Am 24. April 2007 war der Vorsitzende des parlamentarischen
Kontrollgremiums, Max Stadler (FDP), zu Gast im tagesschau-Chat
in Kooperation mit politik-digital.de. Er sprach über die Macht
des Parlamentes über den Bundesnachrichtendienst, den Umgang
mit RAF-Tätern und das Verhältnis von Sicherheit und Freiheit.
Moderator: Liebe Politik-Interessierte,
herzlich willkommen zum tagesschau-Chat. Unser Gast im ARD-Hauptstadtstudio
ist heute Max Stadler, Vorsitzender des parlamentarischen Kontrollgremiums
und FDP-Obmann im BND-Untersuchungsausschuss. Vielen Dank fürs
Kommen, Herr Stadler. Neben Geheimdienstkontrolle und Innerer Sicherheit
darf es natürlich auch um andere Themen gehen und Ihre Fragen
können Sie natürlich wie immer jederzeit stellen, sie
werden gesammelt. Können wir beginnen?
Max Stadler: Ja.
sonja_braun: Brauchen wir keinen Untersuchungsausschuss,
um den RAF-Mord an Siegfried Buback aufzuklären? Warum reagiert
die Politik hier so verhalten?
Max Stadler: Wir brauchen den Ausschuss noch nicht,
denn es gibt ja Aufklärungsmöglichkeiten im Parlamentarischen
Kontrollgremium, das morgen tagt. Auch der Innenausschuss des Bundestages
wird der Regierung kritische Fragen stellen. Erst wenn man dann
keine befriedigenden Antworten erhalten haben sollte, wären
weitere Schritte zu überlegen.
Moderator: Aber Sie schließen es nicht aus,
dass dieses Thema Gegenstand eines Untersuchungsausschusses werde
könnte?
Max Stadler: Ein Untersuchungsausschuss befasst
sich normalerweise mit Vorgängen, die noch nicht allzu lange
zurückliegen. Hier steht ja der Vorwurf im Raum, dass in den
80er Jahren Informationen zurückgehalten worden sind. Das liegt
mehr als zwei Jahrzehnte zurück. Deswegen glaube ich im Moment
noch nicht, dass ein Untersuchungsausschuss kommen wird.
Moderator: Grundsatzklärungsbedarf:
unwissender: Worin liegt eigentlich der Unterschied
zwischen dem Untersuchungsausschuss und dem Parlamentarischen Kontrollgremium?
Max Stadler: Das Parlamentarische Kontrollgremium
tagt grundsätzlich geheim und darf nur ausnahmsweise seine
Erkenntnisse veröffentlichen. Ein Untersuchungsausschuss tagt
prinzipiell öffentlich und macht daher die Geschehnisse für
die Bevölkerung transparenter.
Paulchen: Macht es Sinn, den RAF-Tätern so
viel Medienaufmerksamkeit zu geben? Ein Mord mehr oder weniger –
was macht das bei den begangenen Grausamkeiten für einen Unterschied?
Max Stadler: Es ist richtig, dass es sich bei
den RAF-Tätern meist um vielfache Mörder handelt. Aber
wir haben aus Äußerungen von Angehörigen der Opfer
gelernt, dass es für sie schon sehr bedeutsam ist, die wahren
Tathergänge zu erfahren. Und auch die Öffentlichkeit hat
daran ein Interesse.
S.Habers: Liegt hier nicht der Verdacht nahe,
dass die Regierung dieses Thema mit der Begründung, die Geschehnisse
seien schon so alt, unter den Tisch fallen lassen möchte?
Max Stadler: Das wird der Regierung nicht gelingen.
Denn selbst wenn wir uns nicht für einen Untersuchungsausschuss
entscheiden sollten, gibt es für das Parlament ja andere Möglichkeiten
der Kontrolle. Morgen tagt zum Beispiel der Innenausschuss, und
ich bin sicher, dass sich dieses Gremium nicht mit einer mangelhaften
Aufklärung zufrieden geben wird.
gruenerlinker: Was ist Ihre Position zum Fall
Christian Klar? Saß er mehr oder weniger „unschuldig"
im Gefängnis?
Max Stadler: Das ergibt sich ja auch aus den neuen
Aussagen nicht. Christian Klar wurde als Mittäter verurteilt,
und es wird ja nicht etwa behauptet, dass er bei der Ermordung von
Herrn Buback nicht dabei gewesen sei.
