Peter Heesen
im tacheles.02-Chat am 07.07.2004
Moderator: Liebe Politik-Interessierte, herzlich willkommen
im tacheles.02-Chat. Die Chat-Reihe tacheles.02 ist ein Format von tagesschau.de
und politik-digital.de und wird unterstützt von tagesspiegel.de
und von sueddeutsche.de. Heute ist der Präsident des Deutschen
Beamtenbundes, Peter Heesen, ins ARD-Hauptstadtstudio gekommen. Der
DBB vertritt als Spitzenorganisation nicht nur Beamte, sondern auch
Angestellte des öffentlichen Dienstes. Kann es losgehen, Herr Heesen?
Peter Heesen:
Ja.
Freier: Thema 40-Stunden-Woche: Ob wünschenswert
oder nicht, warum sollen ausgerechnet die Beamten verschont bleiben?
Peter Heesen: Die Beamten sind ja nicht verschont. In allen
Bundesländern haben die Beamten ja schon die 40-Stunden Woche oder
gar mehr. Manche Bundesländer sind gar bei 42 und der Bund wird
auch auf 40 gehen. Allerdings: Die Absenkung auf 38,5 haben die Beamten
1987 bis 1989 durch Lohnverzicht erkauft. Deshalb sagen wir: Für
jede Anhebung der Arbeitszeit muss eine Gegenleistung geboten werden.
Moderator: Wie könnte eine solche Gegenleistung aussehen?
Peter Heesen: Nun, die Gegenleistung könnte darin bestehen,
dass die Mittel, die eingespart werden, für eine leistungsorientierte
Bezahlung der Beamten eingesetzt werden. Wir verhandeln gerade mit Bundesinnenminister
Schily über eine Reform des Beamtenrechtes, die eine solche Leistungsbezahlung
einschließt. Wenn also 40-Stunden Woche – dann die Einsparung
für die Bezahlung von Leistung.
martina: Warum gibt es jetzt keine Proteste, so wie
Anfang der 90er, als in Hessen die verkürzte Arbeitszeit für
Beamte abgelehnt wurde?
Peter Heesen: Wir sind der Auffassung, dass das, was im Augenblick
beabsichtigt ist, zunächst einmal mit der Politik im Gespräch
geklärt werden soll. Verhandeln hat Vorrang vor protestieren, deshalb
sprechen wir auch mit Otto Schily über die Frage, wie man eine
Arbeitszeiterhöhung vernünftig kompensieren kann.
polze: Siemens Arbeiter bekommen nur eine Gegenleistung:
den Arbeitsplatz – der ist ihnen doch sicher, was also noch alles?
Peter Heesen: Beamte haben keine Arbeitskampfmöglichkeiten.
Sie unterliegen dem verfassungsrechtlichen Streikverbot. Auf dieser
Basis ist Verhandeln unsere Sache und dabei muss sichergestellt werden,
dass der Öffentliche Dienst attraktiv bleibt, damit wir bestmögliche
Dienstleistungen für Bürger und Staat erbringen können.
Je weniger wir attraktiv sind, desto weniger haben wir die Chance, guten
Nachwuchs zu gewinnen.
Morlon: Rainer Brüderle sagt, dass im internationalen
Vergleich zu kurz gearbeitet wird und tritt für die Abschaffung
starrer Tarifregelungen ein. Wo liegen denn die Gemeinsamkeiten zwischen
FDP und DBB?
Peter Heesen: Die Frage ist eine Frage, die sich mit der Flexibilisierung
von Arbeitszeit auseinandersetzt. Wir haben der Politik den Vorschlag
gemacht, eine Flexibilisierung vor allem der Wochenarbeitszeit einzuführen,
damit auf der einen Seite insbesondere unsere Mitarbeiterinnen Familie
und Beruf besser in Einklang bringen können, und wir auf der anderen
Seite zu längeren Öffnungszeiten bei den Ämtern kommen.
In diesem Punkt stimmen also FDP und DBB vollkommen überein. Aber
nicht nur in diesem Punkt!
NenaO: Haben sie Nachwuchssorgen, weil Bezahlung und
Arbeit nicht attraktiv sind?
Peter Heesen: Ja. Wir haben bereits jetzt Nachwuchssorgen in
einigen Bereichen des öffentlichen Dienstes, dazu zählen der
Lehrerbereich, der Bereich der inneren Sicherheit, aber auch die Berufe
der Technik. Viele Stellen können wir in diesen Bereichen derzeit
nicht besetzen. An den Schulen ist die Situation derzeit so dramatisch,
dass die Kultusministerkonferenz eine Initiative für den Lehrerberuf
gestartet hat. Eine solche Werbekampagne zeigt die außergewöhnliche
Situation, und diese wird auf Grund der Überalterung der Lehrerkollegien
und trotz Rückgangs der Schülerzahlen in den kommenden Jahren
noch schwieriger.
