"Nur wenn man sich bewegt, kann
man gewinnen" war die Devise von Rainer Brüderle. Im tacheles.02
Chat von tagesschau.de und politik-digital.de forderte er eine Steuerentlastung
statt einer Steuererhebung für Deutschland.
Moderator: Liebe Politik-Interessierte, willkommen
im tacheles.02-Chat. Die Chat-Reihe tacheles.02 ist ein Format von
tagesschau.de und politik-digital.de und wird unterstützt von
tagesspiegel.de. Zum Chat ist heute der stellvertretende FDP-Vorsitzende
Rainer Brüderle ins ARD-Hauptstadtstudio gekommen. Herr Brüderle,
sind Sie bereit?
Rainer Brüderle: Ich bin bereit.
Moderator: Gut möglich, dass die Union bei
Neuwahlen die absolute Mehrheit holt, wie einige Umfragen besagen.
Wozu braucht Deutschland für einen Politikwechsel die FDP?
Rainer Brüderle: Weil die Union natürlich
Gefahr läuft, die falschen Schwerpunkte zu setzen. Einen ersten
Beweis liefert sie dieser Tage mit der unsinnigen Debatte über
die Mehrwertsteuererhöhung. Das Thema für Deutschland
muss Steuerentlastung sein und nicht Steuererhöhung. Dies ist
nicht ein populistischer Ansatz, weil keiner gern Steuern zahlt.
Dahinter verbirgt sich eine andere Philosophie: Wir wollen, wir
müssen die Balance zwischen Individualität und Kollektivität,
zwischen Eigenverantwortung und staatlicher Vorsorge verändern.
Hin zu mehr eigenverantwortlichem Handeln der Bürger. Zu meiner
Mitbürgerin und zu meinem Mitbürger kann ich nicht sagen:
Du musst selbst mehr zu deiner Gesundheits- und Altersvorsorge tun,
wenn ich sie oder ihn nicht durch Erhöhung des verfügbaren
Einkommens auch in die Lage versetze, dies selbst tun zu können.
Sonst werden die Menschen dies als unfair erkennen. Deshalb müssen
wir raus aus dem Steuerstaat.
hwurst: Wie schätzen Sie die Chancen der
FDP bei einer vorgezogenen Bundestagswahl ein?
Rainer Brüderle: Sehr gut. Es gibt die Chance,
die Hängepartie Deutschlands nicht in Dauerstagnation zu beenden.
Es ist ein Verdienst des Bundeskanzlers Schröder, Deutschland
weitere anderthalb Jahre grün-roter Fehlsteuerung zu ersparen.
Deshalb müssen wir mit ganzer Kraft nutzen durch einen Neubeginn
in Wahrheit sieben bis acht Millionen Arbeitslosen in Deutschland
ihnen begründete Hoffnung und eine Perspektive zu geben. Sieben
bis acht Millionen Arbeitslose ergeben sich deshalb, weil wir nach
der amtlichen Statistik, die drei bis vier Millionen Arbeitslose
beinhaltet, etwa 1,5 Millionen Menschen, insbesondere in den neuen
Bundesländern, in Ersatzmaßnahmen wie ABM haben, die
Arbeitslosenstatistik etwas geschönt wurde, indem z.B. in Umschulung
befindliche Arbeitslose nicht mehr als Arbeitslose geführt
werden, obwohl sie dadurch keinen Arbeitsplatz haben und wir weitere
zwei Millionen Menschen der sogenannten stillen Reserve zurechnen
müssen.
warlord: Wie sehen Sie die Rolle die Wolfgang
Gerhardt in der FDP spielen sollte?
Rainer Brüderle: Außerordentlich hilfreich.
Er ist für uns ein Garant erfahrener liberaler politischer
Konzeptionen. Er hat sich in seinem Spezialgebiet der Außenpolitik
hervorragend eingearbeitet, wie eine große Zahl vielbeachteter
Reden im Bundestag dokumentiert.
Sch?style=: Wer wird der nächste Außenminister?
Rainer Brüderle: Ein liberaler erfahrener
Mann. Obwohl wir auch gute Frauen haben.
Moderator: Wird es wirklich ein Liberaler? Stoiber
will angeblich unbedingt auch.
Rainer Brüderle: Wir haben einen Dreisatz
des Erfolgs in der FDP festgelegt. Erst die Wahl gewinnen, zweitens
in den Koalitionsverhandlungen möglichst viele liberale Ideen
durchsetzen und drittens erst danach festlegen, welche Frau welcher
Mann an welcher Stelle am besten für liberale Politik steht.