BNDler: Sollte Christian Klar angesichts der neuen
Entwicklungen im Fall Buback nicht begnadigt werden?
Max Stadler: Das ist eine Entscheidung, die der
Bundespräsident zu treffen hat. Es steht mir nicht zu, dem
Bundespräsidenten Ratschläge zu geben. Ich glaube aber,
dass die Neuentwicklung keinen besonderen Einfluss auf diese Entscheidung
nehmen wird, sondern dass der Bundespräsident andere Faktoren,
wie beispielsweise die schon lange Haftdauer von Christian Klar,
in seine Entscheidung einbeziehen wird.
Moderator: Sie waren Richter: Welche Faktoren
werden noch bei einer solchen Begnadigung berücksichtigt –
oder müssen berücksichtigt werden?
Max Stadler: Wir müssen unterscheiden zwischen
einer Entlassung auf Bewährung, die ein Gericht im Fall von
Christian Klar im Jahre 2009 aussprechen könnte. Da kommt es
vor allem auf die Frage an, ob der Verurteilte heute noch eine Gefahr
für die Gesellschaft darstellt. Also auf die so genannte soziale
Prognose. Bei einer Gnadenentscheidung durch den Bundespräsidenten
ist dieser völlig frei, nach welchen Gesichtspunkten er entscheidet.
moeglichewelten: Sind Klars jüngste antikapitalistischen
Meinungsäußerungen als juristische Argumentationsgrundlage
gegen Hafterleichterung et cetera heranziehbar, beziehungsweise
gerichtlich verwertbar?
Max Stadler: Es gibt kein Gesinnungsstrafrecht.
Deswegen spielt es keine Rolle, welche politischen Auffassungen
jemand äußert. Entscheidend ist nur, ob daraus ein Schluss,
zum Beispiel auf fortbestehende Gewaltbereitschaft gezogen werden
könnte. Dies haben dann unabhängige Richter zu entscheiden.
Moderator: Und Ihre Bewertung der Entscheidung
für Hafterleichterungen?
Max Stadler: Wir haben Gewaltenteilung. Richter
entscheiden unabhängig von der Meinung von Parlamentariern.
Soweit ich das mitbekommen habe, hat das Gericht in vorsichtiger
Weise Vollzugslockerungen beschlossen, wie sie durchaus üblich
sind, bevor ein Gefangener später in die Freiheit entlassen
wird. Ich habe dies nicht zu kritisieren.
heintje: Warum, wenn es denn so wäre, hat
die Regierung Informationen über den richtigen Tathergang im
Fall Buback zurückgehalten? Welche Gründe und Motive könnte
Sie gehabt haben?
Max Stadler: Darüber kann ich im Moment auch
nur spekulieren. Denkbar wäre, dass die Informationen nicht
beweiskräftig genug waren für ein Gerichtsverfahren. Möglich
wäre auch, dass man Informanten nicht nennen wollte, um sie
zu schützen. Dann hätte aber ein Weg gefunden werden müssen,
die Informationen in anonymisierter Form der Justiz zur Verfügung
zu stellen. Daher warte ich selber mit Spannung darauf, welche Erklärung
die Bundesregierung geben wird.
Moderator: Sie werden sich morgen im Kontrollgremium
mit den Vorwürfen an die Geheimdienste in Sachen Buback-Mord
auseinander setzen. Wie wird das konkret ablaufen? Kommen da Akten
auf den Tisch, gibt es eine Power-Point-Präsentation oder wie
muss man sich das vorstellen?
Max Stadler: Die Bundesregierung gibt dem Kontrollgremium
einen Bericht, der logischerweise erst einmal ihre Sicht der Dinge
enthält. Wenn uns das nicht ausreichend erscheint, haben wir
die Möglichkeit, Akten einzusehen. Das schärfste Schwert
bleibt natürlich ein Untersuchungsausschuss. Einen solchen
haben wir vor gut einem Jahr zu anderen Themen genau deswegen beschlossen,
weil damals die Berichte der Bundesregierung im Kontrollgremium
offenkundig lückenhaft waren.
Thoms L.: Ich habe manchmal das ungute Gefühl,
das das Recht in diesem Land nicht für jeden gleich ausgelegt
wird. Wie denken Sie darüber?
