2012 war trotz vollständigen Reformstaus beim leidigen Thema Urheberrecht insgesamt doch ein eher gutes netzpolitisches Jahr. Denn erbracht hat es ein neues Bewusstsein von Netzaktiven über ihre realen Wirkungsmöglichkeiten.
Anlässlich der SOPA-Gesetzesinitative im US-Kongress wurde deutlich, dass Vorhaben, die offensichtlich schlimme Kollateralschäden für die Freiheit im Internet mit sich bringen, nicht mehr geräuschlos durchgewunken werden können. Die Wikimedia Foundation als Betreiberin der Wikipedia sah hier eine Art Präzedenzfall und legte der Community eine Art “Gesetzesfolgenabschätzung” vor. Es kam dann zu einem Abstimmungsprozess unter den ehrenamtlichen Autoren, der schließlich im spektakulären Blackout am 16. Januar mündete.
Ohne diesen politischen Urknall der größten konzernunabhängigen Internetplattform der Welt wäre es m.E. auch nicht zu der Breitenwirksamkeit des ACTA-Protests in ganz Europa gekommen. Denn plötzlich sahen vermeintlich unpolitische Nutzer die Chance, aktiv für ihre digitalen Bürgerrechte einzutreten. Wie wir heute wissen, waren sie darin nicht unerfolgreich. Es bleibt allerdings abzuwarten, ob dieser Drive angesichts der vielen gewichtigen Themen – Internetgovernance, EU-Datenschutzreform, Open Data – erhalten bleibt.
Jan Engelmann ist seit Juni 2011 Bereichsleiter Politik & Gesellschaft von Wikimedia Deutschland e.V. Zuvor war er als Kulturreferent, Journalist und Verlagslektor tätig.