Die Einberufung der Enquete-Kommission „Internet und digitale Gesellschaft“ wird im Netz zwar begrüßt, ansonsten bleiben die Reaktionen von Bloggern und Politikern jedoch verhalten. Den einen kommt die Initiative viel zu spät. Die anderen wollen erst mal abwarten, wie ernst es der CDU/CSU-Fraktion denn wirklich ist. Ein Überblick.
Markus Beckedahl von netzpolitik.org hofft, dass mit der Kommission die Debatte um die Netzpolitk mehr Aufmerksamkeit erhält und wartet gespannt auf die Berufung der Experten. Zudem verweist er auf den Streit um das Ideen-Urheberrecht zu einer solchen Kommission zwischen CDU/CSU, FDP, Grünen und des Industrieverbandes D21.
Auf der Suche nach dem Mainstream
Die Union der „Zensursula“ suche mit der Einberufung der Enquete-Kommission wieder den Anschluss an den „Internet-Mainstream“, schreibt die freie Journalistin Christiane Schulzki-Haddouti auf KOOPTECH. Denn normalerweise sei das Einberufen einer Enquete-Kommission ein Instrument der Opposition. Jetzt versuche die Regierung dadurch, den eigenen netzpolitischen Rückstand aufzuholen. Dabei habe man vor 15 Jahren schon einmal mit Hilfe einer Kommission versucht, den Abgeordneten das Internet nahe zu bringen – durch Autobahnmetaphern.
Für Nico Lumma,
Mitglied der Enquete-Kommission „Verantwortung in der medialen Welt“ und in der SPD,
ist Deutschland längst eine „netzpolitische Wüste“. Die Kommission sei
bestenfalls „Symbolpolitik“ um Kritiker zu besänftigen. Zwei Jahre lang
werden sich nun Experten mit dem Thema beschäftigen, um dann doch nur
die bis dahin geschaffenen Fakten in einem Abschlussbericht zur
Kenntnis zu nehmen. Internet und digitale Gesellschaft seien für
Parlamentarier weiterhin nur ein Randthema, Deutschland drohe im
internationalen Vergleich weiter abzufallen.
Tanker vs. Schnellboot
„Überfällig“ sei dieser Schritt, so der netzpolitische Sprecher der Grünen, Dr. Konstantin von Notz, in einer gemeinsamen Pressemitteilung mit Bundesvorstands-Mitglied Malte Spitz. Die Kommission biete die Chance, Modelle der E-Partizipation nicht nur zu diskutieren, sondern durch die Teilhabe möglichst vieler Interessenten an der Debatte gleich zu realisieren – wenn möglich über die Grenzen des Nationalstaats hinaus.
Manuel Höferlin kündigt im Blog der FDP-Bundestagsfraktion zusätzlich die Gründung der Arbeitsgruppe „IT und Informationsgesellschaft“ an. Ab nächster Woche will die FDP so „schon heute Antworten auf aktuelle Fragen geben.“ Die Union sei durch das „Zensursula-Debakel“ längst zu einem „schwerfälligen Tanker“ in Sachen Netzpolitik geworden. Die Liberalen seien hingegen das „Schnellboot der Koalition in IT-Angelegenheiten“.
Die Digitale Linke
ist dagegen skeptisch und glaubt nicht, dass die Kommission zu
fraktionsübergreifenden Ergebnissen und einer breiten Beteiligung
führen wird. Sie drohe vielmehr zu einer „öffentlichkeitswirksamen
Begleitung und Einbettung von Gesetzesinitiativen der Bundesregierung“
zu verkommen.
Die SPD begrüßt die Berufung der Kommission und will in den kommenenden Wochen ein eigenes netzpolitisches Programm erarbeiten.