Max Stadler: Das wäre das Schlimmste, was
einer Rechtsordnung passieren kann, wenn die Bürger das Gefühl
haben, dass ihr Grundrecht auf Gleichbehandlung nicht ernst genommen
würde. Deswegen gibt das Grundgesetz der Politik und allen
staatlichen Behörden den Auftrag, gleiche Sachverhalte gleich
zu behandeln. Dass dies nicht immer eingehalten wird, zeigen viele
Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts, mit denen Gesetze
wegen eines Verstoßes gegen den Gleichheitsgrundsatz aufgehoben
worden sind.
ursel: Müssen die Kontrollbefugnisse des
Parlamentes Ihrer Meinung nach erweitert werden? Wie weit könnten
diese gehen?
Max Stadler: Eindeutig ja. Derzeit ist das Kontrollgremium
darauf angewiesen, dass die Bundesregierung von sich aus über
wichtige Vorgänge berichtet. Oder dass die Medien bestimmte
Missstände aufdecken. Ein Reformvorschlag lautet daher, den
Mitarbeitern der Geheimdienste das Recht zu geben, sich unmittelbar
an das Kontrollgremium zu wenden, wenn sie uns Fehlentwicklungen
mitteilen wollen. Dieses Recht gibt es bisher nicht.
Moderator: Sie setzen also auch ein bisschen auf
die Selbstkontrolle der Geheimdienste – wo man doch sagt, eine Krähe
hackt der anderen kein Auge aus.
Max Stadler: Aber genau die Insider wissen doch
am Besten, was in ihren Behörden schief läuft. Wenn man
sie zum Stillschweigen verurteilt, ist es natürlich umso schwieriger
für ein Kontrollgremium, wirklich zu erfahren, was gespielt
wird.
Moderator: Wie sehr braucht das Kontrollgremium
das Interesse der Öffentlichkeit? Ohne Öffentlichkeit
versanden die Untersuchungen, oder?
Max Stadler: Untersuchungsausschüsse brauchen
auf alle Fälle das Interesse der Öffentlichkeit. Wir haben
im BND-Untersuchungsausschuss gesehen, dass sich aufgrund der öffentlichen
Berichterstattung Zeugen gemeldet haben, von denen wir bis dahin
gar nichts wussten. Das Kontrollgremium tagt bekanntlich geheim.
Da müssten die Möglichkeiten erweitert werden, die Öffentlichkeit
zumindest nach den Sitzungen besser als bisher über die Ergebnisse
zu informieren.
Joachim: Wie kann man Geheimdienste vernünftig
kontrollieren, wenn sie sich ständig weigern, Informationen
herauszurücken (mit dem Argument des Quellenschutzes)? Stellen
sie nicht einen „Staat im Staate" dar? Vielen Dank für
Ihre Antworten.
Max Stadler: Geheimdienste lassen sich nach meiner
Erfahrung in der Tat nicht hundertprozentig kontrollieren durch
ein parlamentarisches Gremium. Dennoch ist die Bereitschaft der
Dienste, sich der Aufsicht des Parlaments zu stellen, in den letzten
Jahren deutlich gewachsen. Die Hauptverantwortung für die Kontrolle
trägt übrigens das Bundeskanzleramt.
stenzel2: Sie haben die Bundesregierung für
ihr Vorgehen im Fall Kurnaz scharf kritisiert. Muss aber nicht Terrorabwehr
Vorrang vor Einzelschicksalen haben?
Max Stadler: Das ist die zentrale Frage im Fall
Kurnaz. Meiner Meinung nach muss auch bei der Terrorabwehr beachtet
werden, welche Auswirkungen staatliche Maßnahmen auf das Schicksal
eines einzelnen Menschen haben. Wenn man wie gegenüber Herrn
Kurnaz eine Einreisesperre verhängt, dann braucht man dafür
schon Beweise, die es eben gegen Herrn Kurnaz nicht in ausreichender
Form gegeben hat.
norton: Wie hätte sich die Bundesregierung
Ihrer Meinung nach im Fall Kurnaz verhalten sollen?
Max Stadler: Die Bundesregierung hätte sich
vergewissern müssen, ob – wie sie nur vermutet hat – die Türkei
bereit war, ihren Staatsbürger Murat Kurnaz aus Guantanamo
herauszuholen. Da dies nicht geschehen ist und Herr Kurnaz in Deutschland
geboren ist und ausschließlich hier gelebt hat, hätte
sich die Bundesregierung bei den USA für die Freilassung und
Wiedereinreise von Herrn Kurnaz einsetzen müssen. Genau dies
hat übrigens später die neue Bundeskanzlerin Angela Merkel
getan.
