Beinahe alle Parteien haben sich im Nachgang der US-Wahl mittlerweile zu ihrer Online-Strategie für das "Super-Wahljahr" 2009 geäußert. So auch jüngst auf dem Parteitag in Stuttgart die CDU. Gefragt nach der jüngsten Erfindung, dem CDU-TV, sagte Oliver Röseler, Bereichsleiter Marketing:
"Online ist aus Wahlkampagnen nicht mehr wegzudenken". Bislang bleibt es bei den großen Parteien jedoch noch bei Ankündigungen.
Diese Erkenntnis hat nun also dazu geführt, dass man sich verstärkt mit dem Web 2.0
beschäftigen wolle. Die Kampagnenplattform soll so die Wähler an die CDU
binden. Eine Sache macht die CDU jedenfalls schon wie die Webwahlkämpfer in den
USA: sie beliefert ihre Abonnenten exklusiv. So beispielsweise mit dem ersten
Interview von Angela Merkel nach ihrer Wiederwahl auf dem Parteitag.
CDU will
im Netz "aus dem Rahmen" fallen
Neben dem
Bewusstsein der Bedeutung der klassischen PR hat sich Röseler auch dazu
hinreißen lassen dem Internet eine wichtige Stellung im kommenden Wahlkampf zu
geben. Die CDU wolle im Netz etwas bieten, was "aus dem üblichen
Rahmen" falle. Was neben den Schlagworten "user generated
content" und einem Einfluss "von unten" aber bedeuten könne, ist
bisher nicht zu enträtseln.
Steuerung
vs. Kreativität
Eines
jedenfalls hat Röseler erkannt: in der Politik bestehe, so der
Kommunikationsexperte, immer eine Spannung zwischen dem Steuerungsbewusstsein
der Parteien und dem Kreativitätsbedürfnis der Nutzer. Da dürfen wir gespannt
sein, wie das die CDU lösen möchte – der Anfang jedenfalls ist gemacht.
Ankündigung
vs. Umsetzung
Neben
der CDU haben die SPD, die Gruenen, die FDP und auch die Linkspartei den Kampf
um die „Air Time" im Internet begonnen. Zu hoffen ist, dass sie auch die
Rahmenbedingungen einer erfolgreichen Umsetzung zuvor studiert haben. Denn:
nicht mehr Journalisten und bloße mediale Aufmerksamkeit sind im Internet
gefragt. Zunehmend gewinnt die Glaubwürdigkeit und Authentizität des Dialoges
im Internet an Bedeutung – eine Lektion die Obama vorbildlich umgesetzt hat.
Der Begriff „Vertrauen" in der Politik muss damit neu erfunden werden. Das ist
die eigentliche Herausforderung in Zeiten einer weit verbreiteten
Politikverdrossenheit. Hier bietet das Internet ein gutes Stilmittel, doch eine
„Bewegung" unter den Wählern müssen die Parteien und ihre Kandidaten selbst erschaffen.
Dann kann aus der von Röseler gefürchteten Spannung tatsächlich positive
Energie für den Wahlkampf gewonnen werden.
Im Internetwahlkampf stellt sich die Frage nicht nur, welche besonderen Strategien ausgedacht wurden, sondern vor allem was auch von der Zielgruppe angenommen wird. Die CDU möchte im Internetwahlkampf “aus dem Rahmen fallen”. Heißt dass nun, dass sie ihre Kernwählerschaft ansprechen wird, eine Gruppe die dem Internet traditionell kritisch gegenüber steht? Oder reiht sie sich ein, in die Liste kaum noch unterscheidbarer Parteien, deren einzige Aussage zu sein scheint: “yeah wir sind im Web 2.0 angekommen, was Obama kann, können wir auch”