Mit einer eigenen Online-Kampagne tritt natürlich auch die CDU in Hessen an. Unter dem Titel webcamp09 wird damit jung und frisch auf eine ebensolche Wähler-Zielgruppe losgegangen. Und versucht, die mediale Aufmerksamkeit für die Konkurrenz von der SPD herunterzuspielen.
Eine leichte Erinnerung an die "Media-in-Love" Kampagne von McCain kommt auf, wenn man einige der vergangenen Blog-Einträge liest, die von der Schäfer-Gümbel Online-Kampagne handeln. Dort wird versucht, die mediale Aufmerksamkeit um Thorsten Schäfer Gümbels (SPD) Kampagne herunterzuspielen.
Die 50.000 Klicks auf Schäfers-Gümbels erstem Video stehen zudem wenigen dutzend Klicks auf den Youtube-Videos des Webcamp09-Teams gegenüber. Das mag ungerecht erscheinen, ist aber Fakt. Und auch hier lässt sich nur wieder betonen: Aufmerksamkeit bleibt Aufmerksamkeit.
Spannend wird, ob es dem webcamp09 auch noch gelingen mag, entsprechende Aufmerksamkeit auf sich zu vereinen. Das Potential ist jedenfalls vorhanden.
Na, die Videos sehen ja aus wie die Werbespots einer hippen Werbeagentur mit Namen CDU. Wer hat sich denn die albernen Sprüchlein von den Testimonials ausgedacht? Tanja-Anja aus der PR-Schmiede? Tanja-Anja hat scheinbar auch irgenwo gelesen, dass man über die Kommentarfunktion geschickt mal “nett rübergrüßt”, wenn die Kollegen von Politik-Digital was nettes Schreiben. Könnte ja das eigene Pagerank bei Google verbessern. Bei den Zugriffszahlen auf die Videos kann man allerdings nur sagen: Viel Wind um nichts. Echochamber nennen das erfahrene Wahlkämpfer wohl. Ob Roland Koch da gut beraten ist?
Ich finde dieses webcamp macht doch einen ganz spritzigen Eindruck, da passiert wenigstens was, die Gümbel-Videos sind doch zum Einschlafen langweilig.
Die Problematik des Echochamber nach Boyd ist allerdings kein reines “Zugriffs-Zahlen-Problem”. Vielmehr geht es ja dabei darum, dass eine Botschaft scheinbar eine hohe Verbreitung findet, ohne die Zielgruppe jedoch wirklich zu erreichen. Das Phänomen kennt man von Massenmails, die scheinbar oft im Netz kursieren, aber kaum das eigene Netzwerk verlassen.
Mit dieser Problematik müssen sich wohl alle Online-Wahlkämpfer auseinander setzen. Zudem passiert ja Folgendes: von 100 Prozent Internetnutzern (wa ja schon nur 60 Prozent der dt. Bevölkerung sind) nutzt nur ein Bruchteil das Netz zu politischen Informationszwecken. Davon wiederum nur ein Bruchteil produziert auch selbst Content. Damit besteht wiederum die Gefahr, dass eine Kampagne im Netz sich um sich selbst dreht, ohne die wirkliche Zielgruppe zu erreichen. Positiv gesehen heisst das allerdings: Mit einer recht kleinen Gruppe von “Aktiven” kann eine Debatte im Netz schnell und effizient verbreitet werden und die Vielzahl “passiver Konsumenten” erreichen. Und da nehmen sich die vielen Antworten auf Schäfer-Gümbels Video als gutes Beispiel aus. Und auch das webcamp09 hat die Chance auf eine gute Verbreitung der Botschaft, wenn es gelingt das eigene Netzwerk zu “überspringen”. Dann wäre allerdings Roland Koch gut beraten, das Medium häufiger zu nutzen…