In knapp zehnTagen wird in Niedersachsen ein neuer Landtag gewählt. Aktuelle Umfragen deuten auf einen Regierungswechsel in Hannover hin. Zusätzliche Bedeutung erhält die Wahl durch die sich möglicherweise verschiebenden Machtverhältnisse im Bundesrat, außerdem könnte die neue Sitzverteilung im Leineschloss als Fingerzeig für die Bundestagswahl im Herbst 2013 interpretiert werden. In einer Artikelreihe beleuchten wir das netzpolitische Wahlprogramm der Parteien: Wer ist wofür? Wer ist wogegen? Welche Themen werden nicht erwähnt?
Das Wahlprogramm der CDU Niedersachsen zeigt besonders in der Innenpolitik die gewohnt harten Fronten der Konservativen. Mit innovativen Ideen im Urheberrecht wissen die Christdemokrat_innen allerdings zu überraschen.
Die letzte Bastion des ″geistigen Eigentums″
In der Debatte um eine Modernisierung des Urheberrechts fallen die meisten CDU-Politiker_innen mit wertkonservativen Positionen auf. Die CDU sieht sich gerne als die letzte Bastion des ″geistigen Eigentums″. Begriffe wie ″Raubkopien″ und ″Kostenloskultur″ verleihen diesen Positionen immer den nötigen rhetorischen Glanz. Die niedersächsische CDU betont in ihrem Wahlprogramm zwar, dass sie auch im Netz das Eigentum schützen möchte, zeigt sich aber ungewohnt offen für fortschrittliche Ideen. Anstatt ein starkes Urheberrecht zu fordern, setzt sie sich für den Schutz des Rechtes an sich ein und macht sich Gedanken über den Grund der fehlenden Akzeptanz für das Urheberrecht.
Durch eine Änderung des § 95a des Urheberrechtsgesetzes versucht die CDU wieder mehr Verständnis für das Urheberrecht herzustellen. Der Paragraph regelt den urheberrechtlichen Schutz durch technische Maßnahmen. Ziel der CDU ist es, die ″Privatnutzung digitaler Produkte identisch mit den Nutzungsrechten analoger Produkte″ zu regeln. Das bedeutet, dass so wie ein gedrucktes Buch gelesen und dann weiterverkauft werden kann, es auch für E-Books möglich sein soll. Dadurch soll die faktische ″Schlechterstellung digitaler Medien bei der Privatnutzung″ beendet werden. Zugleich möchte die CDU prüfen, die Schutzfristen im Urheberrecht zu kürzen. Für die CDU ist im ″digitalen Zeitalter″ eine ″Generation überdauernde Frist″ kritisch zu hinterfragen.
Ein Breitband-Masterplan muss her
Der Ausbau der Breitbandinfrastruktur ist für alle Parteien eine wesentliche Aufgabe, die sehr unterschiedlich beantwortet wird. Während die SPD bei einem Versagen einer wettbewerblichen Lösung noch über eine Universalverpflichtung nachdenkt, sieht die CDU den Ausbau der Breitbandinfrastruktur vorrangig als Aufgabe der Wirtschaft. Mit dem Ausbau der Breitbandversorgung in Industrie- und Gewerbegebieten und an Autobahnen möchte die CDU die Wirtschaft unterstützen.
Die CDU fordert einen gemeinsam zwischen Bundesregierung und Ländern abgestimmten Masterplan zum weiteren Ausbau des Hochgeschwindigkeitsnetzes; verbesserte beihilferechtliche Rahmenbedingungen der EU, damit sich die Kommunen unbürokratisch am Ausbau der Breitbandinfrastruktur beteiligen können und die Fortführung der Gemeinschaftsaufgabe ″Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes″ im bisherigen Rahmen durch den Bund. Auf diese Weise soll das Land auch künftig mit jährlich 2,5 Mio. Euro den Breitbandausbau unterstützen.
Modernisierung der Verwaltung
Unter dem Titel ″Verwaltung 2020 und Service 2.0″ verspricht die CDU, die ″Chancen des digitalen Zeitalters konsequent″ zu nutzen und ″die IT-Infrastruktur weiter zu modernisieren, um die Verwaltungen von Land und Kommunen noch besser miteinander zu vernetzen″. Dazu möchte die CDU Online-Möglichkeiten der Kommunikation mit der Verwaltung anbieten, z.B. Videotelefonie. Das niedersächsische Innenministerium hat zudem zur Stärkung der IT-Sicherheit und IT-Infrastruktur im Kampf gegen Internet- und Cyberkriminalität bereits eine eigene Abteilung bekommen.
