Am Sonntag, den 26. Februar 2006, war Professor
Michael F.G. Schmidt, Leiter des Institut für Immunologie und
Molekularbiologie am Fachbereich Veterinärmedizin der Freien Universität
Berlin, zu Gast im tagesschau-Chat in Kooperation
mit politik-digital.de. Der Virologe beantwortete Fragen
zur Vogelgrippe und zur Wahrscheinlichkeit des Auftretens einer
Pandemie.
Moderator:
Liebe Bericht-aus-Berlin-Zuschauer, liebe tagesModerator: Liebe
Bericht-aus-Berlin-Zuschauer, liebe tagesschau.de-Leserinnen und
Leser, herzlich willkommen zum tagesschau-Chat zum Bericht aus Berlin.
Im ARD-Hauptstadtstudio begrüße ich Professor Michael
F.G. Schmidt, Leiter des Institut für Immunologie und Molekularbiologie
am Fachbereich Veterinärmedizin der Freien Universität
Berlin. Vielen Dank, Herr Schmidt, dass Sie sich heute die Zeit
genommen haben. Starten wir hiermit:
Sonntag: Besteht die Chance, den Virus weltweit
auszulöschen oder müssen wir ab heute ständig mit
der Gefahr leben.
Michael F.G. Schmidt: Der Virus, oder: das Virus,
lässt sich nicht auslöschen. Wir werden bestimmt einige
Jahre damit zu tun haben. Die Hoffnung besteht, dass es mit der
Zeit an Aggressivität verlieren wird, denn auch zu früheren
Zeiten hat es ähnliche Seuchen gegeben, die sich mit der Zeit
moderiert haben.
AlexP: Guten Tag Hr. Dr. Schmidt, ist es denn
sinnvoll sich für zu Hause für den Fall einer Pandemie
mit Mundschutz der Klasse FFP1 oder mehr auszurüsten?
Michael F.G. Schmidt: Das ist zunächst Unsinn.
Ich rate davon ab, in diese Richtung Investitionen zu tätigen,
weil völlig offen ist, ob wirklich und wann eine Pandemie zu
erwarten ist.
Delia: Wie ist ein Rhythmus von ca. 30 Jahren
für Pandemien zu erklären?
Michael F.G. Schmidt: Dafür gibt es keine
wissenschaftliche Erklärung. Dieser zeitliche Rhythmus basiert
einzig und allein auf den Beobachtungen von durch Influenza-Viren
verursachten Seuchen im letzten Jahrhundert. Die bekanntesten Pandemien
sind 1890, 1918, 1957, 1968 und 1977 gewesen. Das ist alles was
wir hierzu wissen.
sebastian-glas-m?: Guten Tag, ich sehe einerseits
die Feuerwehrleute, die in weißen Overalls und mit Atemschutz
Tiere abtransportieren, aber gleichzeitig heißt es, man könne
bedenkenlos am Strand spazieren gehen. Angenommen, quasi alle Vögel
wären H5N1 infiziert, besteht dann ein erhöhtes Risiko,
durch Kot an den Schuhsohlen, der in die Wohnung getragen wird?
Michael F.G. Schmidt: Man muss sich vorstellen,
dass das Virus nur an ganz wenigen Stellen in unserem Land auftreten
wird. Das Virus ist zudem sehr labil, es wird nach wenigen Stunden,
bzw. Tagen (abhängig von der Temperatur) inaktiviert. Die Schutzanzüge
der Sicherheitskräfte vor Ort dienen dazu, Tröpfcheninfektionen
oder Infektionen mit Staubpartikeln zu verhindern, die beim Hantieren
mit diesen toten Tieren in unmittelbarer Nähe des eigenen Körpers
theoretisch möglich ist. Vom Kot geht nur Gefahr aus, wenn
man unglücklicherweise eine größere Menge dieses
Materials in den Nasen-Rachenraum befördern würde.
Honesty: Kann das Medikament Tamiflu den Virus
bekämpfen oder verringert es nur die Vermehrung der Viren im
Körper?
Michael F.G. Schmidt: Beides ist richtig. Dadurch,
dass Tamiflu die Vermehrung bei dem Budding-Prozess der neu gebildeten
Virus-Partikel inhibiert, wird die Anzahl theoretisch verbreitbarer
Viruspartikel drastisch reduziert und damit dem Virus die Ausbreitung
blockiert.
Moderator: Was bedeutet Budding-Prozess?
