Höchstens acht Jahre haben die Präsidenten der USA Zeit, sich im
Buch der Geschichte zu verewigen. Danach ist definitiv Schluss. Jemand anders darf sich dann daran versuchen,
die Geschicke der Supermacht zu lenken. Seit 1992 ist Bill Clinton jener mächtigste Mann der Welt, einmal
wurde er bereits wiedergewählt. Anfang 2001 zieht sein Nachfolger ins Weiße Haus ein. Wer wird es sein?
Ende Januar wurde mit den ersten
Vorwahlen das Wahljahr in den USA eingeleitet. Dominiert werden wird es
wohl von den beiden Favoriten: Al Gore, bisher Vizepräsident und aussichtsreichster Kandidat der Demokratischen Partei, und George W. Bush,
Gouverneur des Bundesstaates Texas und Sohn des ehemaligen
Bundespräsidenten mit fast identischen Namen. Beide haben gegenüber
ihren innerparteilichen Herausforderern einen enormen Vorteil: Sie
wissen die überwiegende Mehrheit ihrer Parteien hinter sich. Was
vielleicht auch daran liegt, dass sich beide an ein ungeschriebenes
US-Wahlkampfgesetz halten und bisher wenig Konkretes zu ihren
politischen Zielen gesagt haben. Bisher hat sich keiner der beiden
Favoriten einen wesentlichen Vorsprung erarbeiten können. Bush
verspricht, wie das in der Regel alle chancenreichen Kandidaten tun,
umfangreiche Steuersenkungen für die amerikanische Mittelschicht und
die Sanierung der gesetzlichen Krankenversicherung. Er hält zudem den
Rekord im Spenden sammeln in diesem Wahlkampf: Mit weit über 60
Millionen US-Dollar ist sein Wahlkampfportmonnaie prall gefüllt.
Al Gore genießt dagegen die
Unterstützung der Gewerkschaften und als bisheriger Vizepräsident einen
gewissen ‘Amtsbonus’. Schließlich wirbt auch Bill Clinton für ihn. Was
der derzeitigen Nummer zwei allerdings auch Probleme bereitet, muss er
sich doch von Clintons angeschlagenem moralischen Image abgrenzen.
Gleichzeitig will er aber dessen wirtschaftlich erfolgreiche Politik
fortsetzen. Gore hat auch ein kleines Imageproblem: In seinen sieben
Jahren als Vizepräsident hat er sich nicht gerade als sonderlich
charismatisch präsentiert.
Abwarten heißt die Devise: Das Wahljahr ist lang, die Auswahlprozedur
war schon für manchen anderen Kandidaten zermürbend, unerwartete
außenpolitische Ereignisse können die Situation schnell völlig
verändern und nicht zuletzt gibt es noch weitere Kandidaten, die nicht
ganz chancenlos sind.
Bush muss sich zum Beispiel dem Duell mit John McCain,
einem Senator aus Arizona, stellen. McCain gewann unerwartet deutlich
die Vorwahl in New Hampshire gegen Bush und etablierte sich damit als
dessen einziger ernst zu nehmender innerparteilicher Herausforderer.
Der Senator ist hochdekorierter Veteran des Vietnamkriegs und genießt
damit bei nicht wenigen Amerikanern Heldenstatus. McCain will den
Militäretat aufstocken und Abtreibungen verbieten. Er prangert außerdem
die derzeitige Praxis der Parteienfinanzierung an. Seine langjährige
Arbeit im Senat hat ihm hohes Ansehen bei Washingtoner Establishment
gebracht. Was sich zu McCains Bedauern allerdings bisher nicht in barer
Münze auszahlte: Bisher liegt er, gemessen an den Spendengeldern, weit
hinter Bush. Viel Geld, aber kaum Chancen, Bush bei den Vorwahlen der
Republikaner zu besiegen, hat der Verleger Steve Forbes, der allgemein als reich, aber ausgesprochen blass gilt.
Al Gore hat einen ernsthaften innerparteilichen Rivalen um die Kandidatur:
Bill Bradley, langjähriger Senator
aus New York und früherer Basketballprofi. Bradley versucht sich durch Bürgernähe
bei den Wählern zu profilieren, fordert eine umfassende Gesundheitsreform, will
die Waffengesetze verschärfen und ethnische Minderheiten stärker integrieren.
Eines haben die beiden gemeinsam: Beide gelten als wenig schlagfertig. Konkurrenz
für Gore und Bush droht auch von der Reform-Partei: Pat
Buchanan versucht einen dritten Anlauf zum Präsidentenamt. Bei den beiden
letzten war er an den primaries der Republikaner gescheitert. Deswegen hat der
erzkonservative TV-Prediger einfach die Partei gewechselt. Seine Chancen, diesmal
aufgestellt zu werden, sind gut. Jedenfalls besser als die von Donald
Trump, dessen Qualitäten vor allem monetärer Natur sind.
Abschließend sei vermerkt, dass
es auch in diesem Wahlkampf Mauerblümchen gibt, die zwar keine große
Partei hinter sich und deswegen auch keine Karriere im Weißen Haus vor
sich haben, aber dennoch für ein bisschen Farbe im Spiel der Großen
sorgen dürften: so Ralph Nader von den Grünen, David McReynolds von den Sozialisten (ja, die gibt’s tatsächlich), oder auch Bewerber der Libertarian Party und der Natural Law Party .