Seit 2003 hat die von der CDU geführte Landesregierung eine zentrale IT-Infrastruktur mit landesweit einheitlichen Kommunikationswegen geschaffen, Wissensdatenbanken aufgebaut, zahlreiche Online-Portale entwickelt und die rechtlichen Grundlagen für eine moderne und zukunftsfähige Verwaltung im digitalen Zeitalter geschaffen. Open Source und Open Data werden jedoch nicht erwähnt.
Die Schattenseiten des Wahlprogramms
Das Land Niedersachsen gibt laut dem CDU-Wahlprogramm nur rund 12,6 Cent im Jahr pro Bürger_in aus, um die Verbraucherschutzzentrale zu fördern. In Berlin sind es zum Vergleich 28 Cent und auch hier beklagt die Geschäftsführerin der Berliner Verbraucherzentrale, dass damit keine Aufklärung oder zufriedenstellender Verbraucherschutz ermöglicht werden kann. Anstatt sich also für mehr Verbraucherschutz einzusetzen, lobt die CDU sich selber für die unzureichende Summe, die das Land investiert.
Die CDU Niedersachsen fordert die Videoüberwachung ″an besonders frequentierten Plätzen (…) zur Prävention und Aufklärung von Straftaten beitragen″. Wahlkampfversprechen, wie die Polizei mit neuester Technik und Ausrüstung auszustatten und den Verfassungsschutz als ″eine unverzichtbare Säule im Kampf gegen den politischen Extremismus″ zu fördern, zeigen die gewohnte Innenpolitik der Christdemokrat_innen. Die mangelnde Bereitschaft den Verfassungsschutz zu reformieren und das Beharren auf althergebrachten Methoden der Überwachung sind die Schattenseite des CDU-Wahlprogramms.
Fazit
Die CDU bleibt die CDU. Mehr Überwachung, mehr Kontrolle, mehr Wirtschaftsförderung. Der Breitbandausbau ist ein wichtiges Thema, doch die Prioritäten sind falsch gesetzt. Wie beim Verbraucherschutz wird zu wenig an den richtigen Stellen investiert. Die Ideen einer Modernisierung der Verwaltung und des Serviceangebots für Bürger_innen sind mangelhaft und verzichten leider vollkommen auf Offenheit und Transparenz. Beim Thema Urheberrecht kann die Partei aber Pluspunkte sammeln.
Ein sachlich argumentierender Stil, progressive Forderungen wie Verkürzungen von Schutzfristen und die Gleichstellung digitaler und analoger Produkte lassen die CDU in einem ungewohnten Licht erscheinen. Derartig gute Reformvorschläge für ein modernes Urheberrecht finden sich so gut wie gar nicht in den Wahlprogrammen der anderen Parteien wieder und eigentlich auch nicht in der CDU. Lediglich die niedersächsischen Grünen setzen sich ebenfalls für die Verkürzung von Schutzfristen im Urheberrecht ein. Die Piratenpartei behandelt das Thema gar nicht und der jetzige Koalitionspartner FDP ist gegen eine ″Aufweichung entsprechender Schutzvorschriften″.
Disclosure: Der Autor ist neben seiner Tätigkeit als Blogger und Journalist auch Sprecher der Landesarbeitsgemeinschaft Netzpolitik von Bündnis 90/Die Grünen Berlin.
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Diese Partei ist nun wirklich mit dem Klammerbeutel gepudert. Schutzfristen im Urheberrecht zu kürzen, bedeutet Künstlern ihre Einkunftschnacen zu nehmen. Viele Werke amortisieren sich für Verleger oder andere Auswerter nie oder erst nach langer Zeit. Was ein alternder Komponist oder Autor abliefert ist daher wirtschaftlich wertlos, wenn die Schutzfristen nach dem Ableben des Künstlers nicht fortbestehen. Wo man die Erben eines einfachen Eigenheims von der Erbschaftssteuer möglichst freihält und erst bei großem Vermögen zuschlägt, nimmt man Künstlern so ihre Einkünfte schon zu Lebzeiten. Zuletzt sind gegenüber jüdischen Künstlern derlei Methoden in den 30ern des letzten Jahrhunderts angewandt worden (Achtung! Nazivergleich!).
Warum nun die Künstler? Reichen den hartgesottenen CDU Politikern die ungeistigen Politischen Übergriffe gegen Ausländer nicht mehr?
Mit welcher Minderheit will man dann in Zukunft Stimmen-Kasse machen?
Was kommt sonst als nächstes? Akzeptanz des Lebensmitteleinzelhandels wieder herstellen durch Enteignung zwei Wochen vor Ablauf des Verfallsdatums der Waren?
Herr! Lass Hirn herab fallen!