Michael F.G. Schmidt: Budding ist die Ausschleusung
von Viruspartikeln aus der infizierten Zelle. Man muss sich vorstellen,
dass eine von einem Viruspartikel infizierte Zelle der Lungenschleimhaut
in der Lage ist, bis zu 5.000 neue Viruspartikel zu bilden. In Gegenwart
von Tamiflu sind diese 5.000 Viruspartikel in der infizierten Zelle
gefangen und können dem umliegenden Gewebe keinen Schaden mehr
zufügen.
Andreas G: Hallo, man nennt es immer Geflügelpest
– kann dieses Virus nach jetzigem Erkenntnisstand auf alle Vogelarten
übergreifen? Wenn ja, wäre eine Verbreitung auf dem großen
Festland (Asien und Europa) gar nicht mehr zu stoppen?
Michael F.G. Schmidt: Interessanterweise kann
sich das H5N1-Virus nicht in allen Vogelarten gleichermaßen
vermehren. Zum Beispiel wächst es in Tauben außerordentlich
schlecht. Das H5N1 ist vor allen Dingen auf Wasservögel spezialisiert,
die das Virus allerdings auch auf Hausgeflügel übertragen
können. Im Gegensatz zum Wassergeflügel, das das Virus
sehr oft tolerieren kann ohne zu erkranken, hat das Virus im Hausgeflügel
fatale Folgen – es bringt das Hausgeflügel (insbesondere Hühner)
innerhalb von 24 bis 48 Stunden um.
Tobias H: Es gibt doch seit vielen Jahren großes
Vogelsterben / Geflügelpest! Theoretisch hätten diese
Viren damals auch mutieren können. Warum lenkt man jetzt so
eine große Aufmerksamkeit auf die diesjährige Welle?
Michael F.G. Schmidt: Das liegt einfach daran,
dass das jetzt verbreitete H5N1-Geflügelpest-Virus unglücklicherweise
sehr viel leichter in der Lage zu sein scheint, auch auf Menschen
übergehen zu können. Frühere Geflügelpest-Viren
waren in der Natur ebenso weit verbreitet und haben auch je nach
ihrer genetischen Zusammensetzung zu empfindlichen Schäden
in der Geflügelwirtschaft geführt.
JpH: Wie wahrscheinlich ist denn mit einer Übertragung
des Virus auf den Menschen zu rechnen?
Michael F.G. Schmidt: Die Vergangenheit hat gezeigt,
dass das Virus prinzipiell in der Lage ist, auch in den Menschen
einzudringen, dies ist allerdings nur möglich, wenn die Betroffenen
einer sehr hohen Virusdosis ausgesetzt waren.
Shanghai: Warum sind die in der Türkei erkrankten
Kinder verstorben? Haben sie keinen Zugang zu Medikamenten? Ist
Ihnen in der Sache etwas bekannt?
Michael F.G. Schmidt: Es ist zu vermuten, dass
in diesen Fällen zu spät erkannt worden ist, woran diese
Kinder erkrankt waren und zudem ist anzunehmen, dass Tamiflu kaum
verfügbar war oder zu spät gegeben wurde.
moritz-cm: Da auch jetzt tote Vögel im oder
am Bodensee gefunden worden sind, wollte ich fragen, ob das auch
Auswirkungen auf die Wasserversorgung haben kann?
Michael F.G. Schmidt: Das ist gänzlich ausgeschlossen,
weil zu einer Infektion Milliarden von Viruspartikeln des Typs H5N1
erforderlich wären. Solche Virusmengen sind nur in unmittelbarer
Nähe infizierter Tiere möglich. Im Seewasser wären
etwaige Viruspartikel derart verdünnt und infolge ihrer Instabilität
schon nach kurzer Zeit zerstört.
Rita Koch: Kann man unbedenklich in Gewässern
baden, wenn dort kranke Tiere gefunden wurden?
Michael F.G. Schmidt: Das ist absolut möglich.
Es gibt keinerlei Infektionsrisiko, wenn man den Badefreuden nachgeht.
Anton Weigl: Wenn ich im Geschäft Eier kaufe,
so haftet an diesen gelegentlich noch etwas Kot, manchmal auch kleine
Federn. Besteht hieraus ein Infektionsrisiko?
Michael F.G. Schmidt: Das ist nur eine rein theoretische
Möglichkeit, die aber in der heutigen Praxis ausgeschlossen
werden kann, denn erstens legen infizierte Tiere keine Eier mehr,
zweitens gibt es ohnehin keinerlei H5N1 in unseren Geflügelbeständen.
FranziskaFranke: Wie kann es denn sein, dass nun
plötzlich das Virus hier auftritt, obwohl die Zugvogelsaison
noch gar nicht begonnen hat? Oder ist die Vogelgrippe schon länger
im Land, ohne dass es jemand bemerkt hätte?
