft fließt.
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