Moderator: Machen Sie da einen Unterschied bei
Ihrer Forderung hinsichtlich der Lage 2002 und der Situation 2005?
Max Stadler: Diesen Unterschied nimmt ja Herr
Steinmeier für sich in Anspruch. Ich kann aber nicht verstehen,
warum Herr Steinmeier als Außenminister im Jahre 2006 bei
den USA gemeinsam mit Frau Merkel die Freilassung von Herrn Kurnaz
aus Guantanamo betrieben hat, im Jahre 2002 dagegen mitentschieden
hat, dass es eine Einreisesperre gegen Kurnaz gab. Ich kann nicht
erkennen, warum man im Jahre 2002 nicht schon genauso gehandelt
hat, wie dann später im Jahr 2006.
Moderator: Zweimal zum gleichen Thema:
recht: Wieso sollte denn die Bundesregierung für
Kurnaz verantwortlich gewesen sein, wenn dieser doch meines Wissens
türkischer Staatsbürger ist?
claus: Weshalb lag die Verantwortung für
Murat Kurnaz Ihrer Meinung nach bei der Bundesregierung und nicht
bei der türkischen Regierung?
Max Stadler: Ich bin auch der Meinung, dass es
eine Verantwortung der türkischen Regierung gab. Aber da Herr
Kurnaz seit seiner Geburt in Deutschland lebte, gab es eben auch
eine menschliche Verantwortung der Bundesregierung, wenn auch keine
juristische. Vielleicht ist ein Vergleich erlaubt: Wenn in meinem
Haus ein Mieter lebt, bin ich als Hausherr für ihn nicht so
verantwortlich, wie für meine eigenen Familienangehörigen.
Aber doch stärker verantwortlich als für einen wildfremden
Dritten.
Thoms L.: Ich denke, dass seit einiger Zeit im
Namen der Terrorabwehr immer mehr Kontrollen für den Bürger
eingeführt wurden. Kann es sein, das man so die freiheitlichen
Grundrechte einer Demokratie untergräbt?
Max Stadler: Ja, leider sehe ich genau diese Tendenz.
Auch durch eine gute Absicht, nämlich unbestreitbare Gefahren
durch den Terrorismus abzuwehren, ist der Staat nicht davor gefeit,
bei seinen Maßnahmen über das Ziel hinaus zu schießen.
So hat das Bundesverfassungsgericht beispielsweise den Gesetzgeber
korrigieren müssen, als eine Mehrheit im Bundestag gegen die
Stimmen der FDP beschlossen hatte, den Abschuss von Passagierflugzeugen
zuzulassen und damit das Leben unschuldiger Passagiere und der Flugzeugbesatzung
zu vernichten.
TheoLodz: Herr Stadler, was sagen Sie zu der Niederlage
Schäubles bei der Fingerabdruckdiskussion? Lehnt er sich mit
seinen Forderungen zu weit aus dem Fenster?
Max Stadler: Leider hat in der Vergangenheit die
SPD, und vor allem auch Bundesjustizministerin Zypries, schon viel
zu vielen Gesetzen zugestimmt, die die Freiheit unnötig einschränken.
Zuletzt hat die Regierung ja beschlossen, dass alle unsere Telefonverbindungsdaten
für sechs Monate gespeichert werden, also Millionen Daten unverdächtiger
Bürgerinnen und Bürger. Daher war es höchste Zeit,
dass endlich einmal Herr Schäuble sich in der Frage der Fingerabdrücke
nicht durchgesetzt hat.
Moderator: Ist das Thema „Fingerabdruck-Abruf
online“ für die Polizei, ob zentral oder dezentral, für
Sie endgültig vom Tisch?
Max Stadler: Leider nein. Die Sachverständigenanhörung
im Innenausschuss hat gestern ergeben, dass es am Besten wäre,
auf Fingerabdrücke in Reisepässen völlig zu verzichten.
Die Gefahr eines Missbrauchs von kopierten biometrischen Daten ist
nicht auszuschließen. Außerdem befürchte ich, dass
die Regierung doch über kurz oder lang wieder mit der Forderung
nach einer zentralen Fingerabdruckdatei kommen wird.
Moderator: Schäubles Salamitaktik?