Michael F.G. Schmidt: Das Virus ist nach Rügen
eingetragen worden von Vogeltrupps, die vorzeitig aus dem Baltikum
und aus Westrussland ein Ortsverlagerung vorgenommen haben. Über
diese – wahrscheinlich Singschwäne und Möwen – ist diese
Infektion in den Wildvogelbestand dieser Region getragen worden
und hat sich, dort langsam weiter verbreitet. Ein weiterer Eintrag
von H5N1-Viren durch den beginnenden Vogelzug ist keineswegs ausgeschlossen.
Deshalb sollte niemand überrascht sein, wenn dies Virus in
den nächsten Wochen und Monaten an weiteren Stellen unseres
Landes, oder der Nachbarländer, nachgewiesen wird.
Tyrael: Stimmt die Vermutung, dass eine für
uns gefährliche Mutation eher im asiatischen Raum auftreten
wird?
flyaway: Ich habe gehört, dass das Virus
nur in der Schleimhaut von Atemwegen von Schweinen so mutieren kann,
dass es für Menschen gefährlich werden kann und dass daher
die gemeinsame Haltung von Geflügel und Schweinen, wie sie
in Asien weit verbreitet ist, besonders kritisch ist. Stimmt das
und wenn ja, warum?
Michael F.G. Schmidt: Zur ersten Frage: Es ist
anzunehmen, dass eine potentielle Pandemie ihren Ursprung in Südostasien
nehmen wird, weil nur dort die sozio-ökonomischen Gegebenheiten
eine häufigere Infektion von Menschen ermöglichen. Dass
sich in unserem Land jemand mit H5N1 infizieren wird, halte ich
für extrem unwahrscheinlich, weil wir nicht mit infizierten
Hühnern in der Küche zusammenleben. Zur zweiten Frage:
Schweine scheinen bei dem H5N1-Virus keine Rolle zu spielen. Vielmehr
müssen wir befürchten, dass die entscheidenden Mutationen
nur auftreten werden, wenn das Virus in einem Menschen, der sich
unglücklicherweise infiziert hat, Gelegenheit zur Vermehrung
erhält, wobei (wie bei Influenza A-Viren immer der Fall) hier
ein Übungsfeld für erfolgreiche Mutationen gegeben ist.
Wenn eine Mutation erfolgt, die dem Virus erlaubt, bei einer erneuten
Infektion Menschen viel leichter zu befallen als anfangs, ist möglicherweise
der erste Schritt zur Pandemie gelungen. Wegen dieses Zusammenhangs
ist es immens wichtig, jegliche Infektionen von Menschen auszuschließen.
Das gelingt in unseren Regionen sicher leichter als in der Osttürkei,
in China oder in Thailand.
sorge: Meine Schwester hat schon im November Tamiflu
für die ganze Familie besorgt. Damals sagte mir die Hausärztin,
dass Tamiflu ungeeignet sei, weil das Virus doch anders aussehen
werde bei einer Pandemie. Jetzt fällt der Name Tamiflu in den
Medien und die Bevölkerung soll damit versorgt werden. Was
ist richtig?
Michael F.G. Schmidt: Tamiflu funktioniert bei
allen Influenza-A-Viren, so auch beim H5N1-Virus, oder daraus abgeleiteten
Formen, oder Mutanten. Nur wenn Tamiflu sehr lange genutzt worden
ist, und viele Leute es eingenommen haben, könnte es passieren,
dass das Virus beginnt, sich daran zu gewöhnen und sich wiederum
langsam so verändert, dass Tamiflu immer schlechter wirkt und
das Virus resistent gegen Tamiflu wird.
Moderator: Das heißt konkret: Tamiflu sollte
man nicht auf eigene Verantwortung nehmen, sondern nur auf Anweisung
eines Arztes?
Michael F.G. Schmidt: Das ist richtig. Tamiflu
sollte nur auf ärztliche Anordnung genommen werden. Wichtig
ist, dass man bei gravierenden Grippe-Symptomen möglichst bald
den Arzt aufsucht. Nicht prophylaktisch nehmen.
mick1723: Ist die ganze Sache mit der Vogelgrippe
nicht einfach nur reine Panikmache der Medien, genauso wie bei BSE,
nach einem Jahr wird keiner mehr darüber sprechen?