Moderator: Im Bereich Schule – Lehrer sind ja auch meist Beamte
– liegen die Probleme aber vor allem bei den fehlenden Finanzen der
Länder!
Peter Heesen: Natürlich sind die Länder im Augenblick
in schwieriger Finanzsituation, aber ich rede von freien Stellen, die
auf Grund des Nachwuchsmangels nicht besetzt werden können, d.h.
von Stellen, die die Länder in ihren Haushalten eingestellt haben
und für die daher das Geld da ist.
Mering: Fehlende Lehrer – bei schlechten Pisa Noten:
Wie soll Deutschland da aufholen?
Gerber V.: Warum haben dann Lehramtsanwärter
in Bayern Angst, nicht übernommen zu werden?
Peter Heesen: Es gibt einige Bereiche, in denen sich die Nachwuchsfrage
weniger scharf stellt. Dazu zählt der Bereich der Grundschullehrämter,
auch in Bayern. Dagegen haben wir für die berufsbildenden Schulen,
Gymnasien, Realschulen, Hauptschulen und die Sonderschulen wachsenden
Bedarf. Ich kann Lehramtsanwärtern für den Grundschulbereich
nur raten, die Studien für eine weitere Lehrbefähigung zu
erweitern.
Moderator: Noch mal zu dem, was den Beamten zum richtigen Beschäftigtendasein
fehlt:
DBB: O.k., keine Arbeitskampfmöglichkeiten, aber
Bummel-Streik geht doch oder? Manchmal hat man auf dem Amt das Gefühl,
das einige das eh tun.
Mering: Nachfrage Streiks: Aber Ihr Vize Ondracek
hat doch von Streik gesprochen, lese ich auf ihrer Internetseite?
Peter Heesen: Das ist nicht richtig. Wir stehen auf dem Boden
der Verfassung und sagen ganz eindeutig: So lange diese Verfassung gilt
und die Rechte der Beamten aus dieser Verfassung nicht tangiert werden,
lehnen wir jeden Streik kategorisch ab, weil wir die Funktionsfähigkeit
des Staates erhalten wollen. Wir sagen allerdings, wenn die Verfassung
geändert wird und die Beamtenrechte gekippt werden, wie es z.B.
die NRW-Landesregierung will, dann werden wir selbstverständlich
das Streikrecht für uns in Anspruch nehmen, denn dann gibt es keine
Beamten mehr. Im Übrigen sind Alltagserfahrungen auf dem Amt, wenn
sie wie Bummelstreik aussehen, kein Streik, sondern eher ein Beleg für
eine in der Tat vorhandene Demotivation bei vielen Beschäftigten.
Das müssen wir ändern – wir gemeinsam – Gewerkschaft und Politik.
Moderator: Das Berufsbeamtentum-"Problem" war die
Frage von:
Ram: Was sagen sie zu den Plänen Peer Steinbrücks,
dem Ministerpräsidenten von NRW (SPD), der die Abschaffung des
Berufsbeamtentums fordert?
Moderator: Aber ernsthaft zu erwarten ist die Abschaffung des
Berufsbeamtentums doch nicht – oder sehen Sie dafür ernsthaft eine
Mehrheit im Bundestag? Es klingt – auf beiden Seiten – ein bisschen
nach Schattenfechten!?
Peter Heesen: Ich sehe dafür wie Sie weder eine Mehrheit
im Bundestag noch im Bundesrat – das habe ich Peer Steinbrück auch
ganz offen gesagt und die Regierung in NRW aufgefordert, statt einer
aussichtslosen Revolution mit uns dem DBB gemeinsam eine Weiterentwicklung
des Beamtenrechtes zu machen. Leider ist Peer Steinbrück zu stur,
um ein solchen vernünftigen Weg zu beschreiten. Aber wir machen
dasselbe mit Otto Schily, bundesweit und bundeseinheitlich, und damit
wird dann diese Reform auch in NRW ankommen.
Moderator: Otto Schily ist mal wieder taktisch schlauer – oder
ist das Einsicht in die Notwendigkeit?
Peter Heesen: Das ist keine Frage der Taktik, weder bei Otto
Schily noch bei uns. Voran kommen wir nur durch Dinge, die wir gemeinsam
verabreden, durch ein hohes Maß an Konsens, durch konkrete Zusammenarbeit
von Arbeitgebern und Arbeitnehmern. Ich wünschte mir, dass alle
Arbeitgeber und auch alle Gewerkschaften dies so sähen, denn wir
müssen endlich einen Weg heraus finden aus der Misere unseres Landes.