Moderator: Noch mal: Wird der Außenminister
ein Liberaler?
Rainer Brüderle: Ich bin kein Hellseher.
Ich kann nur Wünsche, die ich persönlich habe, artikulieren.
Ich bin zu lange im politischen Geschäft, um eine Personaldebatte
zur Unzeit zu führen.
Frau Langguth: Was spricht dagegen, in Deutschland
eine Luxus-Steuer einzuführen, wie in Österreich, und
unsinnige Subventionen, wie z.B. 7 % Mehrwertsteuer für Turnierpferde
beizubehalten? Zwei Prozentpunkte mehr und Mehrwertsteuer-Subventionen
weg würden nicht nur die arbeitende Bevölkerung belasten?
Rainer Brüderle: Also von Luxussteuer halte
ich wenig, weil der Staat sich anmaßt, der bessere Richter
über die Verwendung von harter Arbeit und Geldern der Bevölkerung
zu sein. Ich möchte insgesamt die steuerliche Belastung der
Bürger reduzieren, weil dies letztlich zutiefst ein Freiheitsthema
ist. Es geht letztlich um die Frage, in welchem Umfang kann ich
selbst über die Verwendung dessen, was ich hart erarbeitet
habe, entscheiden in welchem Umfang entscheiden andere an meiner
Stelle über die Verwendung dessen, was ich mir hart erarbeitet
habe, weil sie mir die Entscheidungsfähigkeit nicht zubilligen.
Oder anders formuliert: mich für zu blöd halten, mit dem
selbst erarbeiteten Geld eigenverantwortlich umzugehen: Es lebe
die Freiheit.
Moderator: Es gibt viele Fragen zur möglichen
Mehrwertsteuer-Erhöhung:
misterL: Wie verhält sich die FDP zum Thema
Mehrwertsteuererhöhung, wenn die CDU darauf besteht bleibt
nach der Wahl?
viducius: Ist es nicht so das eine Mehrwertsteuererhöhung
unumgänglich sein wird?
lix: Wird es mit der FDP eine Mehrwertssteuererhöhung
geben?
Rainer Brüderle: Wir wollen keine Mehrwertsteuererhöhung,
weil wir sie nicht für nötig halten. Wir haben für
unsere Steuerreform Teil eins ein Entlastungsvolumen von 14 Millionen
Euro vorgesehen und dafür Einsparungsvorschläge von 26
Milliarden Euro vorgelegt. Für uns ist unverzichtbar das Ergebnis
einer neuen Politik einer bürgerlichen Regierung, dass es nicht
zu steuerlichen Zusatzbelastungen kommt, sondern zu Entlastungen
der Bürger. Die Einzelheiten und Facetten von der Salzsteuer
bis xx sind demgegenüber nachrangig.
Gast6542: Wie soll denn mit einer Steuerentlastung
dem Bundeshaushalt geholfen werden? Noch mehr Schulden?
pema: Werden sie sich bei einer Koalition mit
der CDU/CSU für Steuersenkungen einsetzen?
Rainer Brüderle: Die Aufgabe ist nicht durch
Einnahmensteigerungen den Haushalt zum Ausgleich zu bringen, sondern
die Aufgabe ist durch Senkung von Ausgaben, die Wirtschaft in Gang
zu setzen, dass durch stärkeres Wachstum der Haushalt wieder
zum Ausgleich kommt.
BlueW: Ist die FDP gezwungen, einen Wahlkampf
"gegen" die CDU/CSU zu führen, um eine absolute Mehrheit
der Union zu verhindern?
Rainer Brüderle: Wir führen den Wahlkampf
nicht gegen jemand, sondern für uns – für die Freiheitlich
Demokratische Partei Deutschlands.
Bartholomeus Klee: Was halten Sie von Angela Merkel?
Glauben Sie nicht, dass das Kanzleramt wesentlich besser besetzt
werden könnte, ob in Reihen der CDU, FDP, SPD oder Grünen?
Rainer Brüderle: Es ist es derzeit nicht
zu erwarten, dass die FDP die stärkste Partei Deutschlands
wird, so dass die CDU/CSU das Vorschlagsrecht für ein Kanzlerin,
einen Kanzler hat. Dies haben wir nicht öffentlich zu bewerten.
Ich persönlich finde Frau Merkel sympathisch.
Tuxyso: Wieso sollten gerade junge Leute der FDP
ihr Votum bei der Bundestagswahl geben? Ich selbst bin Student,
fürchte mich davor, bald Studiengebühren zahlen müssen.
