Zu ihrem ersten netzpolitischen Abend 2012 hatte der Verein Digitale Gesellschaft in die Berliner c-base geladen. Neben tagesaktuellen Themen wie der Abschaltung der US-Wikipedia standen auch freie Software und die eigene Kampagne für Netzneutralität auf der Agenda.
Am Berliner Spreeufer war es bereits dunkel geworden, der Veranstaltungssaal in gedimmtes Licht getaucht: Einstimmung in den heutigen „Blackout-Day“. Die vorausgehende Gesetzgebungsinitiative war eines der beherrschenden Themen auf dem seit der Gründung im Frühjahr 2011 zweiten netzpolitischen Abend der Digitalen Gesellschaft. Mit dem in den Vereinigten Staaten diskutierten „Stop Online Piracy Act“ (SOPA), von digiges-Initiator Markus Beckedahl auch als „lex Hollywood“ tituliert, soll die US-amerikanische Medienindustrie vor den ökonomischen Konsequenzen der Film- und Musikpiraterie geschützt werden.
Auch diesseits des Atlantiks sieht die Digitale Gesellschaft vielfältigen Diskussionsbedarf. Und so nahm im Verlauf der Veranstaltung die Diskussion über europa-und bundespolitische Implikationen und den aktuellen Umsetzungsstand des internationalen Handelsabkommens ACTA breiten Raum ein, mit dem die Durchsetzung von Rechten an Immaterialgütern vereinfacht werden soll. Dem Enstehungsprozess des von insgesamt 39 Staaten verhandelten Abkommens werfen zahlreiche Netzaktivisten Intransparenz und fehlenden demokratische Legitimation vor soll. Die anschließende Publikumsdiskussion verdeutlichte einmal mehr die Komplexität der rechtlichen und politischen Zuständigkeiten bei diesem Thema.
„Echtes Netz“: Wichtigstes netzpolitisches Thema der kommenden Jahre
Ihre Initiative für ein offenes Internet „Echtes Netz“ hatten die Mitbegründer des Vereins „Digitale Gesellschaft“ in einer Preview-Version bereits Ende vergangenen Jahres vorgestellt. Das Thema Netzneutralität sei, so Beckedahl, „das zentrale netzpolitische Thema der kommenden fünf bis zehn Jahre“. Daher ginge es bereits heute darum, gegenüber Vertretern und Lobbyisten der Internet- und Telekommunikationswirtschaft mit möglichst weiten Begriffsdefinitionen einen „Debattenspielraum abzustecken“. Die Forderungen richten sich zum Beispiel gegen eine Priorisierung bestimmter Dienste, gegen Netzsperren oder künstliche Verknappung und gegen sogenannte „Deep-packet-inspections“.
FreeSoftware Foundation: Warnung vor virenfreiem Booten
Die gut besuchte Veranstaltung behandelte jedoch nicht ausschließlich netzpolitische Themen im engeren Sinne. Matthias Kirschner vom Berliner Büro der FreeSoftwareFoundation Europe beschloss den Abend mit einer eindrücklichen Warnung vor einer Funktion des BIOS-Nachfolgers UEFI. Mit dieser Schnittstelle zwischen Hardware und Software, die ein virenfreies Booten des eigenen Computers sicherstellen soll, bestünde, so Kirschner, die Gefahr, dass im Zuge der Markteinführung des Microsoft-Betriebssystems Windows 8 die Verwendung alternativer Betriebssysteme wie beispielsweise Linux unterbunden würde. Die FreeSoftwareFoundation setzt sich daher dafür ein, dass die Kontrolle über den Schlüssel für die Softwareinstallation bei den jeweiligen Besitzern der Hardware liegt. Hier kann eine entsprechende Petition unterzeichnet werden.