Das ist besser, als immer nur die Misere zu beklagen.
föderalia: Herr Heesen, was halten Sie denn von
den Vorschlägen einiger Mitglieder der Föderalismuskommission,
die Landesbeamtenregelungen ganz den Ländern zu überlassen?
Peter Heesen: Dahinter steht die Idee vom Wettbewerbsföderalismus.
Im Wettbewerb treten können aber nur Konkurrenten, die gleiche
Startbedingungen haben. Ein Blick auf die Finanzsituation unserer Länder
zeigt, wie unterschiedlich die Finanzkraft der Länder ist. Bei
diesem Wettbewerb würden deshalb die vielen finanzschwachen Länder
auf der Strecke bleiben, vor allem bei der Gewinnung von Personalnachwuchs.
Zudem sollten jene, die diesen Wettbewerbsföderalismus fordern,
sich darüber im Klaren sein, dass sie bei dem angestrebten Wettbewerb
nur Einfluss haben auf die Ausgabenseite. Nicht auf die Einnahmenseite
ihrer Haushalte, denn die Steuergesetzgebung wird auch zukünftig
ausschließlich in den Händen des Bundes liegen. Wir wollen
den Ländern jedoch insofern entgegenkommen, als wir bei der in
Arbeit befindlichen Reform des Beamten- und Bezahlungsrechtes Gestaltungsspielräume
schaffen für regionale Gestaltungsmöglichkeiten.
Morcheeba: Ist es nicht ein falsches Verständnis
von Föderalismus, diesen als Wettbewerb zu betrachten?
Peter Heesen: Dem kann ich nur zustimmen. Denn die staatlichen
Institutionen sind Dienstleister der Bürger für solche Leistungen,
die ausdrücklich nicht den Wettbewerb privater Anbieter vorbehalten
sind. Deshalb kritisieren wir ja auch das Gerede vom Wettbewerbsföderalismus.
Hier wird Unfug vorbereitet. Weder die Polizeien noch die Finanzverwaltungen
der Länder stehen im Wettbewerb zu einander, sondern haben einen
gemeinsamen Auftrag für das Staatsganze. Mich erschreckt dabei
vor allem eines: Was, wie Sie, viele Bürger im Lande wissen, haben
manche unserer Politiker bis heute nicht verstanden.
Moderator: Noch mal zurück zum festen Arbeitsplatz: Ein
fester Arbeitsplatz ist heute Geld wert daher:
Gerber V.: Wie viel EURO ist Ihnen die lebenslange
Versorgung durch den Staat wert?
Moderator: Muss nicht trotz bereits geleisteter Einsparungen
von den Beamten noch etwas getan werden- beim Gehalt?
Peter Heesen: Wir haben seit 1990 allein im Beamtenbereich über
39 Mrd. Euro eingespart. Durch den Abbau von Stellen und damit einhergehende
Arbeitsverdichtung durch Kürzungen bei Einkommen und Pensionen,
durch Fortfall von Nebenleistungen. All diese Vorleistungen werden sofort
vergessen, wenn sie erbracht sind. Wir haben also den großen Vorteil
eines sicheren Arbeitsplatzes, den alle unsere Beschäftigten zu
schätzen wissen also vielfach bezahlt. Man kann deshalb nicht jede
weitere Kürzung mit der Sicherheit des Arbeitsplatzes begründen.
Eisberg: Wieso liegen die Beamtenpensionen weit über
den Renten für alle anderen Arbeitnehmer?
Moderator: Tun sie das?
Peter Heesen: Die Beamtenpensionen sind Bruttozahlungen. Im
Gegensatz zu den Rentnern muss der Beamte seine Pension voll versteuern.
Der optische Vergleich führt deshalb in die Irre. Nach Steuerabzug
unterscheiden sich die Beamtenpensionen zumindest in den vielen unteren
Einkommensgruppen von der Nettorente überhaupt nicht. Ausnahme
sind die höheren Einkommensgruppen. Das aber hat seine Ursache
darin, dass im Rentenrecht die Beitragsbemessungsgrenze bei der Zahlung
in die Rentenkasse zugleich eine Obergrenze darstellt für die spätere
Auszahlung aus der Rentenkasse.
Moderator: Die Pensionslasten sind – gerade für die Länder
– ein Problem. Auch hier wurde schon einiges getan, dennoch – weil es
einfach Geld bringt, müssen nicht auch die Pensionäre mehr
beitragen?
hiwi: Berlin ist mehr als pleite. Das Urlaubsgehalt
und 13. Monatsgehalt werden dennoch an alle Beamten ausgezahlt. Warum
helfen sie nicht mit, Berlin vor dem Ruin zu bewahren?
