Damit das Thema Netzpolitik endlich in der Mitte der Gesellschaft ankommt, hat die CDU seit vergangenem Donnerstag ihren eigenen digitalen Verein. Kann die Union mit „cnetz“ den Anschluss an die aktuellen netzpolitischen Debatten finden?

„Am vergangenen Donnerstag haben 59 Bürgerinnen und Bürger aus allen Bereichen unserer Gesellschaft einen Verein für eine bürgerliche Netzpolitik gegründet: das cnetz.“ Mit diesen Worten kündigt Peter Tauber in seinem Blog „Schwarzer Peter“ die Gründung des netzpolitischen Thinktanks der CDU an, für den er die Funktion des Sprechers übernommen hat. Parteikollege Thomas Jarzombek wird ihn in dieser Aufgabe unterstützen. Die beiden Unionspolitiker, die ihre Partei in der Enquetekommission Internet und Digitale Gesellschaft vertreten, wollen in die bislang noch verstaubte CDU-Netzpolitik frischen Wind bringen. Spätestens nach dem erneuten Wahlerfolg der Piraten im Saarland weht auch ihnen mittlerweile eine starke Brise entgegen.

Nach der Gründung der Digitalen Gesellschaft vor einem Jahr und dem SPD-Thinktank D64 im vergangenen Dezember, standen die Unionspolitiker unter Zugzwang, sich endlich intensiver mit netzpolitischen Themen zu befassen. Die Gründung des Vereins kam zum jetzigen Zeitpunkt jedoch für den Vorstand offenbar fast genauso überraschend wie für die Öffentlichkeit. Peter Tauber entschuldigt die bisher fehlenden Inhalte in seinem Blog mit dem organisatorischen Aufwand, den die Entstehung eines Vereins mit sich bringe. Voraussichtlich will der Verein als erstes seine Positionen zu den Themen Netzneutralität und Urheberrecht formulieren.

Netzpolitik mit christlichen Werten

Hauptziel von cnetz  ist es, eine „bürgerliche und verantwortungsvolle Netzpolitik zu schaffen, die sich an christlichen Werten orientiert“. Die Freiheit im Internet müsse gewahrt werden und der Umgang im Netz von Respekt und Toleranz geprägt sein. Wie auch schon andere digitale Thinktanks will cnetz ein Bewusstsein für den gesellschaftlichen Wandel durch das Internet schaffen und die politische Bildung sowie den demokratischen Diskurs im Rahmen der Digitalisierung fördern. Neben der Öffentlichkeitsarbeit in Sachen CDU-Netzpolitik will der Verein auch netzpolitische Interessen gegenüber Entscheidungsträgern in Wirtschaft, Gesellschaft und Politik vertreten.

Das Internet gebe Impulse für eine positive Entwicklung der Gesellschaft und fördere nicht nur eine Empörungs- und Verhinderungskultur, ist auf der Seite des Netzwerks zu lesen. Die Vereinsmitglieder werden zunächst auch Lobbyarbeit für das Thema Netzpolitik in den eigenen Reihen betreiben müssen, denn die oben formulierte Meinung teilen in ihrer Partei längst nicht alle. Ob ihnen die als sehr konservativ geltende und seit kurzem twitternde Erika Steinbach als Mitglied der Gesellschaft dabei behilflich sein kann? Zu den weiteren Gründungsmitgliedern gehören der CDU-Fraktionsgeschäftsführer Peter Altmaier und die CSU-Abgeordnete Dorothee Bär, die sich als eine der ersten ihrer Fraktion seit längerem für netzpolitische Themen stark macht.

Die Gründung des Vereins stieß in der Netzszene vielfach auf Belustigung, da die CDU bislang eher durch ihre – vorsichtig ausgedrückt – skeptische Haltung gegenüber netzpolitischen Themen aufgefallen war. Der Name cnetz erwecke auch nicht gerade den Eindruck eines fortschrittlicheren Denkens innerhalb der Partei, da er die Konnotation von etwas längst Vergangenem habe, war in mehreren Kommentaren zu lesen. Die Kritik bezieht sich auf das C-Netz der Telekom, das von 1985 bis 2000 als Mobilfunknetz in Betrieb war. Peter Tauber nimmt die Diskussionen im Netz mit Humor, denn das cnetz sei „a) lernbereit und b) zur Selbstkritik fähig“, schrieb er umgehend in seinem eigenen Blog.