Max Stadler: Man hat den Eindruck, dass Herr Schäuble
eine so große Zahl offenkundig undurchsetzbarer Vorschläge
macht, um im Wege des „Kompromisses" dann doch einiges
durchzubringen. Dagegen hilft nur eine aufmerksame, kritische Öffentlichkeit
und eine konsequente Opposition im Bundestag.
harry: Der nordrhein-westfälische Innenminister
Wolf (FDP) ist weiterhin für Online-Durchsuchungen, zum Beispiel
bei Terrorverdacht. Die Bundes-FDP spricht sich klar dagegen aus.
Warum?
Max Stadler: Bisher gab es bereits Online-Durchsuchungen
von Privat-PCs ohne rechtliche Grundlage. Minister Wolf ist der
Meinung, dass man diesen Wildwuchs beschneiden muss, indem man für
Online-Durchsuchungen strenge Kriterien formuliert. Seine Absicht
besteht also darin, Online-Durchsuchungen einzuschränken. Die
FDP-Bundestagsfraktion geht aber noch einen Schritt weiter und möchte
auf dieses Mittel ganz verzichten, weil heimliches Mitlesen des
Staates in privaten PCs unserer Meinung nach zu stark in die Intimsphäre
eingreift.
recht: Was geht denn Ihrer Meinung nach vor? Recht
auf Privatsphäre oder Recht auf Sicherheit? Ist beides noch
miteinander vereinbar?
Max Stadler: Ich versuche, eine Lösung darin
zu finden, dass der Staat bei allen Maßnahmen für die
Sicherheit so wenig wie möglich in die Privatsphäre eingreifen
darf. Unter Juristen nennt man dies den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit
der Mittel. Da es absolute Sicherheit nicht gibt, wäre zu viel
von unserer persönlichen Freiheit verloren, wenn, beispielsweise
beim Abhören von Telefonen und beim Mitlesen von Briefen oder
E-Mails, sich der Staat nicht mehr auf das unbedingt Notwendige
beschränken würde.
utelemper: Wieso kann Schäuble für so
einen irren Plan („Bundestrojaner“) eine Mehrheit bekommen?
Wird die Angst vor Terror nicht zu übertrieben dargestellt?
Nutzt Schäuble die Angstmache nicht einfach, um seine „Stasi
2.0 "-Pläne durchzusetzen?
Max Stadler: Wir haben tatsächlich erlebt,
dass nach jedem schlimmen Vorfall, wie beispielsweise den Bombenanschlägen
in Madrid oder London oder den versuchten Anschlägen mit Kofferbomben
auf Bahnhöfen in Deutschland, manche Politiker sofort reflexartig
nach schärferen Gesetzen rufen. Die FDP plädiert für
eine besonnene Innenpolitik. Ich hoffe, dass sich im Bundestag immer
mehr Abgeordnete unserer Position anschließen.
Xabbu: Wie sehen Sie die Gefahr des Missbrauchs
bei der Online-Durchsuchung? Der Ermittler wäre in der Lage,
die angeblichen Beweise selber hochzuladen.
Max Stadler: Da diese Gefahr des Missbrauchs nicht
völlig auszuschließen ist – obwohl ich unseren Behörden
die von Ihnen genannte Schweinerei nicht zutraue – ist es besser,
wenn der Gesetzgeber den Plänen für eine heimliche Online-Durchsuchung
von PCs die rote Karte zeigt. Wenn dies der Bundestag nicht tut,
wird das Bundesverfassungsgericht solche Gesetze stoppen.
Moderator: Für den Fall, dass man brisantes
Wissen hat:
Joachim: Wie kann der Bürger an das parlamentarische
Kontrollgremium herantreten?
Max Stadler: Das Kontrollgremium hat ein Sekretariat,
das unter der Adresse des Bundestages erreichbar ist und mit dem
man sich in Verbindung setzen kann.
Moderator: Das waren 60 Minuten tagesschau-Chat
bei tagesschau.de und politik-digital.de. Vielen Dank Herr Stadler,
dass Sie sich Zeit genommen haben. Das Protokoll des Chats ist wie
immer in Kürze zum Nachlesen auf den Seiten von tagesschau.de
und politik-digital.de zu finden. Das tagesschau-Chat-Team dankt
allen Teilnehmern für Ihr Interesse und die zahlreichen Fragen
und wünscht noch einen angenehmen Tag.
Max Stadler: Dankeschön. Ich wünsche
auch allen Teilnehmern und allen, die mitgelesen haben, einen schönen
Dienstag.