Peter Heesen: Berlin hat in der Tat akute Finanzprobleme, die
aber hausgemacht sind. Berlin hat niemals die Umstellung geschafft von
der subventionierten Insel West-Berlin auf ein normales Bundesland.
Zudem hat Berlin mehr als andere Bundesländer Kürzungen beim
Weihnachts- und Urlaubsgeld für die Beamten bereits verfügt
und die Arbeitszeit für Beamte auf 42 Stunden angehoben.
Was die Entwicklung der Pensionsausgaben betrifft, so kann ich mit
einem guten Stück Stolz darauf hinweisen, dass der DBB diese Frage
als erste angegangen ist und einen Lösungsvorschlag gebracht hat,
der ein partielles Umschwenken der Beamtenversorgung auf ein kapitalgedecktes
Verfahren zum Gegenstand hatte. Seit 1998 – und damit noch deutlich
vor Riesters Rentenreform – führen wir pro Jahr 0,2 % der Einkommenszuwächse
Jahr für Jahr in wachsende Versorgungsfonds von Bund, Ländern
und Gemeinden ab. Anders als die Rentenversicherung wollen wir deshalb
in der Zukunft immer größere Anteile von Beamtenpensionen
aus Erträgen dieses Kapitalvermögens finanzieren. Dieser Weg
ist der einzig richtige für alle Alterssicherungssysteme: Ein Mixtur
aus Umlageverfahren und Kapitaldeckungsverfahren. Ich bin deshalb sicher,
dass die Beamtenversorgung für die Zukunft besser aufgestellt ist
als die Rentenversicherung. Zudem ist die Versorgungshöhe für
alle Beamten um 3,25 Prozentpunkte abgesenkt worden. Was weitere gewaltige
Einsparungen zur Folge haben wird. Wir haben also ein großes Stück
unserer Hausaufgaben bereits gemacht.
Moderator: Sind die Einsparungen, die die Beamten in den vergangenen
Jahren bereits gebracht haben, einfach nur schlecht verkauft worden?
In der Öffentlichkeit scheint die Kritik ganz klar zu überwiegen.
Peter Heesen: Einsparungen im Beamtenbereich sind so eine Art
Gesellschaftsspiel geworden, weil für den Gesetzgeber bei schlechter
Haushaltssituation der unmittelbare Zugriff dort am leichtesten ist
und manche Politiker tun das auch deshalb so gerne, weil sie dabei immer
auf den Beifall breiter Bevölkerungskreise hoffen. Da sind wir
nun am Ende der Möglichkeiten angelangt. Deshalb werden wir in
Zukunft über andere Möglichkeiten der Einsparungen öffentlich
und laut nachdenken müssen. Ich will auf ein Beispiel hinweisen:
Die öffentliche Hand subventioniert pro Jahr jeden Arbeitsplatz
im Steinkohlebergbau mit 78.500 Euro. Das ist eine unvorstellbare Summe,
die noch dazu in einen Technologiebereich hineingepumpt wird, der unser
Land nicht voran bringt. Würde man jedem Kumpel 50.000 Euro pro
Jahr auf die Hand geben und ihm sagen: Du brauchst nicht mehr unter
Tage fahren, kämen alle diese Menschen finanziell gut zu recht
und der Staat würde vernünftige Einsparungen machen. Auch
andere Bereiche von Subventionen müssen stärker unter die
Lupe genommen werden.
bambies: Einige Berufsgruppen waren früher notwendiger
Weise Beamte. Dass dies heute auch noch so ist, schadet den heute noch
rein hoheitlich tätigen Beamten. Wo bitte ist ein Förster
heute noch tatsächlich hoheitlich tätig. Vor meiner Polizeitätigkeit
war ich Forstbeamter bei der Bayerischen Staatsforstverwaltung. Aufgrund
des Beamtentums und der Ewigen Besitzstandswahrung wird diese Verwaltung
endlich langsam aufgelöst.
Moderator: Wo kann also der Beamte wegfallen – zugunsten Angestellten
oder der privaten Dienstleistung?
Peter Heesen: Diese Frage hat damit zu tun, welche Aufgaben
des Staates hoheitlicher Natur sind. Beim Förster ist diese hoheitliche
Tätigkeit immer noch evident. Der Förster hat Polizeigewalt
im Wald, ist schusswaffenberechtigt, er greift also im klassischen Sinne
der alten preußischen Hoheitsverwaltung, wenn es notwendig ist
in das Leben und die Rechte von Menschen ein. Da gibt es also eigentlich
keine Debatte. Spannender ist die Frage in anderen Bereichen des öffentlichen
Dienstes, nämlich bei dem was wir soziale Daseinsvorsorge nennen.
