Im letzten Teil des Beitrages von Jan Philipp Albrecht, dem zuständigen Berichterstatter des Europäischen Parlaments und Europaabgeordneten der Grünen, geht es um den Stand der Verhandlungen innerhalb der verschiedenen EU-Gremien.
Das Jahr 2013 wird das Datenschutzjahr in der EU
Nachdem die Europäische Kommission den Vorschlag für eine Datenschutz-Grundverordnung im Januar 2012 vorgestellt hat, wird dieser nun im Europäischen Parlament sowie im Rat der Europäischen Union diskutiert und überarbeitet. Danach diskutieren die drei Institutionen miteinander und versuchen zu einer Einigung und damit zu einem fertigen Gesetz zu kommen, mit dem alle Beteiligten leben können. Voraussetzung dafür ist, dass die Institutionen jeweils eine Meinung samt Änderungsvorschlägen zum Gesetzesvorschlag haben. Für das Europäische Parlament mit seinen über 700 Abgeordneten ist das naturgemäß am schwierigsten.
Im Parlament ist der Ausschuss für Bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres (LIBE) federführend. Diesem Ausschuss lege ich als Berichterstatter meinen Bericht vor, der meine gesammelten Änderungswünsche am Kommissionsvorschlag enthält. Dieser Bericht soll nun am 10. Januar 2013 vorgestellt werden. Danach können andere Abgeordnete des LIBE-Ausschusses ihre Änderungswünsche am Kommissionsvorschlag anbringen. Doch nicht nur der LIBE-Ausschuss diskutiert die Datenschutz-Grundverordnung. Auch andere Ausschüsse wie der Ausschuss für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten (EMPL) befassen sich mit dem Entwurf, etwa in Fragen des ArbeitnehmerInnen-Datenschutzes. Die Meinungen der beteiligten Ausschüsse werden im federführenden LIBE-Ausschuss berücksichtigt. Es folgt die finale Abstimmung im LIBE-Ausschuss. Hier werden alle vorgebrachten Änderungsvorschläge am Kommissions-Vorschlag abgestimmt. Als Berichterstatter kommt mir im Vorfeld der Abstimmung die Rolle der Kompromissfindung zu. Fraktionsübergreifend muss der Ausschuss, stellvertretend für das gesamte Parlament, hier zu seiner Position zum Kommissions-Entwurf kommen. Das Ergebnis der abschließenden Abstimmung im LIBE-Ausschuss ist dann das Verhandlungsmandat, mit dem das Parlament in die Verhandlungen mit dem Ministerrat tritt.
Immer öfter ist das Wort „Selbstregulierung“ aus Berlin zu hören.
Das Europäische Parlament ist sich in Sachen Datenschutz-Grundverordnung relativ einig. Es begrüßt den Kommissions-Vorschlag und drängt zusammen mit der Kommission auf eine schnelle Verabschiedung des Vorschlags mit einigen Konkretisierungen. Ziel ist eine Einigung noch innerhalb der Legislaturperiode, also bis 2014. Anders verhält es sich im Rat. Einige Mitgliedstaaten sind dem Kommissions-Vorschlag zur Datenschutz-Grundverordnung abgeneigt und versuchen das Verfahren zu verzögern. Besonders das deutsche Innenministerium erregte jüngst Aufsehen mit seiner Kritik am Verordnungsvorschlag. Die Kritik des Innenministeriums wirkt dabei eher wirtschaftsfreundlich. Immer öfter ist das Wort „Selbstregulierung“ aus Berlin zu hören. Das bedeutet im Klartext, dass Firmen sich unverbindlichen Regeln verschreiben und der Gesetzgeber sich weitestgehend heraushält. An der Fähigkeit zur Selbstregulierung von Firmen wie Facebook ist zu zweifeln. Ausgerechnet der deutsche Innenminister Hans Peter Friedrich (CSU) versprach im Jahr 2011 „mittelfristig einen allgemeinen Kodex für soziale Netzwerke zu schaffen“. Das Ergebnis bleibt er uns bis heute schuldig.
Auch Vorteile für Unternehmen
Das Stichwort Wirtschaft ist schon gefallen. Nicht nur das deutsche Innenministerium, auch die Abgeordneten des Europäischen Parlaments stehen derzeit unter massivem Lobbydruck. Viele Unternehmen fürchten um ihre Geschäftsgrundlage. Eine bürgerrechtsfreundliche Datenschutz-Grundverordnung beeinträchtigt fragwürdige Geschäftsmodelle, die persönliche Informationen aus unterschiedlichen Kontexten zusammenführen, Personenprofile erstellen und diese weiterverkaufen. In Unternehmenskreisen wird dabei wird oft vergessen, dass die Reform für die Unternehmen auch Erleichterungen mit sich bringt. Gerade multinational agierende Firmen müssen sich nicht mehr auf 27 unterschiedliche Datenschutzgesetze, sondern nur noch ein europäisches Datenschutzgesetz einstellen. Die liberale Forderung nach weniger Bürokratie wird so Wirklichkeit. Zudem bietet eine Reform des europäischen Datenschutzes auch die Chance, eine neue digitale Ökonomie zu schaffen, die nachhaltig mit persönlichen Daten umgeht und genau dies zu ihrem Gütesiegel macht. Doch um einen hohen Datenschutzstandard auf europäischer Ebene in diesem Sinne zur Realität werden zu lassen, gilt es, im Jahr 2013 mit breiter Front für eine möglichst gute und starke EU-Verordnung einzutreten. Dafür braucht es die Unterstützung all jener, die den Datenschutz als Grundrecht und grundlegendes Verbraucherrecht bewahren wollen.
Vermissen Sie etwas? Hier kommen Sie direkt zum ersten Teil des Beitrages zur Reform des europäischen Datenschutzrechts