Am Dienstag, 18. September, war der bloggende Polizist Guido Karl zu Gast in der Blogsprechstunde, dem Chat von politik-digital.de und den Blogpiloten. Er erklärte, wie sich
die Polizei im Internet darstellt und welche Impulse sie von internationalen Websites übernehmen könnte.

 

Moderator: Hallo und herzlich willkommen bei der
Blogsprechstunde, dem Chat von politik-digital.de und den Blogpiloten.
Heute ist der bloggende Polizist Guido Karl unser Gast. Ab 16 Uhr
wird er hier mit Ihnen chatten. Ihre Fragen können Sie jetzt
schon stellen, wir Moderatoren sammeln sie hier, nichts geht verloren.

Jetzt ist es vier und los geht’s. Können wir beginnen, Herr
Karl?

Guido Karl: Gerne

Guido Karl
Guido Karl
bloggender Polizist auf k11.de/blog

Moderator: Unsere Nutzer konnten bereits im Vorfeld
Fragen stellen und darüber abstimmen, welche Fragen heute den
Chat eröffnen sollen. Und hier ist die erste:

Peter: Wie reagieren die Kollegen auf den Blog?
Kommen da schon mal blöde Sprüche?

Guido Karl: Nein, blöde Sprüche kommen
nicht, die Nutzung neuer Medien und Wege ist zwar nicht allen Kollegen
so vertraut, trotzdem stehen meine Kollegen dem positiv gegenüber.

Moderator: Ganz allgemein gefragt:

carol: Wie kommt man als Polizist eigentlich zum
Bloggen?

Guido Karl: Durch meinen Besuch des ersten Barcamps
in Köln (2006) und den engeren Kontakt zu Bloggern und Internetnutzern.
Das war für mich der Start.

SherlockHolmes: Ist der Durchschnittspolizist nicht
noch recht unbeholfen, was das Internet jenseits von Google und
E-Mail angeht?

Guido Karl: 🙂 Polizei ist ein Querschnitt der
Gesellschaft. Und dort gibt es eben wie in allen anderen Bereichen
moderat engagierte Internetnutzer und Internetjunkies.

Riese: Auf Ihrem Blog schrieben Sie davon, auch
mit Vorurteilen gegenüber der Polizei aufräumen zu wollen.
Was für Vorurteile sind Ihnen denn schon begegnet?

Guido Karl: Polizei unternimmt nichts im Internet,
Polizei ist nicht qualifiziert genug, Polizei reagiert nur und agiert
nicht…das sind einige Beispiele gängiger Vorurteile gegenüber
Polizei und Internet.

Moderator: Und wie versuchen Sie dann, diese zu
widerlegen?
Guido Karl: Durch Aufklärung, Gespräche auf Barcamps und
anderen Veranstaltungen wie z.B. Pl0gbar.

Kevin: Welcher Blogeintrag hat bisher die meisten
Reaktionen hervorgerufen?

Guido Karl: Themen rund um den Bundestrojaner sind
natürlich auf der Hypewelle ganz oben, aber auch auf die präventiven
Videos habe ich viele Rückmeldungen bekommen. Das, was in der
Presse aktuell diskutiert wird und die Menschen selber betrifft.

Moderator: Stichwort Bundestrojaner: Wie stehen
Sie als Polizist zu den Plänen von Wolfgang Schäuble zu
Online-Durchsuchungen?

Guido Karl: Wer sich an geltendes Recht hält,
braucht auch keine Angst vor Maßnahmen von Ermittlungsbehörden
zu haben, egal ob offline oder online. Es ist ja nicht so, als würden
jetzt auf einmal alle in Deutschland befindlichen Internetrechner
überwacht. Ich denke, die öffentliche Diskussion wird
gerade bei dem Thema überbewertet.

bla: Wie intensiv beobachten Sie die Blogosphäre?
Was gefällt Ihnen da, was weniger?

Guido Karl: Ich habe circa 15 Blogs, die ich regelmäßig
lese. Von sehr bunten Blogs wie Saftblog oder pl0g bis hin zu den
einschlägigen Lawblogs. Mir gefällt Qualität, aber
auch schon mal ausgefallene Themen. Die Mainstreamblogs sind nicht
so mein Ding.

kr: Was für Reaktionen kommen denn von anderen
Bloggern auf einen Polizeiblog?

