Vor nicht allzu langer Zeit war das Internet noch ein Spezialthema, mit dem sich nur wenige in Büchern befassten. Das ist jetzt vorbei: Die Publikationen purzeln nur so! Schnell verliert man den Überblick über die – zumal oft ähnlichen – Titel. Doch das lässt sich ändern: Die Redaktion hat sich einige der diesjährigen Publikationen zur Brust genommen und eine Übersicht erstellt, auf dass jede und jeder das passende Sachbuch finden möge!
„Internet“ – Segen oder Fluch“ von Kathrin Passig und Sascha Lobo
Gelesen von Johann Eggert
Um was geht’s? Um den „modernen Kulturkampf“, die Auseinandersetzung zwischen „Internet-Ausdruckern“ und „Webbies“ und den Disput dieser beiden, sich scheinbar diametral entgegenstehenden Haltungen zu Themen wie Privatsphäre, Filterblasen und den Begriff der Freundschaft im 21. Jahrhundert.
Um was hätte es gehen sollen? Lobo und Passig sind beide Vorreiter der Netzkommunikation und der Arbeit im und mit dem Internet. Aufschlussreich wären teilnehmende Beobachtungen aus beiden Welten, aus der der Skeptiker und aus der der Netz-Fans, gewesen.
Wen könnte das interessieren? Menschen, denen der Internet-Anschluss für den Konsum von Lobos wöchentlicher Spiegel-Online-Kolumne fehlt.
Fazit: Die Länge des Buches und die Langatmigkeit einiger Kapitel wird – je nach Standpunkt – den Internetskeptikern die Euphorie nehmen, sich mit dem Objekt ihrer Skepsis zu befassen. Den Fürsprechern des Lebens auf der Datenautobahn könnte sie Argumente FÜR die Kommunikation in 140 Zeichen liefern.
Erschienen im Rowohlt Verlag, zu haben für 19,99 €
Die digitale Gesellschaft von Markus Beckendahl & Falk Lüke
Um was geht’s? Das Internet verändert die Gesellschaft und die Politik steht hilflos daneben. Wenn sie trotzdem versucht einzugreifen, geht es schief.
Wen könnte das interessieren? Eignet sich für Menschen mit wenig bis gar keinen oder nur rudimentären Kenntnissen über das Internet. Anekdotenreich führen die Autoren in Begrifflichkeiten wie den Streisand-Effekt ein und erläutern, warum nicht alles aus der analogen Welt genauso auch in der digitalen funktioniert.Versierte Nutzer werden hingegen kaum etwas Neues erfahren.
Fazit: Kurzweil und Anspruch auf über 200 Seiten.
Erschienen im Deutschen Taschenbuch Verlag, zu haben für 14,90 €
„Die stille Revolution“ von Mercedes Bunz
Gelesen von Julia Solinski
Um was geht’s? Mechanische Webstühle haben die Industrialisierung eingeleitet, wir erleben jetzt die Digitalisierung: Das Internet verändert unsere Arbeitswelt und macht so manchen Beruf bald überflüssig, schafft aber auch neue Betätigungsfelder.
Um was hätte es gehen sollen? Bei „Revolution“ denkt man schon irgendwie an etwas Politisches: Twitter-Revolution, E-Voting oder Online-Bürgerbeteiligung sind aber Phänomene, die Bunz eher streift als thematisiert. Stattdessen fokussiert sie auf den Journalismus. Vielleicht wollte sie sich ja auch nur Stoff für’s nächste Buch aufsparen.
Wen könnte das interessieren? Neben Journalisten und allen, die es werden wollen, ein Muss für Leute mit dem diffusen Gefühl, dass da gerade „was ganz Großes“ in Gange ist. Bunz liefert ihnen nicht nur den theoretischen Unterbau, sondern auch viele tolle Beispiele, die bei der nächsten Küchentisch-Diskussion garantiert für Stimmung sorgen werden.
Fazit: Daumen hoch! Hier gehts zur ausführlichen Rezension
Erschienen im Suhrkamp-Verlag, zu haben für 14,00 €
„Grenzenlos vernetzt?“, herausgegeben von Frank Bsirske, Lothar Schröder u. a.
Gelesen von Sabine Vogel
Um was geht’s? Um Gewerkschaftsarbeit und Mitbestimmung zukunftsfähig zu gestalten, müssen diese mit netzpolitischen Instrumenten verflochten werden. Die Autoren stellen mit persönlichen Schwerpunkten eine breite Auswahl an Instrumenten der Netzpolitik vor, geben Anregungen für die Gewerkschaftsarbeit und hinterfragen kritisch Trends.
Um was hätte es gehen sollen? Der Untertitel „Gewerkschaftliche Positionen zur Netzpolitik“ lässt eine ungewöhnliche Verknüpfung erwarten. Die Neugier, wie diese Verflechtung im Detail aussehen kann, wird allerdings nur teilweise befriedigt.
Wen könnte das interessieren? Funktionäre, Personalentscheider und Strategen können sich mit dem Buch schnell auf den aktuellen Stand des Wissens bringen und Anregungen für die operative Arbeit erhalten.
Fazit: Das Buch gibt einen sehr guten Überblick über den aktuellen Stand der Netzpolitik und die Schnittstellen zur gewerkschaftlichen Arbeit.
Erschienen im VSA Verlag, zu haben für 14,80 €
„Unter Piraten. Erkundungen in einer neuen politischen Arena“, herausgegeben von Christoph Bieber und Claus Leggewie
Um was geht’s? Um ein neues politikwissenschaftliches UND popkulturelles Phänomen bzw. die Rezeption durch aufgeweckte Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler.
Um was hätte es gehen sollen? Endlich um weniger Seefahrermetaphern und sonstige Wortspiele!
Wen könnte das interessieren? Menschen, die schon im Internet wohnten, als es die Piraten als Partei noch gar nicht gab, und die daher ein Verständnis für die angelegentlich nerdige Sprache des ansonsten überaus lesenswerten Sammelbandes haben.
Fazit: Eines der ersten Werke auf dem Markt, das dieses neue Phänomen am Sternenhimmel der Parteienforschung aus verschiedenen sozialwissenschaftlichen Subdisziplinen beleuchtet und dabei sowohl nationale wie auch internationale Perspektiven in den Blick nimmt. Hier gehts zur ausführlichen Rezension
Erschienen im transcript Verlag, zu haben für 19,80 €