Am
Dienstag, 18. Januar, war Michael Glos,
erster
stellver-
tretender Vorsitzender der CDU/CDU-Fraktion u. Vorsitzender der
CSU-Landesgruppe
, von 13 bis 14 Uhr zu Gast im tacheles.02
Live-Chat von tagesschau.de und politik-digital.de. Er beantwortete
u. a. Fragen zum Bundeshaushalt sowie zu der Ausweitung einer DNA-Datenbank
zur Verbrechensaufklärung.

Moderator: Liebe CSU- und Politik-Interessierte, willkommen
im tacheles.02-Chat. Die Chat-Reihe tacheles.02 ist ein Format von
tagesschau.de und politik-digital.de und wird unterstützt vom
tagesspiegel.de. Ins ARD-Hauptstadtstudio ist heute Michael Glos
gekommen, Chef der CSU-Landesgruppe im Bundestag und Vizefraktionschef
der Unionsfraktion. Beginnen wir gleich hiermit:
AnisAbbeba: Herr Glos, was genau spricht eigentlich dagegen, dass
die Tätigkeiten und Verdienste von Bundestagsabgeordneten offen
gelegt werden?

Michael Glos: Wir haben uns sehr scharfe
Richtlinien gegeben. Der Bundestag hat sich vor zweieinhalb Jahren
strenge Richtlinien gegeben bezüglich der Meldepflicht von
Nebentätigkeiten. Es geht in allererster Linie darum, dass
diese Regeln eingehalten und überwacht werden. So ist über
jeden Abgeordneten, der sich an diese Regelungen hält, nachzulesen,
wer welchen Tätigkeiten nachgeht. Ich halte diese Regeln grundsätzlich
für ausreichend. Man muss sich lediglich Gedanken machen, ob
die Sanktionsmechanismen, für die, die sich nicht an die Regeln
halten, ausreichend sind. Ich befürworte nachdrücklich,
dass man eine Expertenkommission einsetzt, die sich mit dem Für
und Wider von strengeren Regeln bzw. des andiskutierten Verbotes
von Nebentätigkeiten befasst.

Hasennase: CSU und FDP stellen sich gegen
die Vorschläge der Koalition zu Nebeneinkünften. Ist das
mit Blick auf die anstehenden Landtagswahlen in NRW und Schleswig-Holstein
wahlkampf-strategisch schlau?

Michael Glos: Solche Fragen müssen
jenseits von Tagesopportunismus beantwortet werden.

Moderator: Zwei persönliche Fragen:

DIETER: Herr Glos, welche Nebeneinkünfte
haben Sie?

Dilemma: Thema Politikerbezüge:
Ganz einfache Frage: Erhalten Sie persönlich auch Bezüge
aus Arbeit neben ihrem Mandat?

Michael Glos: Ich verweise auf die vorgeschriebenen
Meldepflichten, die ich erfülle.

Moderator: Sie sind als Franke bekanntermaßen
ein Freund deutlicher Worte:

Hausfrau: In einem Zeitungsartikel, der
auch auf ihrer Website dokumentiert ist, werden Sie zitiert mit:
„Ich brauche keine Meinungsforschungsinstitute, um zu wissen,
was die Leute denken. Begriffe wie „Zuhälter“,
„Öko-Stalinist“, „Zecke“, „ehemaliger
Terrorist“ scheinen Ihnen leicht über die Lippen zu gehen,
wenn es um die Diskreditierung des politischen Gegners geht. Formulieren
Sie so scharf, weil Sie damit ihre rechtskonservative Klientel bedienen
wollen?

Michael Glos: Manchmal geht mein Temperament
mit mir durch.

Mischa: Herr Glos, wenn Politiker Geld
ohne Gegenleistung entgegen nehmen, handelt es sich doch um Bestechung
oder Korruption. Warum werden diese "schwarzen Schafe "
strafrechtlich bestraft?

Moderator: Es fehlt, denke ich, ein "nicht".

Michael Glos: Wer sich nicht an die Regeln
hält, hat Sanktionen zu erwarten. Die Abgeordneten unterliegen
genauso dem Strafgesetzbuch wie alle anderen auch und Korruption
ist selbstverständlich strafbar.

rrs: Was halten Sie von der Ausweitung
der DNA-Analysen? Herrscht dann nicht der Rechtstaat über den
Menschen?

Michael Glos: Nein. Es geht vielmehr
um eine bessere und effizientere Verbrechensbekämpfung und
Schutz vor weiteren Straftaten. Jeder Täter und potentielle
Täter muss wissen, dass der Rechtsstaat auch alle wissenschaftlichen
vorhandenen Möglichkeiten einsetzt, um ihn zu überführen.
Vor einem funktionierenden Rechtsstaat muss kein Unschuldiger Angst
haben.