Guido Karl: Erstaunen, gelassene Beobachtung bis
hin zu „Brauchen wir nicht“ – mit all diesen Reaktionen
kann ich gut leben. Ich lese ja auch nicht jeden neuen Blog.

Kruse: Wie viel dürfen Sie eigentlich im Blog
verraten und welche Inhalte haben dort gar nichts verloren?

Guido Karl: Die Frage könnte auch lauten „hat
die Polizei eine Blogging-Policy?“ – Nein, haben wir nicht.
Für Polizei regeln Gesetze wie das Landesbeamtengesetz Rechte
und Pflichten und man kann ziemlich klare Grenzen ziehen. Sachverhalte
mit personenbezogenen Daten würde ich niemals veröffentlichen.
Keiner möchte ja gerne seinen Namen in einem vielleicht negativen
Zusammenhang in einem Blog lesen.

Hausmeister: Es gibt ja auch einen Polizeiblogger
– Steel – der Notrufprotokolle anonymisiert veröffentlicht.
Was halten Sie davon?

Guido Karl: Steel beschreibt Polizei, wie sie ist
und was für Anrufe bei einer Leitstelle der Polizei (über
110) so ankommen. Das zeigt, dass man Content nicht erfinden muss,
Polizei hätte unendlich viel Content um viele Blogs zu füllen.
Contentsuchende werden hier fündig: http://www1.polizei-nrw.de/presseportal.
Da gibt es ungefähr 300 echte Meldungen pro Tag aus ganz NRW.
Ein Riesenblog eigentlich.

Henryk: Was halten Sie denn von polizeilichen Pseudo-Innenansichten
im TV wie „Toto und Harry“?

Guido Karl: Toto und Harry sind zwei Kollegen aus
Bochum, die ich bereits persönlich kennen gelernt habe und
schätze. Und was als „Pseudo“ abgetan wird, ist
in den meisten Fällen real. Pseudo sind die meisten anderen
Polizeiserien im Fernsehen, die ich allesamt NICHT schaue, weil
diese weit von dem, was man als real bezeichnen kann, entfernt sind.

camper: Worauf bezieht sich der Blogname k11?

Guido Karl: Das ist keine Abkürzung. Als ich
vor vielen Jahren eine Domain für mich registrieren wollte,
waren die gängigen Namen belegt und k11 war mal ein Teil meines
Autokennzeichens. Diese Domain habe ich schon seit vielen Jahren
registriert (lange vor der gleichnamigen TV Serie).

stammleser:
Warum bist du mit deinem Blog eigentlich umgezogen?
Und wie kann man sich deine alten Beiträge noch ansehen?

Guido Karl: Kurz und knapp: Providerwechsel und
keine vernünftige Sicherung. Muss die alten Beiträge mal
alle „von Hand“ umziehen. Wenn ich die Zeit habe, mache
ich das.

camper: Was fasziniert sie eigentlich so an Barcamps?
Sie scheinen da ja eine Menge Zeit zu verbringen?

Guido Karl: Wenn man zwei Barcamp-Besuche als eine
Menge versteht, dann war es eine Menge. Mich faszinieren die verschiedenen
Menschen und Themen dort. Da wird für mich das kommende Internet
gelebt, da finde ich Impulse.

Moderator: Impulse, die auch die Polizei für
ihren Internetauftritt nutzen könnte?

Guido Karl: Auf jeden Fall. Neben dem bestehenden
Angebot planen wir natürlich viele Dinge und um ein Gespür
zu bekommen, ob diese überhaupt brauchbar sind und angenommen
werden könnten, sind die Gespräche auf Barcamps unbezahlbar.

Moderator: Zum selben Thema – Polizei und Internet:

Poldianer: Wie nutzt die Polizei das Netz heute?
Und welche Ideen, glauben Sie, wären noch sinnvoll?

Guido Karl: Hierzu empfehle ich die Lektüre
meiner letzten Blogeinträge, da gehe ich auf diese Fragen ein.
😉 Polizei nutzt das Internet in alle Richtungen. Ermittlungen,
Fahndungen, Selbstdarstellung, Nachwuchswerbung, Onlineservices
wie Strafanzeige online, alle Facetten werden genutzt.

Moderator: Nachfrage zum Thema Barcamps:

wunder: Ich war jetzt noch nie auf einem Barcamp
– wie muss man sich denn das da vorstellen?

