Die Non-Profit-Organisationen in Deutschland entdecken Facebook, Twitter & Co für die Selbstvermarktung. Doch aller Anfang ist schwer. politik-digital.de hat den Non-Profit-Bereich in sozialen Medien unter die Lupe genommen und mit Experten sowie den Machern gesprochen.
Der World Wildlife Fonds hat unter den Non-Profit-Organisationen (NPOs) in Deutschland mit 17.500 die meisten Facebook-Fans, 11.500 Leute haben bislang bei Greenpeace Deutschland den „Like-Button“ gedrückt. Die SOS-Kinderdörfer haben 10.000 Anhänger, Amnesty-International Deutschland immerhin noch knapp 8.500.
Welchen Wert haben Facebook-Fans?
Die Aussagekraft der nackten Zahlen ist beschränkt. Zum Vergleich: Über 96.000 Facebookern gefällt die Seite: „Kann dieser Esel mehr Fans als der FC Bayern München haben?“ Das digitale Bekenntnis ist besonders für gemeinnützige Organisationen ohne großen Wert, solange dadurch keine aktive Unterstützer oder Spenden generiert werden können.
„100.000 Fans bringen einem nichts, wenn sie nichts tun“, fasst auch Philipp Roth das Problem zusammen. Der Social-Media-Experte berät auf facebookmarketing.de Unternehmen, die Soziale Netzwerke für sich nutzen wollen. „Wichtiger als nur Fans zu sammeln ist es, richtige und aktive Unterstützer zu bekommen“, so der Berater zu politik-digital.de.
Unterschiedliche Erwartungen
„Die Erwartungen hängen von den Netzwerken ab“, sagt Roland Gramling vom WWF. Die Tierschutzorganisation will mit ihren Online-Aktivitäten unter anderem neue Zielgruppen für ihre Aktionen erschließen. Diese Hoffnung habe sich bisher „im Großen und Ganzen erfüllt.“
Anders die SOS-Kinderdörfer: Deren Zielsetzung war – neben dem Wunsch, eine jüngere Zielgruppen zu erreichen – auch mit bestehenden Spendern und Paten in Kontakt zu kommen. Der bisherige Erfolg stellt die Verantwortlichen aber noch nicht zufrieden. „Insgesamt ist die Aktivität etwas geringer als anfangs erwartet,“ sagt Online-Leiter Sebastian Spaleck im Gespräch mit politik-digital.de.
Themen wichtiger als Marken
Auch bei Greenpeace Deutschland ist man mit dem bisherigen Ergebnis der Online-Strategie „noch nicht zufrieden“, so der Leiter des New-Media Bereichs, Volker Gaßner. Die Umweltaktivisten wollen durch die sozialen Netzwerke Unterstützer für Kampagnen und Mitmachaktionen gewinnen. Allerdings sei man „dem Ziel deutlich näher gekommen.“
Amnesty International Deutschland hat besonders mit Kampagnen gute Erfahrungen gemacht. Das Portal „Mehr Verantwortung bei der Polizei“ übertrifft derzeit die Erwartungen der Betreiber. In gut drei Wochen wuchs die Zahl der Fans auf der Facebook-Seite auf über 3.500 an. In etwa so viele nahmen auch an der sogenannten „Online-Demo“ teil. Das Video zur Aktion wurde auf Youtube bisher 18.000 Mal angeschaut. Die Verantwortlichen sind auch von der Resonanz auf die Kampagne begeistert, die Kommentare seien laut Koordinatorin Barbara Hohl „größtenteils fundiert und sachlich.“
Philipp Roth von facebookmarketing.de überrascht das nicht. „Themen funktionieren besser als Marken“, denn dadurch würden die relevanten Zielgruppen angesprochen. Die Fans, die einer Kampagne folgen, interessieren sich schon für das Thema und sind deswegen auch engagierter. Roth räumt jedoch ein, es komme immer auf das Unternehmen und die Zielsetzung an: „Von Aldi erwartet der Fan nur Werbung.“
„Wir lernen alle noch“
Unternehmen in Sozialen Netzwerken müssten „immer relevant sein“, so Roth weiter Dabei komme es gar nicht auf die Häufigkeit der Postings an, so der Facebook-Experte: „Wenn man zwei Wochen keinen relevanten Content hat, sollte man in der Zeit auch nichts posten.“
Im Optimalfall seien deswegen „die Sozialen Netzwerke im gesamten Unternehmen verankert“, so der Berater. Dann hätte man auch kein Problem, aus allen Bereichen relevante Inhalte zu produzieren. Aber: „Die Realität sieht oft anders aus“, so Roth.
In der Tat passen viele NPOs ihre Organisationen erst an die neuen Medien an. Der deutsche WWF erstellt gerade eine „Guide-Line“ für Social Communities. Bei Greenpeace Deutschland stellen laut Gaßner „die neuen Kommunikationskanäle eine enorme Herausforderung dar.“ Amnesty International Deutschland schafft erst noch die Strukturen dafür. Nach eigenen Angaben seien sie dabei auf dem richtigen Weg. „Aber wir lernen alle noch“, so die Kampagnenkoordinatorin Hohl.
Afghanistan macht es Deutschland vor
Wie eine erfolgreiche Kommunikation über Soziale Netzwerke aussehen kann, zeigt eine gemeinnützige Organisation, die in Afghanistan tätig ist und unter anderem von Deutschen betrieben wird. Skateistan heißt das Projekt, bei dem afghanische Jugendliche – Jungen wie Mädchen – zusammen Skateboard fahren können und zudem Schulunterricht bekommen.
Wie der für die Kommunikationsarbeit zuständige Max Henninger berichtet, setzte die Organisation dabei „von Anfang an auf Soziale Netzwerke.“ Mittlerweile folgen knapp 10.000 Fans auf Facebook. Die Zahl kann zwar auch nicht konkurrieren mit dem Esel, der gegen Bayern München antritt – ist aber für eine Organisation in Afghanistan mit weniger als 30 Mitarbeitern ein großer Erfolg.
Auch über ungenügend Aktivität ihrer Fans können sich Henninger und Co. nicht beklagen. Im Gegenteil sei das viele Feedback über die Communities inzwischen „etwas anstrengend.“ Man animiere die Leute „dann doch eine Mail zu schreiben.“ Aus dieser Aktivität entwickle sich auch oft mehr – viele Fans wurden im Laufe der Zeit auch zu Freiwilligen.