Der Begriff „Big Data“ gewinnt zunehmend an Bedeutung. Eine festgelegte Definition, die die Komplexität dahinter erfasst, existiert bisher nicht. Ein Gutachten des interdisziplinären Forschungsclusters „Abida“ hat untersucht, wie sich deutsche Bildungsangebote mit Big Data und der digitalen Transformation beschäftigen.
Big Data, Algorithmen und künstliche Intelligenz
„Keine Daten zu benutzen ist so unmöglich wie kein Wasser zu nutzen“, konstatiert Andreas Weigend, ehemaliger Chefwissenschaftler von Amazon. Mit der Digitalisierung entstehen riesige Datenmengen, aus denen gewinnbringende Ergebnisse entstehen können. Seit dem Jahr 2002 existieren mehr digitale als analoge Daten, alle zwei Jahre verdoppelt sich die Anzahl. Sei es der Einkauf auf Amazon, die Nutzung einer Navigations-App, ein „Gefällt mir“- Klick auf Facebook oder der Chatverlauf in sozialen Netzwerken. Mit jeder Internetnutzung vergrößert sich der digitale Fingerabdruck der Internetnutzer. Die Daten werden analysiert und sortiert, um wirtschaftliches Nutzen zu erzeugen, wie zum Beispiel Werbung, die an individuelle Interessen angepasst und personalisiert werden. Die große Masse an Individualdaten im Netz wird als „Big Data“ bezeichnet. Algorithmen haben die Zuständigkeit, die Datensammlungen mithilfe eines Auswertungsprozesses zu analysieren und die relevanten Informationen zu „Smart Data“ zu bündeln.
„Die Korrelationen die ausgerechnet werden, sagen uns nicht warum etwas geschieht, aber sie machen uns darauf aufmerksam das etwas passiert.“ So können Algorithmen Zusammenhänge berechnen, die teilweise für Menschen absurd erscheinen, sich in der Realität jedoch bewahrheiten.
Die Analysemuster der Algorithmen werden in vielen wirtschaftlichen Bereichen genutzt: Kreditunternehmen bewerten durch mathematische Berechnungen die Kreditwürdigkeit ihrer Gläubiger, Polizisten grenzen den Ort bevorstehender Kriminaltaten ein und Unternehmen passen ihre Werbung an die individuellen Bedürfnisse der Konsumenten an.
Das selbstbestimmende Individuum steht vor neuen Herausforderungen. Der Ruf nach mehr Digital- und Medienbildung wird immer lauter. Wie kann der Mensch Aufklärung über Algorithmen, Big Data und künstliche Intelligenz erhalten? Wie reagieren Bundesregierung und Anbieter des politischen Diskurses auf die neue Materie?
Bildung und Medienbildung über Big Data
Das Deutschland dringenden Nachholbedarf bei verschiedenen Facetten der Digitalisierung hat, steht außer Frage. Auch zum Thema Big Data gibt es nur eine geringe Anzahl an Angeboten, die sich mit den Chancen, Funktionen und den Gefahren beschäftigen. Die digitale Agenda 2014-2017 des deutschen Bundestages spricht die Grundsätze der Digitalpolitik in Zeiten des digitalen Wandels an. Big Data wird zwar in dem Papier erwähnt, erhält jedoch nicht die erforderliche Aufmerksamkeit. Nur jedes fünfte Unternehmen in Deutschland nutzt Big Data, während internationale Großkonzerne wie Facebook und Google mit der Verarbeitung von Daten weit fortgeschritten sind. Die Anforderung an die Politik: Weiterbildungs-und berufliche Qualifizierungsangebote mit Fokus auf die Digitalisierung weiter ausbauen.
Ziel der Bundesregierung ist die Förderung digitaler Bildung in Deutschland. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung will mithilfe von „Learning Analytics“, also Auswertungen von Benutzerdaten, digitale Kompetenzen an Bürger vermitteln. Auch Landesregierungen wie in Nordrheinwestfalen legen einen Medienkompetenzrahmen vor, der folgende Absicht definiert: „Ziel des Medienkompetenzrahmen NRW ist es, alle Kinder und Jugendlichen zu einem sicheren, kreativen und verantwortungsvollen Umgang mit Medien zu befähigen und neben einer umfassenden Medienkompetenz auch eine informatische Grundbildung zu vermitteln”. Außer-sowie innerschulische Bildungsangebote sollen ermöglichen, die Kompetenzen der Schüler sowie der Lehrer im Umgang mit Big Data und digitaler Bildung zu fördern.
Akteure der politischen Bildung wie die “Bundeszentrale für politische Bildung (bpb)“ bieten ebenfalls umfangreiche Angebote zum Thema „Big Data“ an. Darunter Dossiers, Experteninterviews und medienpädagogische Angebote. Auch Landeszentralen zeigen durch Kurzvideos und Mini-Games zur Datenerfassungen Möglichkeiten auf, dem Thema „Big Data“ näher zu kommen.
Zielgruppe Schüler
Das Ergebnis einer Studie der ICILS-2013 lautete: Die Achtklässler verfügen nur über ein mittleres Kompetenzniveau zum Thema „Computer- und informationsbezogene Fertigkeiten.“ Viele Schüler sind nicht in der Lage, sicher und selbstständig erhaltene Informationen zu bewerten. 99% der Schüler fordern ein vermehrtes Angebot zu digitalen Themen wie rechtliche Fragen im Internet und Programmieren. Ein interessantes Ergebnis des Gutachtens betrifft die Privacy-Kompetenz und die Datenpreisgabe. Die bisherige Annahme lautete, dass die Datenpreisgabe gering ist, sobald ein User über eine hohe Privacy-Kompetenz besitzt. Doch dem ist nicht so. Je größer das Wissen ist, dass die eigenen Daten verarbeitet und analysiert werden, desto höher ist die Datenpreisgabe.
Das Gutachten zeigt, dass Themen wie Big Data nicht fester Bestandteil des Lehrplans sind, sondern nur in Zusatzangeboten der Schulen oder außerschulischen Projekten bereitgestellt werden. Schon jetzt befassen sich viele Anbieter mit der Digitalisierung und tragen dazu bei, das Thema in einem gerechten Kontext zu vermitteln. Die Unterrichtsinhalte in Schulen zu Big Data stehen jedoch noch am Anfang. Es wird dringend gut ausgebildetes Personal benötigt, dass die Rolle des Wissensvermittlers einnimmt. Daher lautet eine zentrale Erkenntnis der Studie: Wir brauchen mehr Aus-und Weiterbildungsangebote, die kontinuierlich die verschiedenen Aspekte der Digitalisierung behandeln.
Titelbild: geralt via Pixabay, CCO, bearbeitet.