JuriGagarin: Gefährden die Sicherheitspakete
zur Abwehr des Terrorismus nicht Grundrechte, Demokratie und Rechtsstaat?

Michael Glos: Nein. Ein Rechtsstaat,
der es Tätern zu leicht macht und seine Bürger nicht schützt,
macht sich lächerlich.

christsozialer: Wie lang sollen DNA-Proben
wo gespeichert werden?

Michael Glos: Es gibt eine zentrale Datei
beim Bundeskriminalamt. Die Fristen werden so ausgestaltet, dass
die Polizei bei Straftaten, die länger zurückliegen, auch
darauf zurückgreifen kann. Ohne gespeicherte DNA-Analysen wäre
der Mörder von Moshammer in München nicht überführt
worden.

Martin K.: Bisher darf die DNA-Analyse
nur bei "schweren" Straftaten und auf richterliche Anordnung
verwendet werden. Soll das Verfahren auch auf Bagatell-Verbrechen
angewendet werden?

Moderator: Frage ist natürlich,
was ein "Bagatell"-Verbrechen ist.

Michael Glos: Wir fordern, dass die Genprobe
bei erkennungsdienstlichen Maßnahmen genommen wird.

Peter Heinz: Sollten nicht auch alle
Drogenkonsumenten in einer DNS-Datei gespeichert werden?

Michael Glos: Warum nicht?

anicegirl: Wird nicht die Gefahr des
Missbrauchs einer großen und ausführlichen DNA-Datenbank
unterschätzt, zugunsten einer einfacheren Verbrechensbekämpfung?

Michael Glos: Nein, weil es hinreichend
Sicherungsmaßnahmen gibt, die einen Missbrauch ausschließen.

Jojo2: Werden in dieser zentralen Datei
sämtliche DNA Proben aller Verdächtigen gespeichert, oder
nur die der Täter?

Michael Glos: Ja, das ist die zentrale
Datenbank.

Martin K.: Was wollen die Unionsländer
mit ihrer Klage gegen das Luftsicherheitsgesetz in Karlsruhe erreichen?

Michael Glos: Wir wollen mehr Klarheit
und mehr Rechtssicherheit durch eine Grundgesetzänderung.

Rai66: Herr Glos, Bayern verweist auf
seine vorbildliche Bildungspolitik. Jetzt stellt sich heraus, die
Kultusministerin ist mit ihrem Job überfordert und leistet
sich einen Fauxpas nach dem anderen. Warum hält die CSU an
ihr fest?

Michael Glos: Die Ergebnisse der Bildungspolitik
in Bayern sind vorbildlich, andere Länder beneiden uns darum.
Woher schöpfen Sie dann die Erkenntnis, dass die verantwortliche
Ministerin schlecht ist?

Moderator: Zum Thema Schwesterparteien
CDU und CSU:

dilemma: Herr Glos, was ist in der Union
los? Das Hickhack kostet Sie Umfragepunkte, die Öffentlichkeit
ist irritiert. Ab wann wollen Sie wieder Regierungsfähigkeit
demonstrieren?

Michael Glos: Wir müssen spätestens
2006 Rot-Grün von der Regierung ablösen. Dazu gehörte
eine rechtzeitige inhaltliche Klärung unterschiedlicher Positionen
innerhalb der Union. Ich gebe Ihnen Recht: Wir müssen im neuen
Jahr geschlossener auftreten als im vergangenen Jahr.

Moderator: Die beliebte Personenfrage:

kontaktfreudigesie: Sie bezeichnen die
Landtagswahlen als Stimmungstest für Angela Merkel als Kanzlerkandidatin.
Wer aber könnte im Falle einer Niederlage eine wirkliche Alternative
sein? Immerhin war der Stimmungstest für Edmund Stoiber, sprich
die letzte Bundestagswahl, mehr als deutlich.

Kurt: Ist, Ihrer Meinung, Angela Merkel
die passende Kanzlerkandidatin der Union? Hat die Union überhaupt
eine Alternative zu Merkel?

Michael Glos: Ich habe aus gutem Grund
das Wort Kanzlerkandidat oder Kanzlerkandidatin nicht in den Mund
genommen, weil sich die Frage erst am Ende des Jahres stellt. Personelle
Spekulationen zur Unzeit verwischen die inhaltlichen Positionen
der Union.

Garlef: Herr Glos, wie erklären
Sie sich den permanenten Schwund erstklassiger Kollegen aus ihren
Reihen (Horst Seehofer usw.)?

Michael Glos: Horst Seehofer ist nach
wie vor stellvertretender Parteivorsitzender der CSU und hat damit
sehr großen politischen Einfluss, insbesondere auf die Sozialpolitik.
Die Entscheidung, sich aus der Fraktionsspitze zurückzuziehen,
war eine persönliche Entscheidung, die man respektieren muss.
Die CSU-Landesgruppe jedenfalls will nicht auf das Wissen und die
Erfahrung von Horst Seehofer verzichten.

