E.D.V. – das
altehrwürdige Kürzel interpretieren eine Reihe
von Netzaktivisten längst als "Eingetragene Digitale
Vereine". Sie zeigen damit, dass sich Bürgerengagement
schon lange nicht mehr auf die klassischen Vereinsarbeiten
beschränken muss. politik-digital stellt ausgewählte
"Digitalvereine" vor.

E.D.V. – dieses altehrwürdige Kürzel interpretieren eine Reihe von
Netzaktivisten längst als "Eingetragene Digitale Vereine". Sie zeigen damit,
dass sich Bürgerengagement schon lange nicht mehr auf die klassischen Vereinsarbeiten
beschränken muss und liefern so einen ganz eigenen Beitrag zum Internationalen Jahr der Freiwilligen.

Doch nicht nur im Rahmen traditioneller Vereinsarbeit gibt es auf dem ganzen Globus
gute Gründe, auf die geleistete Arbeit stolz zu sein. Gelegenheit, sich selbst ein wenig
zu zelebrieren haben auch jene Bürgerinnen und Bürger, die sich in virtuellen Räumen um
eine kritische Auseinandersetzung mit den kulturellen, sozialen und politischen Folgen des
Einsatzes neuer Medientechnologien bemühen und dabei den Umgang mit den digitalen
Kulturtechniken forcieren.

Die Tradition der "Digital-e.V.´s" reicht bereits bis ins Jahr 1987 zurück
– damals gründete sich in Bielefeld der "Verein zur
Förderung des öffentlichen bewegten und unbewegten Datenverkehrs
" (FoeBuD), der
als Pionier des kritischen Umgangs mit der heranwachsenden Informationsgesellschaft gelten
kann. Als eine Gemeinschaft von Technikern, Wissenschaftlern, Politikern, Umweltschützern
und Künstlern halten die FoeBuDianer in der Präambel fest, "sich
grenzüberschreitend für Informationsfreiheit und ein neues Menschenrecht auf weltweite
ungehinderte Kommunikation einzusetzen und mit den Auswirkungen von Technologien auf die
Gesellschaft sowie das einzelne Lebewesen zu beschäftigen und das Wissen um diese
Entwicklung zu fördern."

Neben ihrem wenig spektakulären, dafür aber umso gehaltvolleren Auftritt im Netz hat
der gemeinwohlorientierte Verein seine inhaltliche Basis in der monatlich in Bielefeld
real stattfindenden Veranstaltungsreihe PUBLIC
DOMAIN
, die sich mittlerweile zu einem nfl picks bundesweiten Treffpunkt für alle Menschen
entwickelt hat, die sich für das Spannungsfeld zwischen Zukunft und Gesellschaft, Technik
und Umwelt, Wissenschaft und Allgemeinwissen, Kunst und Kultur interessieren.

Medienwirksame Auftritte verzeichnet foebud alljährlich bei der Verleihung des Big Brother Award, der mit dem gleichnamigen
Real-Life-Format jedoch außer dem Namen und der Diskussion um die Auflösung der
Privatsphäre nichts gemein hat. Der Preis wird seit 1998 jedes Jahr an Personen,
Organisationen oder Konzerne vergeben, "die in besonderer Weise und nachhaltig die
Privatsphäre von Menschen beeinträchtigen oder (persönliche) Daten Dritten zugänglich
machen". Resultierend aus der Verleihung des Preises wird eine öffentliche
Diskussion zum Thema Datenschutz und Privatsphäre angestrebt.

Zum foebud-Spektrum gehört außerdem die //BIONIC Mailbox, die neben
konventionellen Postfächern mitsamt ihren E-Mail- und Faxfunktionen auch sogenannte
"Bretter" offeriert. Hier werden öffentliche Nachrichten im Stile einer
überregionalen Tageszeitung mit vielen verschiedenen Rubriken wie Politik, Kultur,
Wissenschaft, Regional- und Kleinanzeigenteil angeboten. Weltweit haben sich viele
ähnliche Mailboxen zu Netzwerken zusammengeschlossen, in denen überregional und
international Daten ausgetauscht werden.