Guido Karl: Eine sich selbst organisierende Menge
von teilweise mehreren hundert Menschen diskutiert zwei Tage lang
über die unterschiedlichsten Themen des Internets. Einfach
mal reinlesen unter: http://barcampcologne2.mixxt.de/
Anfangs konnte ich mir auch nicht vorstellen, dass ein solches "Konzept"
funktioniert, aber es klappt. Die Themen sind so unterschiedlich,
wie die dort anwesenden Menschen. Selbst für mich waren einige
Themen zu „abgefahren“. Aber so ist für jeden etwas
dabei.

Ricardo: Bei welchen anderen Berufszweigen könnten
Sie sich ein Blog noch vorstellen oder würden es interessant
finden?

Guido Karl: Es gibt ja vom Feuerwehrblog über
den Wurstblog bis zum Taxiblog wirklich alles, was man sich irgendwie
vorstellen kann. Ich könnte mir gut „Retroblogs“
vorstellen. Das Wissen und die Geschichten älterer Menschen
in Blogform vorzuhalten. Ich versuche meinen Vater von der Idee
zu überzeugen, seine Geschichte in Blogform aufzuschreiben.

Lauter: Haben Sie auch einen Einblick, was die
Polizei in anderen Ländern im Internet so treibt und wo sich
die deutschen Beamten noch was für ihre Websites abschauen
könnten?

Guido Karl: Das Thema Benchmarking kommt natürlich
auch bei uns nicht zu kurz. Ich habe Kontakte in alle Welt, wir
tauschen uns aus, England, Spanien, Benelux, USA, viele Ideen der
Polizei NRW stammen aus diesen Ländern und umgekehrt. Ich bin
ein Freund davon, nicht alles selber neu erfinden zu müssen,
andere Ideen können bei uns auch ganz gut umsetzbar sein.

Nitro: Was gibt es denn so für Feedback auf
die Website der Polizei NRW? Kommt das gut bei der Bevölkerung
an?

Guido Karl: Feedback gibt es jede Menge. Gerade
die Bemühungen um Barrierefreiheit (die Zugänglichkeit
auch für Menschen mit Behinderungen im Internet) erntet großes
Lob. Aber auch die aktuellen Themen werden gerne gelesen. Die meisten
identifizieren sich aber mit ihrer Polizei vor Ort, und nicht mit
der übergeordneten Polizei NRW. Die Themenportale werden gerne
genutzt und auch die E-Government-Angebote. So werden jeden Tag
ca. 120 Strafanzeigen in NRW online erstattet.

Retro: Zum Thema andere Ideen übernehmen:
Was ist Ihnen denn da international besonders ins Auge gefallen?

Guido Karl: So hat mich vor kurzen die Idee der
amerikanischen Presse begeistert: Morde werden bei Google Earth
als besondere Plätze markiert. OK, Morde müssen es nicht
sein, aber so könnte ich mir vorstellen, z.B. gefährliche
Strecken für Motorradfahrer in Regionen wie Eifel oder dem
Bergischen in Google Earth und anderen zu hinterlegen. Prävention
mal anders.

Moderator: Rückfrage zu den Online-Anzeigen:

steno: Hinter wie vielen dieser Anzeigen steckt
wirklich eine Straftat?
Guido Karl: Hinter ca. 95-98 Prozent. Dazu folgendes: Teilweise
wird z.B. in einschlägigen Hilfeforen (z.B. EBay) darauf verwiesen,
bei Massenbetrügereien online seine Strafanzeige zu erstatten.
Das wird dann auch gerne genutzt.

Moderator: Kleiner Themawechsel:

kölsch: In Köln leben und in Düsseldorf
arbeiten – wie lässt sich das denn vereinbaren 🙂 ?

Guido Karl: Es ist immer wieder schön, nach
Köln nach Hause zu fahren.

Moderator: Styler und steno interessieren sich
beide für mehr Jobdetails:

Styler: Mal was zu Ihrem Job: Sind Sie eigentlich
im Innen- oder im Außendienst tätig?

steno: In welcher Abteilung versehen Sie Ihren
Dienst, wenn Sie nicht bloggen?

Guido Karl: Ich bin im Innenministerium des Landes
NRW, dort in der Polizeiabteilung. Früher habe ich aber „ganz
normal“ Streifendienst versehen (5 Jahre auf der Wache Eigelstein
in Köln).

paul: Gangs, die sich prügelnd und randalierend
filmen und die Videos ins Internet bringen, Rechtsradikale, die
ihre Propaganda auf ungezählten Seiten verbreiten, immer mehr
Phisher richten immer mehr Schaden an, von Kinderpornographie, Wirtschaftsspionage,
Sabotage und netzweitem Terrorismus ganz zu schweigen und Ihr Innenminister
schickt immer mehr Polizisten auf die Straße – gibt der Staat
das Internet verloren?

