Eine knappe Zusammenfassung der komplexen Organisationsstruktur des geplanten
ICANN-Führungsgremiums.
Das ICANN-Direktorium…
…ist das geschäftsführende Gremium von ICANN. Es setzt sich aus 19
Mitgliedern zusammen. Die "Unterstützenden Organisationen" ("Supporting
Organizations") und die ICAAN-Mitglieder als Kollektiv bestimmen jeweils
neun Direktoren. Das 19. Mitglied ist der Präsident.
Die Unterstützenden Organisationen sind beratende Gremien, deren Aufgabe es ist,
dem Direktorium jeweils zu ihrem speziellen Gebiet Vorschläge zu
Internet-Politik und -Struktur zu unterbreiten.
1. Die "Address Supporting Organization" (ASO) beschäftigt sich mit den IP-Adressen,
also jenen Zahlenfolgen, die es den Computern erlauben, andere Computer im
Internet zu identifizieren. Die ASO wird geführt von dem "ASO Address Council",
das sich aus je drei Vertretern des amerikanischen, des pazifisch-asiatischen
und des europäischen Internet-Registers zusammensetzt. Der Address Council
ernennt drei ICANN-Direktoren.
2. Die "Domain Name Supporting Organization" (DNSO) ist zuständig für das
"domain name system" (DNS), d.h. das System, das die IP-Adressen für den
Menschen verständlichen Namen zuordnet (wie etwa www.politik-digital.de). Die
DNSO wird vom "Names Council" geführt, der auch für die Ernennung von drei
ICANN-Direktoren zuständig ist. Der Names Council besteht aus Vertretern der
sieben "Constituencies" der DNSO. Diese bestehen weitgehend aus Repräsentanten
von Gruppen, die im technischen und wirtschaftlichen Bereich mit dem "Domain
Name System" zu tun haben. Nicht-kommerzielle Interessen sind nur schwach
vertreten.
3. Die "Protocol Supporting Organization" (PSO) ist zuständig für die Zuordnung
von einzelnen Parametern für Internet-Protokolle, den technischen Standards,
die den Austausch von Informationen zwischen Computern und die Kommunikation
übers Internet regeln. Geschäftsführendes Gremium ist der Protocol Council, in
das mehrere internationale Organisationen im Tätigkeitsbereich der PSO jeweils
zwei Vertreter entsenden. Auch der "Protocol Council" benennt drei Direktoren.
Während die "Supporting Organizations" primär technische und kommerzielle
Interessen berücksichtigen, sollen die anderen neun Direktoren von der Internet-
Gemeinde als ganzes gewählt werden. Unklar ist bislang, in welcher Form dies
geschehen könnte. Einig ist man sich lediglich darin, dass jeder an der Wahl
teilnehmen kann, der sich auf der speziell für diesen Zweck eingerichteten
Internet-Seite als ICANN-Mitglied registrieren läßt. Alles, was darüber
hinausgeht, ist umstritten.
Prinzipiell werden zwei Varianten diskutiert: Der ursprüngliche Vorschlag, der
vor der Kairo-Konferenz vom amtierenden Direktorium unterstützt wurde, sieht
eine indirekte Wahl vor. Nach diesem Entwurf wählen alle registrierten
ICANN-Mitglieder ein 18-köpfiges Gremium, den sogenannten "At-large Council".
Dieser wählt dann auf Vorschlag der Mitglieder die "Volksvertreter" im Direktorium.
Voraussetzung ist jedoch, dass sich vorher mindestens 5000 Internetuser bei
ICANN registrieren lassen. Seit ICANN vor gut zwei Wochen die Möglichkeit der
Online-Registrierung schuf, haben sich allerdings bereits etwa 6000 Mitglieder
eingetragen. Die Schwelle von 5000 Registrierungen ist aber selbst noch
Gegenstand der Debatte. Dies gilt auch für die zweite Alternative, eine
Direktwahl der neun Direktoren durch alle ICANN-Mitglieder. Sie wird mindestens
ebenso kontrovers diskutiert wie eine indirekte Wahl.
Momentan scheint sich ein Kompromiß zwischen beiden Varianten abzuzeichnen. In
Kairo einigte man sich zumindest darauf, fünf der neun Direktoren noch vor
November des laufenden Jahres direkt wählen zu lassen. Dazu setzte das
ICANN-Direktorium eigens ein Nominierungskomitee ein, das potentielle Kandidaten
vorschlagen soll. Vorschläge können aber auch aus dem Kreis der Internetbenutzer
kommen.
Die weiteren vier Direktoren könnten dann erst im Jahr 2002 bestimmt werden.
Genug Zeit, so hoffen die Verantwortlichen, um eine endgültige Regelung zu
finden. Die Internet-Gemeinde wird im Direktorium solange durch vier
Übergangsvertreter (im englischen Sprachgebrauch sogenannte "initial directors")
vertreten werden – wie bisher auch.