Michael F.G. Schmidt: Es ist zu hoffen, dass der
Zuschauer die Berichterstattung in den Medien nicht in erster Linie
als Panikmache versteht, sondern daraus lernt, was tatsächlich
durch dieses Virus bewirkt werden kann und wie man sich sinnvollerweise
gegen eine Infektion mit H5N1 schützen kann. Weiterhin ist
es wichtig, aus der Berichterstattung zu lernen, dass im Moment
für den Menschen in Deutschland keinerlei Bedrohung besteht,
dass vor allen Dingen Geflügelprodukte und Eier ebenso gut
sind, wie sie es immer waren und es also keinerlei Infektionsrisiko
gibt, wenn man solche Produkte verzehrt. Es ist sehr wichtig, dass
man sich dies zu Herzen nimmt, denn, wer auf die Berichterstattung
mit solcherlei Panik reagiert, schadet unserer Wirtschaft und sich
selbst auf empfindliche Weise.
Sonntag: Reagiert "die Politik " Ihrer
Meinung nach richtig auf die momentane Situation?
Michael F.G. Schmidt: Ich finde die Politik hat
hervorragend reagiert, ob nun SPD oder CDU-regierte Bundesländer
betroffen waren oder sind. Die positiven Ergebnisse sprechen für
sich: obwohl das Virus in Rügen gehäuft aufgetreten war,
ist es gelungen, eine massenhafte Verseuchung der umliegenden Gegenden
und Länder zu verhindern und vor allen Dingen sicher zu stellen,
dass Wirtschaftsgeflügelbestände bisher nicht betroffen
sind. Glücklicherweise gibt es auch keine Infektionen von Menschen
mit dem H5N1, was bestimmt auch darauf zurückzuführen
ist, dass die Menschen aus der Berichterstattung gelernt haben,
infizierte, verendete Tiere nicht zu berühren oder gar erkrankte
Tiere zur Pflege mit nach Hause zu bringen.
Thomas2006: Wird die Verbreitung des Erregers
H5N1 in den wärmeren Monaten im Frühjahr und Sommer zurückgehen
bzw. der Erreger verschwinden?
Michael F.G. Schmidt: Davon ist auszugehen. Deshalb,
und nicht nur deshalb, hoffen wir alle möglichst bald auf frühlingshafte
Temperaturen.
Moderator: Welche Temperaturen werden für
das Virus kritisch?
Michael F.G. Schmidt: Schon bei Raumtemperatur
von ca. 22 Grad Celsius verliert das Virus rapide an Infektionskraft.
Ich scheue mich, hier genaue Zahlen zu nennen, weil dies von der
genauen Umgebung der Viruspartikel abhängt (PH-Wert, Ionen,
Detergenz).
caburger: Wieso hat sich der Erreger im Süden
von Asien so gut halten können, wo es doch dort noch deutlich
wärmer ist als bei uns?
Michael F.G. Schmidt: Das Virus hat sich in der
Wildvogelpopulation, insbesondere in Wasservögeln gehalten.
Es hält sich nicht etwa isoliert auf im Erdreich, oder in Seen
oder im Wasser, sondern es hält sich in der Region innerhalb
der Wasservögel und Wildvögel und wird von infizierten
Tieren vor allen Dingen im direkten Kontakt an nicht-infizierte
Tiere weitergegeben. Und hier tritt die Infektion insbesondere in
Erscheinung wenn Wirtschaftsgeflügel – vor allen dingen Hühner
– infiziert wurde, weil diese nach kurzer Zeit sterben.
Jens M: Ist davon auszugehen, dass der Virus im
nächsten Winter wiederkommt?
Michael F.G. Schmidt: Das ist durchaus möglich,
weil das H5N1 in Wasservögeln relativ weit verbreitet zu sein
scheint.
Kleiber: Bin grippegeimpft. Schützt mich
das gegen das Virus?
jörg heyn: Ist es sinnvoll, sich jetzt noch
gegen Grippe impfen zu lassen?
Michael F.G. Schmidt: Die Grippeimpfung ist unter
allen Umständen ratsam, denn sie reduziert die Chance, dass
sich im Falle einer Mischinfektion (normales Grippe-Virus plus H5N1-Virus)
ein
neuer Stamm bilden kann, der unter Umständen in der Lage ist,
von Mensch zu Mensch überzuspringen. Die Grippeimpfung schützt
natürlich nicht direkt vor einer Infektion mit H5N1, weil bei
letzterem Virus völlig andere antigene Strukturen wirken als
beim herkömmlichen humanen Grippevirus, gegen das wir mit Hilfe
der Impfung einen Antikörperschutz verleihen.
Moderator: Es wird unterschieden zwischen „hoch-pathogenem“
und „niedrig-pathogenem“ H5N1-Virus. Können Sie
uns den Unterschied kurz erklären?