Moderator: Zur Frage der Zeit der Klärung
der K-Frage, Nachfrage von:

janden: Ist dies dann nicht zu spät?

Michael Glos: Nein, die Entscheidung
zeitnah zu treffen ist richtig. Allerdings ist bis dahin Disziplin
aller Beteiligten gefragt.

Daisy: Ist es möglich, Sie 2006
als Außenminister zu sehen?

Michael Glos: In der Schrift steht: "Bei
Gott ist kein Ding unmöglich". Aber Spaß beiseite:
Es geht mir nicht um Posten, sondern es geht darum, im Bundestag
eine Mehrheit zu erobern, die wieder verantwortungsvollere, zukunftsgerichtete
Politik für unser Land möglich macht. Nehmen sie als Beispiel
die immer stärker ausufernde Verschuldung unseres öffentlichen
Gemeinwesens. Wir müssen konsolidieren, um einer kleiner werdenden
jüngeren Generation nicht noch eine größere Belastung
auf die Schultern zu legen.

Moderator: Damit müssen sie sich
nicht nur beschäftigen, wenn sie Außenamts-Chef würden:

qgle: Sie unterstützen das Modell
einer "privilegierten Partnerschaft" mit der Türkei,
das Ihre Kollegin Angela Merkel vorgeschlagen hat. Unter anderem
argumentieren Sie, dass die Türkei rechtsstaatlich gesehen
noch nicht bereit sei für einen Beitritt. Werden die Bemühungen
um mehr Menschenrechte durch einen Beitritt nicht gestärkt?

Michael Glos: Die Durchsetzung von Menschenrechten
verpflichtet jedes Land, unabhängig ob es Mitglied der EU ist
oder nicht. Ich freue mich, dass die Türkei auf diesem Gebiet
offensichtlich Fortschritte macht. Eine Vollmitgliedschaft der Türkei
überfordert sowohl die jetzt bestehende Union, als auch die
Türkei.

bussard: Wie steht die CSU eigentlich
zum Volksentscheid? Wenn die CSU die Umfragen hinter sich weiß,
dann ruft sie nach Unterschriftenaktion, wie beim Türkei EU-Beitritt,
ansonsten ist sie aber dagegen! Was denn nun?

Michael Glos: Es ist für eine demokratische
Partei selbstverständlich, in politische Entscheidungen die
Meinung des Wahlvolkes mit einzubeziehen. Dies muss nicht unbedingt
durch einen Volksentscheid geschehen.

Moderator: Ganz anderes Thema:

Mischa: Was halten Sie persönlich
von der Drohung der USA gegen den Iran? Muss die EU stärker
werden, auch um evtl. den USA Einhalt zu gebieten?

Michael Glos: Bis jetzt gibt es ausschließlich
Spekulationen über mögliche Drohungen der USA. Die EU
muss ihren gebündelten Einfluss geltend machen, dass der Iran
sein Atomprogramm stoppt und damit jeglichen Spekulationen von Sanktionen
der USA den Boden entzieht. Eine starke, geschlossene EU kann in
vielen Regionen der Welt mehr Verständnis gewinnen, als es
unseren amerikanischen Freunden möglich ist.

Achim: Sie verurteilen den Bundeshaushalt
der Bundesregierung als unverantwortlich gegenüber der künftigen
Generation. Aber hat nicht die jetzige Bundesregierung die Schulden
übernommen, die auch ein Herr Waigel gemacht hat? Wie will
die Union den Bundeshaushalt entlasten?

Michael Glos: Der Marsch in den Schuldenstaat
begann 1972 zur Zeit der sozial-liberalen Koalition. Die Konsolidierungsfortschritte
von G. Stoltenberg und T. Waigel sind durch die gewollte deutsche
Wiedervereinigung und deren großen finanziellen Hersausforderungen
überlagert worden. Das enthebt uns nicht der Pflicht, weniger
Geld auszugeben als einzunehmen. Nur dadurch kann in kleinen Schritten
die Verschuldung eingedämmt und abgebaut werden.

Moderator: Liebe Chatter und Chatterinnen,
unsere 60 Minuten sind leider schon wieder vorbei. Viele Fragen
konnten nicht veröffentlicht werden. Wir hoffen, Sie hatten
eine interessante Stunde mit dem Chatformat tacheles.02 und unserem
heutigen Gast, Michael Glos. Unser nächster tacheles.02 Chat
findet am 26.1.2005 von 13 bis 14 Uhr mit Dirk Niebel, FDP, statt.
Das tacheles02-Team von tagesschau.de und politik-digital.de wünscht
allen Chattern und Chatterinnen einen angenehmen Tag!