Im Internet können Politiker zeigen, wie sie als Mensch so sind – viele Websites sind aber unpersönlich, unansehnlich oder peinlich. Mitmach-Möglichkeiten sind rar. politik-digital.de hat sich mehrere Internetpräsenzen von Landtagsabgeordneten angeschaut und drei Stichproben auf Aktualität, Gestaltung, Funktionen und private Selbstdarstellung untersucht.

 

Himmelschreiendes Design

Ein besonders gutes Beispiel einer besonders schlechten Internetpräsenz ist die Website von Hubert Schulte, einem nordrhein-westfälischen Landtagsabgeordneten der CDU. Schon die Startseite schreckt ab: Vor einem grellen und verschwommenen blau-weißen Hintergrund begrüßt Schulte die Besucher mit einem Foto seiner selbst sowie fünf chaotisch angeordneten „Impressionen vom Düsseldorfer Landtag". Sämtliche Texte der Seite lassen sich vor dem bunten Hintergrund nur mit Mühe lesen, Bilder überschneiden sich mit Text. In der Presserubrik fliegt im Hintergrund in mehrfacher Ausführung das Wort „Presse" dreidimensional in grün, grau und gold über den blauen Himmel.

 

Hubert Schulte Website - Screenshot
Screenshot von Hubert Schultes Website – Presserubrik

 

Immerhin: Schon auf der ersten Seite lädt der Abgeordnete zum persönlichen E-Mail Kontakt ein. Weitere Mitmach-Möglichkeiten gibt es nicht. Schultes Lebenslauf klingt distanziert und unpersönlich, aber er bekennt sich zu seinem Hobby: „Mineralien in den Steinbrüchen und Gruben des Sauerlandes zu sammeln". Persönliche Gedanken oder Stellungnahmen zu aktuellen Themen veröffentlicht Hubert Schulte nicht. Wenigstens ist die Seite sonst halbwegs aktuell: In der Rubrik „Vor Ort" ist der letzte Eintrag vom 26. Januar 2008.

Kleider, Kochen, Kaffee-Fahrt

Mit privaten Familienschnappschüssen präsentiert sich Margot Queitsch, SPD-Landtagsabgeordnete und Stadträtin in Freiburg, im Internet. Auf der menschlichen Seite geht Queitsch in die Vollen: Freimütig erzählt sie in ihrer Selbstdarstellung, wie sie anno 1966 das „’Freiburger Bobbele’ Karl-Heinz" geheiratet habe, dass sie bekannt sei für ausgefallene Beinkleider und dass eines ihrer größten Hobbys das Kochen sei. Konsequenterweise beschreibt sie auch gleich eine Auswahl ihrer Lieblingsrezepte, von „Salbeimäuschen" bis zur „Forelle nach Navara-Art". Unter dem Menüpunkt „Bildergalarie" finden sich keine Gala-Bilder, wie der Tippfehler in der Navigation nahe legt, sondern Fotos, die Queitsch im direkten Kontakt mit Bürgern zeigen – beim Brauereibesuch, als Verkäuferin bei Edeka, im Nachbarschaftstreff und auf einer „Landtagsfahrt", zu der sie zweimal pro Jahr Bürgerinnen und Bürger einlädt.
Online-Interaktionsmöglichkeiten gibt es nicht, aber aktuell ist die Seite: Diese wurde zuletzt am 21. Februar 2008 aktualisiert.

Informationen statt Emotionen

Es menschelt auch beim 67-jährigen Manfred Ach (CSU) aus dem bayrischen Landtag. Seine optisch äußerst nüchterne Website bietet in der Navigation dazu gleich mehrere Punkte: „Persönliches", „Heimat", „Foto-Galerie" – das klingt nach gelungener privater Selbstdarstellung. Leider trügt der Schein: „Ach, Manfred", wie sein stichpunktartiger tabellarischer Lebenslauf betitelt ist, mag „Bergwandern" und „ausgedehnte Spaziergänge", Computer und Internet findet er „im Hinblick auf die vielseitigen Informationsmöglichkeiten notwendig und für die Zukunft unentbehrlich". So emotional wie diese Aussage liest sich auch der Rest des Textes. Hinter dem Menüpunkt „Heimat" verbirgt sich eine schier endlose sachliche Auflistung von „Zahlen, Daten und Fakten zu Margetshöchheim". Der Besucher erfährt hier zum Beispiel, dass das Landkreisgebiet „im Regenschatten des Spessarts und der Rhön" liegt – Informationen statt Emotionen.
Die Fotos in der Galerie zeigen den CSU-Mann hauptsächlich als Anzugträger; ein Bild sticht jedoch besonders heraus. Es zeigt den kahlköpfigen Ach als „Mitspieler einer Promi-Mannschaft" beim Fußball; „Eine gewisse Ähnlichkeit aufgrund des Äußeren mit dem Nationalspieler und Ex-Bayern-Star Carsten Janker ist nicht zu verkennen", steht unter dem Bild. Mitmachmöglichkeiten sucht man vergeblich, es gibt lediglich eine Umfrage, wie nach den „brutalen Überfällen" in der Münchner U-Bahn verfahren werden soll. Die letzten „News" auf der Seite stammen aus dem Herbst 2007.

Der schmale Grat zwischen distanziert und peinlich

Die genannten Beispiele zeigen, wie schwer es Politikern fällt, sich im Internet von ihrer persönlichen Seite zu zeigen. Entweder wirkt es distanziert und kühl wie bei Hubert Schulte oder unfreiwillig komisch wie bei Manfred Ach. Die Politiker in der Stichprobe von politik-digital.de bemühten sich, auch Ihre persönliche Seite herauszustellen. Schwach ist, dass Interaktionsmöglichkeiten absolute Mangelware sind – die Mittel des Mitmach-Internet werden kaum ausgeschöpft. Schon ein Gästebuch oder Forum wäre auf vielen der Webseiten ein Partizipations-Fortschritt. So könnten Bürgerinnen und Bürger unkompliziert online Kontakt zu den Volksvertretern aufnehmen – und den Menschen hinter der Seite kennen lernen.

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