Michael F.G. Schmidt: Ich will es nicht molekular
erklären. Aber man kann einfach sagen, dass das nicht pathogene
Virus lediglich im Rachenraum leben kann und dort Schäden verursachen
kann, wohingegen das hoch pathogene Virus sich im gesamten Körper
ausbreiten kann und sogar das Gehirn befallen kann.
David22: Wie unterscheidet sich der Krankheitsverlauf
einer "H5N1-Grippe" beim Menschen von einer normalen Grippe?
Anders gefragt: Muss es erst zu einem Todesfall gekommen sein, bis
das Virus nachgewiesen wird oder gibt es bereits vorher Anzeichen,
die einen Arzt misstrauisch machen?
Michael F.G. Schmidt: Ich bin kein Humanmediziner
und möchte denen nicht in die Parade fahren. Man sollte dazu
die Homepage des Robert-Koch Instituts konsultieren. Als Nicht-Mediziner
kann ich immerhin sagen, dass eine H5N1-Infektion zu gravierenden
Veränderungen der Lunge führt, was eine furchtbare Lungenentzündung
verursacht und dass sich das Virus auch in weiteren inneren Organen
ausbreitet und dort Schäden verursacht.
Moderator: Und noch sehr konkret:
uwoltma: Direkt über meinem Schlafzimmerfenster
befinden sich mehrere Schwalbennester. Könnte das gefährlich
werden?
Michael F.G. Schmidt: Kann nicht gefährlich
werden. Bisher sind noch keine H5N1-infizierten Schwalben festgestellt
werden.
goofer: Welche anderen Tiere außer Vögel
können sich denn infizieren?
Michael F.G. Schmidt: Prinzipiell können
mit H5N1 eine ganze Reihe von Säugetieren infiziert werden.
Dies ist allerdings vor allen Dingen in Laborexperimenten gelungen.
Aus der Natur gibt es praktisch keine Belege für eine natürliche
Infektion, beispielsweise von Katzen oder Hunden mit dem H5N1-Virus.
Scrat: Was fehlt dem H5N1-Virus noch, um von Mensch
zu Mensch zu Mensch überspringen zu können? Und wie groß/klein
ist dieser Schritt?
Michael F.G. Schmidt: Das kann man nicht quantifizieren
und man kann es auch nicht werten. Das ist ein Spiel der Natur,
die über die verschiedensten Mutationen an den elf Genprodukten
(Eiweißen) unter Umständen ein fatales Virus hervorbringen
könnte. Einen Punkt kann man vielleicht doch spezifizieren:
Grundvoraussetzung für die Menschengängigkeit eines solchen
neuen Pandemie-Virus ist das Erlernen eines effizienten Andockens
an den beim Menschen typischen Rezeptor, der sich zum Glück
vom entsprechenden Rezeptor der Vögel unterscheidet.
gert: Immer mehr tote Vögel werden gefunden.
Ist denn noch Laborkapazität vorhanden, all diese Funde ordnungsgemäß
zu untersuchen?
Michael F.G. Schmidt: Sehr gute Frage. Es ist
ein großes Problem, alle Tiere zu untersuchen. In der Tat
werden im Wesentlichen Wasservögel angeschaut, die als Hauptüberträger
des Virus gelten. Andere Vogelarten müssen erst einmal in die
Warteschleife, weil es nicht genügend Personal für die
aufwändigen Untersuchungen gibt.
Moderator: Das waren unsere 60 Minuten Chat zum
Thema Vogelgrippe. Herzlichen Dank an Sie, Professor Schmidt, dass
Sie sich Zeit für den Chat genommen haben. Das Protokoll des
Chats finden Sie zum Nachlesen auf www.tagesschau.de, www.berichtausberlin.de
und www.politik-digital.de. Der nächste Chat ist für den
Montag, dreizehnten März geplant. Dann stellt sich ab dreizehn
Uhr Entwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul Ihren Fragen.
Wir wünschen allen Beteiligten noch einen angenehmen Sonntagabend!
Heute Abend hatten unsere Moderatoren mit sehr vielen Fragen zu
tun. Leider konnten nicht alle an Herrn Prof. Schmidt weitergeleitet
werden. Wir möchten jedoch auf das aktuelle Dossier zum Thema
auf tagesschau.de hinweisen, wo auch eine Info-Hotline des Landwirtschaftsministeriums
genannt wird. Zudem fragten sehr viele Nutzer nach Gefahr für
Hund und Katze und mögliche Übertragungswege. Diese Frage
wurde auch bereits im ersten unserer Chats mit Prof. Wieler ausführlich
behandelt, ich empfehle das Transkript des Chats vom vergangenen
Mittwoch.