Am 6. Juni 2012 fand zum zweiten Mal der „Berlin Open Data Day“ (BODDY) statt. Im Roten Rathaus diskutierten Mitglieder der Berliner Stadtverwaltung, Teile der Netzszene, Mandatsträger im Berliner Senat und interessierte Bürger über den angestrebten kulturellen Wandel, der mit der Offenlegung von (Verwaltungs-) Daten für die öffentliche Hand verbunden ist.

Visionär ging es bei den Rednern im großen Saal und auch bei dem späteren Workshop zum Thema „Open Data – und was nun?“ zu. Bei Thibaut Kleiner von der europäischen Kommission war mehrfach die Rede von Berlin als der „Internethauptstadt Europas“ und deren urbanem Esprit, der am besten mit „love is in the air“ umschrieben werden könne. Björn Böhning (SPD), Chef der Senatskanzlei, betonte, dass der Bundeshauptstadt hinsichtlich der Offenlegung von Verwaltungsdaten eine Vorreiterrolle zukäme. Trotz der im Saal spürbaren optimistischen Grundstimmung, war doch jedem Anwesenden klar: Ein Mentalitätswandel ist immer auch ein hartes Stück Arbeit. Insbesondere, wenn er wie Open Data einerseits technische Neuerungen (Internet-applications) betrifft und andererseits mit einer landesspezifischen Tradition (Deutschland und sein spezielles Verhältnis zum Datenschutz) bricht.

Es geht letztlich um nicht weniger, als um frei zugängliche Daten im Internet, die dem Bürger zu mehr Lebensqualität verhelfen sollen. Sei es eine Denkmalliste der Stadt Berlin, ein Verzeichnis ihrer Wanderwege oder eine Darstellung aller Pflanzenarten in einzelnen Bezirken. Dort, wo kommerzielle Interessen herrschen ( z.B. bei Verlagen, die solche Daten in Buchform publizieren), soll sich mittelfristig -im Sinne von Transparenz und Vergemeinschaftung von Information- der Open Data-Ansatz etablieren. Auch wenn dies ein lohnendes Ziel sein mag, gab Böhning gleichfalls zu bedenken: „Open Data ist ein dickes Brett, das man bohren muss.“ Und auch der Internetaktivist Jens Best mahnte im späteren Workshop, dass man nicht zu ungeduldig sein dürfe, da der Umgang mit offenen Daten in Deutschland jahrzehntelang nicht praktiziert worden sei und es immer seine Zeit brauche, den deutschen Skeptiker von Neuerungen zu überzeugen.

Im Workshop mit dem Titel „Open Data – und was nun?“, in dem neben Jens Best auch Anke Domscheit-Berg u.a. Impulsreferate zu möglichen Open Data-Zukunftskonzepten hielten, wurde das doch recht abstrakte Thema konkreter thematisiert und fassbarer gemacht. Während der anschließenden und insgesamt viel zu langen Vorstellungsrunde aller 40 Teilnehmer gab es zahlreiche praxisnahe Beispiele und Zukunftskonzepte zum Thema „Open Data“ zu hören. Insbesondere Jens Best verwies darauf, dass „openstreetmap.com“, ein Open Source-Tool und nichtkommerzielle Alternative zu „googlemaps“, einst zur Schaffung von Infrastruktur konzipiert wurde – vor allem in Slums, die bis dato nicht kartografiert waren. Auch berichtete er den Anwesenden, dass der Südsudan, das jüngste Mitglied der Staatengemeinschaft, seit seiner Gründung in der Verwaltung mit „Open Data“arbeite. Freilich ist das als Experiment einzuordnen, doch das trifft letztlich allerorts auf die Open Data-Agenda zu.

Interessant war in jedem Fall die bunte Mischung von Leuten unterschiedlichster Hintergründe, die im Workshop zusammenkamen. Von interessierten, aber noch ahnungslosen Privatpersonen über Verwaltungsvertreter, Journalisten, Selbständige, Politiker bis hin zu prominenten Köpfen der Netzgemeinde war alles vertreten. Die entscheidende Frage – derer sich nach eigenem Bekunden auch die Initiatoren bewusst sind – wird sein, wie man die Open Data-Idee aus dem geschlossenen Kreis der Vordenker, Netzköpfe und interessierten Laien in die breite Öffentlichkeit tragen kann. Auch beim angestrebten gesamtgesellschaftlichen Wandel geht es am Ende des Tages immer um die zentrale Frage: Wo holt man den gewöhnlichen Bürger ab?

Die Arbeit an dieser Fragestellung verspricht weiterhin spannende Jahre. Aber Rom wurde eben auch nicht an einem Tag erbaut.