Neelie Kroes, Vizepräsidentin der Europäischen Kommission und zuständig für die Digitale Agenda, hat am Montag eine EU-Strategie für offene Daten vorgestellt. Durch die Veröffentlichung europäischer Verwaltungsdaten soll jährlich ein Wirtschaftswachstum von 40 Milliarden Euro geschaffen werden.

 

Laut Pressemitteilung der Europäischen Kommission sitzen die öffentlichen Verwaltungen auf einer „Goldmine“, die ein bisher unerschlossenes wirtschaftliches Potential berge. Die kostenlose Veröffentlichung der großen Menge an Informationen aus zahlreichen Behörden und Dienststellen soll dieses Potential nun aktivieren und zur Förderung einer dynamischen Branche beitragen, die Rohdaten in Material verwandelt, das Hunderte Millionen Nutzer dringend benötigen. Zur Berechnungsgrundlage für das prognostizierte Milliardenwachstum wurde jedoch keine Aussage gemacht.

Die Entwicklung von Smartphone-Apps für Landkarten, Echtzeit-Verkehrs- und Wetterinformationen, Preisvergleichen und eine Vielzahl anderer Anwendungen werde mit diesem Schritt gefördert. Mit diesen Maßnahmen positioniere sich die EU als weltweiter Akteur auf dem Gebiet der Weiterverwendung von Informationen des öffentlichen Sektors, was neben dem schnellen und ultraschnellen Internetzugang eine Schlüsselvoraussetzungen für die Schaffung eines digitalen Binnenmarkts sei. Die europäischen Verwaltungen forderte Neelie Kroes auf: „Geben Sie Ihre Daten jetzt frei. Nutzen Sie diesen Rahmen, um zu den intelligenten Vorreitern aufzuschließen, die bereits von den Vorteilen offener Daten profitieren“.

Die Strategie zur EU-weiten Datenerschließung besteht aus drei Teilen: Erstens sollen die Datenbestände der EU-Kommission über ein neues Datenportal zur Verfügung gestellt werden. Zweitens will die Kommission überall in der EU gleiche Wettbewerbsbedingungen für offene Daten schaffen. Um den Umgang mit den vorhandenen Daten zu verbessern, wird drittens beabsichtigt, 100 Millionen Euro für neue Maßnahmen zur Verfügung zu stellen, die zwischen 2011 und 2013 in die Erforschung besserer Technologien fließen sollen. Grundsätzlich ist geplant, dass alle Dokumente, die von öffentlichen Stellen zugänglich gemacht werden, zu beliebigen – gewerblichen wie nicht-gewerblichen – Zwecken weiterverwendet werden können, soweit sie nicht durch Urheberrechte Dritter geschützt sind.

Bis auf eindeutig begründete Ausnahmen dürfen die Verwaltungen keine Gebühren für die Daten verlangen. „Für diese Informationen haben die Steuerzahler ohnehin schon bezahlt. Nun sollten wir sie wenigstens all jenen zurückgeben, die sie auf neue Art verwenden wollen, um den Menschen zu helfen und um Arbeitsplätze und Wachstum zu schaffen“, so Kroes. Um die effektive Weiterverarbeitung der Daten gewährleisten zu können, sollen die betreffenden Stellen dazu verpflichtet werden, die Daten in üblichen, maschinenlesbaren Formaten bereitzustellen. Zur Kontrolle der Umsetzung der neuen Richtlinien ist die Gründung einer eigenen Aufsichtsbehörde geplant.

Neben öffentlichen Verwaltungen sind erstmals auch Museen, Bibliotheken und Archive von der Neuregelung der seit 2003 bestehenden Datenvorschriften betroffen. Das Portal, über das die EU-Kommission ihre eigenen Daten bereitstellen will, befinde sich zurzeit noch in der nicht veröffentlichten „Betaversion“ und soll im Frühjahr 2012 eröffnet werden.

Hintergrund der Strategie für offene Daten in Europa sind u.a. mehrere im Auftrag der EU-Kommission durchgeführte Studien. Demnach bereitet das Auffinden und Weiterverwenden von Informationen des öffentlichen Sektors den Unternehmen und Bürgern noch immer Schwierigkeiten. Damit gebe es bei offenen Daten in Europa einen erheblichen Entwicklungsrückstand. Insbesondere auf dem Gebiet der geografischen Daten gaben fast 80 Prozent der Befragten an, dass sie Informationen im Besitz öffentlicher Stellen nicht voll für sich nutzen könnten. Gründe dafür seien hohe Gebühren, undurchsichtige Weiterverwendungsvorschriften und -praktiken, mangelnde Transparenz sowie exklusive Lizenzvereinbarungen, die den Wettbewerb untergraben würden.

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