Guido Karl: Eine eher politische Frage. Nein,
das Internet wird nicht verloren gegeben. Wenn dieser Eindruck durch
Medien erweckt wird, ist er falsch. Richtig ist, dass Polizeivollzugsbeamte
von reinen Verwaltungstätigkeiten entlastet werden sollen.
Der Bereich der Ermittlungen im Internet wird weiter gestärkt.

hmmm: Zu Pauls Frage: Brauchen wir mehr Überwachung
des Netzes? Darf sich der Staat hier einmischen?

Guido Karl: Ich denke, vieles im Netz reguliert
sich selber und dort, wo es sich nicht reguliert, muss Polizei auch
Hinweise erhalten, damit sie eingreifen kann. Virtuell kann Polizei
nicht überall sein. Hier ist Polizei auf die Mithilfe aller
angewiesen

steno: Welche Art von Kriminalität ist Ihrer
Kenntnis nach im Internet besonders stark verbreitet?

Guido Karl: Kriminalität wandelt sich. Gerade
mit Aufkommen des Internets verlagern sich Delikte aus dem Betrugsbereich
/ Vermögensdelikte mehr ins Virtuelle. Aber natürlich
auch die Bereiche Extremismus, Pornographie haben im Internet neue
Möglichkeiten, sich zu entfalten.

kundura: Mal wieder zurück zum Blog, bitte:
Da war in den letzten Tagen ein wenig Funkstille, was war denn los?

Guido Karl: :-() Ganz einfach…. Ich war zwei
Wochen im Urlaub und diese Zeit war auch PC-frei! Ab und zu muss
man sein Offlineleben genießen!

teichtier: Mal ganz was anderes: Wo ist denn eigentlich
das schicke Foto von Ihnen entstanden?

Guido Karl: Bei mir im Wohnzimmer. Das war aber
auch ein Profi, der die Idee hatte!

Moderator: Mal eine kleine Zukunftsaussicht:

bla: Wo sehen Sie denn die Trends im Internet?
Was wird kommen?

Guido Karl: Ich denke „’back to the roots“’,
wieder hin zu den Ursprüngen des Internets. Ich sehe in Communities,
die sich ihr Wissen teilen, die Zukunft. Ob das dann Web 3.0 heißt
oder nicht, sei dahingestellt. Das Web wird intelligenter werden
und ich hoffe, dass sich das Web nicht nur in von wenigen Marken
aufgezeigten Richtungen bewegt.

DirkM: Würden sich solche Communities auch
auf Polizeiwebsites anbieten? Oder ein „offizielles“
Poilizeiweblog, das den Bürgern einen offenen Einblick in den
Polizeieinblick bietet, direkt zugänglich von der Polizeiwebsite
– was halten Sie davon?

Guido Karl: Was meinen Sie, was wir alles planen…
Aktuell wird das Intranet der Polizei NRW neu aufgesetzt, da wird
es das alles geben. Im Internet denken wir auch stark über
solche Dinge nach. Unser „Blog“ Presseportal ist einer
der ersten Schritte.

Moderator: Wie viele Leute arbeiten denn an der
„Internetstrategie“ der Polizei? Fällt das der
Presseabteilung zu, oder sind mehrere Abteilungen daran beteiligt?

Guido Karl: Daran sind mehrere Abteilungen beteiligt,
da die Themenvielfalt nicht nur in einer Hand liegt. Jede Abteilung
hat natürlich ein eigenes Interesse: Sei es Verkehr, Kriminalität
oder Vorbeugung, alle wollen sich wiederfinden.

Moderator: Das war´s schon wieder, die Blogsprechstunde
ist vorbei. Vielen Dank an alle Nutzer für die Fragen und an
Herrn Karl, dass er sich heute Zeit für uns genommen hat. Das
Schlusswort gehört natürlich dem Gast:

Guido Karl: Ich bedanke mich bei allen Interessierten
und natürlich dem Team von politik-digital. Natürlich
stehe ich nach dem Chat gerne für Fragen zur Verfügung.
Einfach eine Mail an info@k11.de