Eine weitere Angst die mitschwingt: Die FDP fordert immer wieder:
Staat schlanker machen! Gerade mir ist es als junger Mensch wichtig,
abgesichert zu sein und nicht auf die grausamen Regeln des Marktes
(der ja angeblich alles regeln soll) zu vertrauen. Wieso also FDP
wählen?
Rainer Brüderle: Weil gerade junge Menschen
ihre Zukunft – und Sie haben das Leben vor sich – im Auge behalten
müssen. Außer Kuba und Nordkorea fallen mir keine Länder
ein, die noch glauben, dass der Staat die Verwendung von Geld und
Arbeit besser regeln kann als der Markt. Wenn man vor lauter Angst
vor Veränderungen starr in alten Strukturen verharrt, hat man
in einer Welt, die sich schnell verändert, schon verloren.
Wenn man sich bewegt, kann man gewinnen. Garantiescheine gibt es
im Leben nicht. In menschlichen Beziehungen nicht und auch in der
Politik nicht. Wir müssen damit leben, dass es nur Wahrscheinlichkeiten
gibt und wir den Mut zu neuen Ufern brauchen.
TimoH: Wenn Bundespräsident Köhler nicht
bei der getäuschten Vertrauensfrage mitmacht, also keine Neuwahlen
ansetzt, kommt dann eine Verfassungsänderung? Und wenn ja,
macht die FDP da mit, um Neuwahlen zu ermöglich?
Rainer Brüderle: FDP macht nicht mit. Man
kann nicht kurzfristig Verfassungen manipulieren oder ändern,
weil man als Regierung den Karren an die Wand gefahren hat. Wenn
dieses Ergebnis der Vorgehensweise des Kanzlers wäre, hätte
er dem Land weiteren Schaden zugefügt.
Tuxyso: Wie stehen Sie zu der Meinung, die Ihr
Bundesvorsitzende Westerwelle vertritt, dass Gewerkschaften praktisch
überflüssig sind? Wollen sie die letzte Bastion arbeitnehmerischer
Mitbestimmung auch noch eliminieren? Was für Alternativen dazu
gibt es?
Rainer Brüderle: Die Gewerkschaften sind
nicht überflüssig, aber sie müssen sich in veränderter
Zeit neu ausrichten. Jährlich verlassen 4 bis 500.000 Menschen
die DGB-Gewerkschaften, dies ist eine Abstimmung mit den Füßen.
Die deutschen Gewerkschaften machen offensichtlich etwas falsch,
sonst würden sie nicht ständig so viele Mitglieder verlieren.
Moderator: Stellvertretend 2 Fragen zum neuen
Reisepass:
Klaus Zinner: Herr Brüderle, wie denken Sie
über den biometrischen Pass? Wie denken Sie bzw. die FDP überhaupt
über die so genannten Otto-Pakete? Meinen Sie nicht auch, dass
in diesem Land schon eine Terrorhysterie erzeugt wird?
inquiring: Mich interessiert, was Sie von Herrn
Schilys neuen Reisepässen mit einbauten Chips halten.
Rainer Brüderle: Wir müssen in der Tat
bei der Bekämpfung von Terror und Gefahren Acht geben, dass
wir am Schluss nicht eine Friedhofsstille erreichen. Stark ist der
Staat, hinter dem die Bürger stehen und nicht der, der seinen
Bürgern am meisten misstraut. Ich bin kein Experte für
den neuen Pass, aber er scheint mir durchaus eine erwägenswerte
Option, um Identitäten besser festzustellen.
Schwabe1: Von einigen Ihrer Parteikollegen wird
eine Senkung der Pendlerpauschale auf 0 Cent gefordert. Es ist ja
auch faktisch so, dass Arbeitnehmer mit einem kurzen Weg zur Arbeit
die Fahrt der anderen subventionieren. Gleichzeitig stellt der Anreiz
zur Fahrt mit dem Kfz ein umweltpolitisches Problem dar. Es wäre
doch sinnvoll, nur noch Karten des öffentlichen Nahverkehrs
absetzbar zu machen. Wie stehen Sie dazu?
Rainer Brüderle: Die Pendlerpauschale ist
mit entstanden in einer Situation, in der wir die Bürger so
hochsteuerlich belastet haben, dass Menschen in den ländlichen
Räumen, die oft durch mangelnde öffentliche Nahverkehrsangebote
auf ihren PKW zwingend angewiesen sind, sehr hart und einseitig
belastet wurden. Bei meinem Idealziel einer Steuerreform des sogenannten
Flat-Tax, bei der ein Einkommen bis 15.000 Euro im Jahr steuerfrei
ist, z.B. danach eine Einheitssteuer von 25 Prozent einsetzt, würden
all diese diskutierten steuerlichen Vergünstigungen wegfallen.