Ein weiterer ebenso digitaler wie eingetragener Verein ist der 1996 infolge einer
Diskussion um die Kryptographie entstandene "Förderverein
Informationstechnik und Gesellschaft
" (FITUG), der es sich nach seiner Satzung
zur Aufgabe gemacht hat, die "Integration der neuen Medien in die Gesellschaft, die
Aufklärung über Techniken, Risiken und Gefahren dieser Medien, sowie die Wahrung der
Menschenrechte und der Verbraucherschutz in Computernetzen" zu initiieren und zu
realisieren.

Die Vereinsarbeit soll die Förderung von Kultur, Bildung und Wissenschaft zum Ziel
haben. Auf den Web-Seiten des FITUG gibt es neben inhaltlichen Aktualitäten zu
Netzspezifischem und Diskussionsforen auch unterschiedliche "Netz und Politik"-Dossiers mit
Nachrichten, Analysen und Überblicken zu Themen wie ICANN, Datenschutz, Meinungsfreiheit,
Zensur und Kryptographie. Auch der Bildung in und mit dem Netz widmet sich der Verein mit
einer Sammlung von Dokumentationen, die sich bemühen, Aufklärung zu leisten für den
Umgang mit dem Internet, Zielgruppe sind dabei insbesondere unerfahrene Netzbürger.

Als ein weiterer prominenter Digitalverein ist mikro
zu nennen, eine Berliner Initiative zur Förderung von Medienkulturen. Der Verein
unterhält eine offene, deutschsprachige Mailingliste namens rohrpost, die im Kontext der
Integration und kritischen Auseinandersetzung mit Netzkulturen in existierenden
Informationsgesellschaften nicht unerwähnt bleiben darf. Auf der Basis eines
E-Mail-Forums schafft mikro mithilfe seiner Mailingliste eine Öffentlichkeit, in dem
interessierte Bürger an den globalen Diskursen zur Medien- und Netzkultur partizipieren
sollen. In die reale Öffentlichkeit der Berliner Republik tritt die Initiative seit
Anfang 1998 jeden Monat mit ihren mikro.lounges im WMF Club in Berlin-Mitte. Gegenstand
der Veranstaltungsreihe ist jeweils eine Kombination von Videopräsentationen, Vorträgen,
Podiumsdiskussionen und DJ-Sets. Darüber hinaus zeichnete Mikro verantwortlich für die
Organisation der vielbeachteten Konferenz "Wizards
of OS – Offene Quellen und Freie Software"
im Sommer 1999.

mikro versteht sich als eine offene, unabhängige Plattform, die neben ihren
realisierten Projekten vornehmlich als Initiator von kritischen inhaltlichen Diskursen um
die kulturellen, sozialen und politischen Konsequenzen des Einsatzes neuer Medien und
Technologien fungieren möchte. In ihren Netzwelten präsentiert sich die Berliner
Initiative mit einem breiten Spektrum von Informationsofferten zu Themen der
Medienkulturen. Mitsamt einem ausführlichen Pressearchiv und einer breiten Linkliste
werden den Nutzern vorausblickend bis Dezember 2001eine Reihe von inhaltlich
entsprechenden Veranstaltungen auf internationaler Ebene dargeboten.

Nach einem Blick auf eine kleine Auswahl digitaler Gemeinnützigkeiten lässt sich
sagen, dass sowohl die inhaltliche, kritische wie auch technische Auseinandersetzung mit
dem Netz der Netze ein gewichtiger Bestandteil der ehrenamtlichen Arbeitseinsätze im
Datenraum geworden ist – ohne die freiwillige Vertiefung in die virtuellen Welten wäre
das Internet heute um zahlreiche Angebote, Attraktionen und Anregungen ärmer.