Bundesverbraucherministerin Ilse Aigner und EU-Justizkommissarin Viviane Reding erörterten am Montag in Brüssel Möglichkeiten zur Modernisierung der EU-Datenschutzvorschriften. Das Ergebnis: Der Verbraucher soll in seiner informationellen Selbstbestimmung gestärkt werden.
Das Gespräch der beiden Politikerinnen fand im Rahmen der bevorstehenden Reform der EU-Datenschutzrichtlinie von 1995 statt, zu der die Europäische Kommission bis Ende Januar 2012 ihre Vorschläge machen wird. Einigkeit herrschte vor allem darüber, dass die Reform des EU-Datenschutzes den Verbrauchern eine bessere Kontrolle über ihre Daten geben müsse.
„Deshalb sollte das EU-Recht […] die ausdrückliche Zustimmung der Verbraucher als Vorbedingung für die Verarbeitung der Daten vorschreiben. Außerdem sollten Verbraucher jederzeit und selbstbestimmt ihre persönlichen Daten löschen können, insbesondere die Daten, die sie selbst ins Internet stellen“, so Bundesverbraucherministerin Aigner und EU-Justizkommissarin Reding. Letztere fordert ein „Recht auf Vergessen.“
Unternehmen, die ihre Dienste an europäische Verbraucher richten, sollten direkt dem europäischen Datenschutzrecht unterliegen. Wer sich nicht daran halte, solle keine Geschäfte auf dem EU-Binnenmarkt machen dürfen. Dies müsse auch und vor allem für soziale Netzwerke gelten, deren Nutzer in der EU wohnhaft sind. Es sei sicherzustellen, dass sich diese Netzwerke an EU-Recht halten und dass EU-Recht selbst dann angewendet wird, wenn sich die Anbieter außerhalb der EU befinden oder in sogenannten „Clouds“ speichern.
Der Reformprozess müsse zu einem besseren Schutz der persönlichen Daten von Verbrauchern in Europa führen, ganz unabhängig davon, in welchem EU-Land sie leben oder in welchem Land die Unternehmen, die ihre Daten verarbeiten, ihren Sitz haben.
„Um sicherzustellen, dass die Modernisierung der EU-Datenschutzvorschriften diese Fragen angeht und der Datenschutz für Verbraucher und Unternehmen überall in Europa umfassend sichergestellt wird, werden wir eng zusammenarbeiten", bekräftigten Aigner und Reding.
Grundsätzlich ist der Schutz personenbezogener Daten in der EU durch Kapitel 1, Artikel 8 der EU-Grundrechtecharta geregelt. In Deutschland werden durch das Bundesdatenschutzgesetz die Bedingungen für die Berichtigung, Löschung und Sperrung von Daten festgelegt. Hier heißt es: Daten „sind zu löschen, wenn ihre Speicherung unzulässig ist oder ihre Kenntnis für die verantwortliche Stelle zur Erfüllung der in ihrer Zuständigkeit liegenden Aufgaben nicht mehr erforderlich ist.“ Fraglich ist hierzulande, ob sich diese Regelungen auch auf soziale Netzwerke wie Facebook anwenden lassen. So fordert auch Bayerns Justiz- und Verbraucherschutzministerin Dr. Beate Merk, „dass wir gerade für soziale Netzwerke klare rechtliche Vorgaben brauchen.“
Eine andere grundsätzliche Frage ist, inwiefern deutsches oder europäisches Recht für Facebook & Co. gilt.
Hintergrund
Laut einer Eurobarometer-Studie sind 70 Prozent der Europäer darüber besorgt, wie Unternehmen mit ihren Daten umgehen. 74 Prozent wollen die Erhebung und Verarbeitung ihrer Daten im Internet von der eigenen, ausdrücklichen Einwilligung im Voraus abhängig machen. Insgesamt 75 Prozent der Menschen wollen jederzeit im Stande sein, ihre persönlichen Angaben online löschen zu können. Auch Maßnahmen auf EU-Ebene genießen eine hohe Unterstützung: 90 Prozent der EU-Bürger sprechen sich für europaweit geltende Datenschutzrechte aus .