Moderator: In diesem Zusammenhang: Wie kommentieren
sie die jüngsten Stoiber-Vorschläge: Abschaffung der Steuerfreiheit
für Sonntags-, Feiertags- und Nachtzuschläge und die drastische
Senkung der Kilometerpauschale?
Rainer Brüderle: Wenn man, wie meine Vorstellung
ist, die Steuern radikal vereinfacht und senkt, ist für solche
Sonderregelungen kein Raum mehr. Nacht- und Schichtarbeiten sind
ganz besonders schwere und z.T. sehr unangenehme Tätigkeiten.
Sie durch steuerliche Sonderregelungen zu begünstigen, heißt
einen zusätzlichen Anreiz zur Nacht- und Schichtarbeit zu setzen.
Das kann keine echt rationale Politik sein, durch Steuerpolitik
einen verstärkten Anreiz zur Nacht- und Schichtarbeit zu setzen.
Moderator: Im Zusammenhang mit der EU gibt es
viele Fragen:
Promy: Wo liegen Ihrer Meinung nach die Gründe
für die Ablehnung der EU-Verfassung in den Niederlanden und
in Frankreich?
Rainer Brüderle: Weil Europa zu bürgerfern
konzipiert und artikuliert wurde. Europa landete bei den Bürgern
in Reglementierungen vom Krümmungswinkel der Banane angefangen
bis zum Überschlagbügel von Traktoren. Europa muss stärker
Menschen überzeugen. Ich habe es deshalb außerordentlich
bedauert, dass eine schwarz-rot-grüne Einheitsfront gegen die
FDP verhindert hat, dass eine Volksabstimmung über die EU-Verfassung
in Deutschland möglich wurde.
Rainer Brüderle: Das Misstrauen gegenüber
den Bürgern der schwarz-rot-grünen Einheitsfront war so
groß, dass sie den deutschen Bürgerinnen und Bürgern
eine eigene Entscheidung offenbar nicht zugetraut hat. Dies ist
kein Ausdruck von starker Politik.
mkollig: Welche Auswirkungen wird diese Ablehnung
haben?
Rainer Brüderle: Das wird zunächst zu
einer Pause der weiteren europäischen Fortentwicklung führen
und es wird auch ein Pause von weiteren Mitgliedschaften der EU
eingelegt.
Moderator: Ist die Währungsunion gescheitert?
Dergleichen wird angeblich schon diskutiert.
Rainer Brüderle: Sie ist nicht gescheitert,
sie hat auch viel Vorteile: Es zeigt aber auch rückwirkend,
dass der frühere Grundsatz der vorhergehenden Regierung, eine
Währungsunion erst zu etablieren, wenn auch eine politische
Union besteht durchaus begründet war.
BTSV: Wie stehen sie zu einer möglichen EU-Vollmitgliedschaft
der Türkei?
HH1910: Wie stehen sie zum einem möglichen
Beitritt der Türkei zur EU? Sind sie dafür oder dagegen?
Rainer Brüderle: Ich glaube, dass auf überschaubare
Zeit eine Vollmitgliedschaft von der Türkei und der Eu nicht
verkraftet werden kann. Dies kann allenfalls sehr langfristig entstehen.
Deshalb gibt es zig Modelle der intensiven Zusammenarbeit mit einem
besonders mit Deutschland eng befreundeten Land wie der Türkei
zu entwickeln.
Mimche: Wie steht die FDP zu den EU-Beitritt Bulgariens
nach den Referenden in Frankreich und Niederlanden.
Rainer Brüderle: Er ist ja im Prinzip bereits
beschlossen, muss aber in sehr sorgfältig überlegen Übergangregelungen
so gestaltet werden, dass weder Bulgarien noch die EU nachhaltigen
Schaden nehmen.
Thommas: Wie gedenkt die FDP bei der Frage der
Umsetzung der EU-Antidiskriminierungsrichtlinien inhaltlich vorzugehen?
Rainer Brüderle: Wir haben ein ganz klar
Position: nein zum Konzept von grün-rot.
Nur Umsetzung von dem, was in den Richtlinien zwingend geboten ist.
Das grün-rote Konzept würde zu einem bürokratischen
Monster führen.
berlin78: Wenn die FDP den Außenminister
stellt, welche Haltung wird es zur Kriegspolitik der USA geben?
Stimmt es, dass mit schwarz-gelb heute deutsche Soldaten im Irak
stehen würden?
rainer.schwesterle: Wie stehen Sie zur Wehrpflicht
und zum Einsatz der Bundeswehr im Irak?