Auch die Gegner des Berufsbeamtentums räumen ein, dass wir in dieser
klassischen Eingriffsverwaltung Beamte brauchen, aber sie bestreiten
dies für die Daseinsvorsorge. Wir verweisen aber darauf, dass die
Väter und Mütter des Grundgesetzes in die Verfassung nicht
nur den Rechtsstaat hineingeschrieben haben, sondern auch den Sozialstaat
verankert haben. Der große Unterschied zur Weimarer Republik ist
folglich, dass der Staat sowohl Rechts- als auch Sozialstaat ist. Alle
sozialstaatlichen Aufgaben – dazu gehört z.B. die Arbeitsverwaltung,
die Fürsorge – sind deshalb hoheitliche Aufgaben im Sinne unseres
Grundgesetzes. Deshalb müssen diese hoheitlichen Aufgaben in der
Regel auch von Beamten wahrgenommen werden.
WorkerClass: Warum widersetzt sich der Beamtenbund
der Zusammenarbeit mit dem DGB? Wäre es sinnvoll, gegen die Einsparungen
gemeinsam zu agieren?
Peter Heesen: Wir widersetzen uns nirgendwo einer Zusammenarbeit
mit vernünftigen Kräften für vernünftige Dinge….
Moderator: Gehört Herr Bsirske zu den vernünftigen
Kräften?
Peter Heesen: …. Wir haben in den letzten Jahren und Monaten
verschiedentlich gemeinsam mit dem DGB gegen ungerechtfertigte Sparmaßnahmen
demonstriert, u.a. in Düsseldorf, in Baden-Württemberg, in
Hamburg. Und ich habe persönlich gute Kontakte zu den Gewerkschaftsführern
des DGB von Michael Sommer bis Frank Bsirske, denn uns verbindet die
Vertretung der Interessen unserer Mitglieder. Allerdings sind wir der
Auffassung, dass diese Interessen durch gewerkschaftliche Beton-Politik
auf Dauer nicht gut vertreten werden. Wir suchen deshalb den Dialog
mit der Arbeitgeberseite und kämpfen für zukunftsgerichtete
Reformen, die Perspektiven für unsere Beschäftigten schaffen.
Ich wünschte mir sehr, dass ein solcher Weg zwischen den Gewerkschaftsführern
in Deutschland konsensfähig wird.
Moderator: Einfache Frage: Wer hat das bessere Verhältnis
zu Otto Schily, Sie oder Frank Bsirske?
Peter Heesen: Ganz einfache Antwort: Ich. Aber darauf bilde
ich mir nichts ein, sondern sehe es als eine Chance.
Moderator: Noch ein anderes Thema, weil Beamte auch Verwalter
der Informationen sind – vor allem für uns Journalisten 😉
ifgler: Rot-Grün planen endlich die Einführung
eines Informationsfreiheitsgesetzes? Sind sie dafür oder dagegen?
Peter Heesen: Ich halte sehr viel davon, dass die Freiheit der
Presse einen ganz hohen Stellenwert hat, weil die Presse in einer funktionsfähigen
Demokratie unverzichtbar ist. Vieles, was wir leider auch in diesem
Staate haben, bis hin zur Korruption, bedarf der permanenten kritischen
Prüfung und Aufdeckung. Hier haben die Journalisten in Deutschland
immer gute Arbeit geleistet und diese gute Arbeit braucht unser Staat
auch zukünftig. Ich sehe allerdings mit einem gewissen Missvergnügen,
dass einige wenige die Grenzen zwischen dem, was die Öffentlichkeit
wissen muss und dem was nur die Privatsphäre von Menschen betrifft,
die in der Öffentlichkeit stehen, nicht immer eingehalten werden.
Das ist schade, kann aber nicht durch Gesetze geregelt werden, sondern
nur durch die Selbstverpflichtung eines jeden einzelnen, der seine Berufsaufgabe
verantwortungsbewusst wahrnimmt.
Moderator: Das war eine Stunde Chat, vielen Dank für Ihr
Interesse. Vielen Dank Herr Heesen, dass sie sich die Zeit genommen
haben. Der nächste Chat: Am nächsten Dienstag, 13. Juli um
13 Uhr: Unser Chat-Gast dann: Der Ratsvorsitzende der Evangelischen
Kirche in Deutschland, Bischof Wolfgang Huber.