Rainer Brüderle: Zum ersten. Auch unser Position
ist: keine Bundeswehr im Irak. Im Gegenteil, wir meinen, dass hier
kritische überprüft werden muss ob wir nicht schon zu
viel Bundeswehr an zu vielen Stellen in der Welt im Einsatz haben.
Zum zweiten Fragenkomplex: Die Wehrpflicht alter Prägung hat
sich überholt. Sie passt nicht mehr zu den Anforderungen an
eine moderne Armee. Bei friedenserhaltenden oder friedensschaffenden
Einsätzen kann man keine Wehrpflichtigen einsetzen, sondern
braucht freiwillige und professionelle Soldaten, moderne Waffentechnik
mit moderner Elektronik und modernen IT-Konzepten. Das fordert umfassend
ausgebildete und erfahrene Soldaten, die man so über eine Wehrpflicht
nicht erreichen kann. Die anderen großen Demokratien USA,
GB, FR, Italien und NL zum Beispiel sind längst auf dem Weg
zu Freiwilligenarmeen weg von der Wehrpflicht.
Moderator: Zurück zur Innenpolitik:
lix: Stimmt es das die FDP die gesetzliche Krankenversicherung
abschaffen will?
Rainer Brüderle: Die FDP will das Gesundheitssystem
wieder gesund machen. Wer in Deutschland Auto fährt, muss eine
Auto-Haftpflichtversicherung haben – sie ist der Mindestausstattung
festgelegt. Jeder sucht sich am Markt das für ihn beste Angebot.
Und genauso braucht, wer in Deutschland lebt, eine Anständige
Gesundheitsvorsorge. Die zwei Kernelemente umfassen 1. die Schwerstfallmedizin
für Jedermann – wer eine Herz-OP braucht, soll sie auch bekommen.
Und zweitens eine anständige Grundversorgung. Hier wollen wir
die Haftpflichtversicherung beim Auto zum Vorbild nehmen: Wir sind
überzeugt davon, dass wir bessere Ergebnisse erreichen, wenn
jeder selbst – wie bei der Haftpflichtversicherung im Autoverkehr
– seine Versicherungsleistung nachfragt. Damit fahren wir besser
als bei einer Einheitsversicherung. Was sich beim Autofahren bewährt
hat, gilt auch beim Krankenschutz.
Schlupfwinkel32: Herr Brüderle! Welche Wege
werden Sie in Bezug auf die gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaften
im Falle einer Regierungsbeteiligung gehen? Liberal oder konservativ?
Rainer Brüderle: Wir sind liberal und bleiben
liberal. Es ist für mich primär eine Toleranzfrage und
in dieser Frage hat sich die FDP mit der Bundesregierung abgestimmt.
Dabei bleibt es.
misterL: Warum will die FDP die Offenlegung der
Manager-Gehälter verhindern? Transparenz für Anteilseigner
muss doch möglich sein.
Rainer Brüderle: Sie will sie nicht verhindern.
Wir haben lange bevor der Bundeskanzler die Flucht in die Neuwahl
suchen musste eigene Initiativen in den Bundestag eingebracht, die
vorsieht die Eigentümerrechte zu stärken. D.h. konkret
bei einer Aktiengesellschaft entscheidet die Hauptversammlung. Das
sind die Eigentümer, die über die Höhe, über
die festen und variablen Bestandteile der Bezüge für die
arbeitenden Manager und über die Veröffentlichung oder
Nichtveröffentlichung dieser Gehälter entscheiden. Dies
entspricht dem Geist und den Grundprinzipien der sozialen Marktwirtschaft.
Moderator: Unsere Zeit ist schon wieder um. Vielen
Dank an alle User für das große Interesse. Etliche Fragen
sind leider unbeantwortet geblieben. Vielen Dank, Herr Brüderle,
dass Sie sich Zeit für den Chat genommen haben. Das Transkript
dieses Chats finden Sie auf den Seiten der Veranstalter. Den nächsten
Chat gibt es am Montag, den 06.06., ab 14.00 Uhr, mit dem saarländischen
SPD-Chef Heiko Maas. Das tacheles.02-Team wünscht allen noch
einen angenehmen Tag!
Rainer Brüderle: Ich bedanke mich bei den
Chat-Partnerinnen und Partnern für die interessanten Fragen,
die Offenheit für meine Antworten freue mich über die
Fortsetzung des Dialogs an dieser oder jener Stelle. Solange wir
miteinander Reden, haben wir noch nichts falsch gemacht. Herzliche
Grüße an alle!