Am Sonntag,
den 14. Mai, war Hubertus Heil, Generalsekretär der SPD, zu
Gast im tagesschau-Chat in Kooperation mit politik-digital.de.
Heil beantwortete Fragen zur Wahl Kurt Becks, der geplanten
Mehrwertsteuererhöhung und möglichen Koalitionspartnern.

Moderator: Liebe Politik-Interessierte, Kurt-Beck-Fans,
SPD-Freunde und -Gegner, herzlich willkommen zum tagesschau-Politik-Chat.
Im ARD-Hauptstadtstudio erwartet jetzt Hubertus Heil Ihre Fragen.
Der Generalsekretär ist näher dran an Kurt Beck als die
meisten, wir sind gespannt auf seine Antworten. Vielen Dank, dass
Sie nach dem SPD-Parteittagsstress zu uns gekommen sind. Die erste
Frage an unseren Gast:

chatter0815: Wieso hat Kurt Beck nicht die Chance
genutzt, als neuer Vorsitzender einen eigenen Generalsekretär
vorzuschlagen und damit die SPD kompetenter aufzustellen? Fühlen
Sie sich als "Generalsekretär auf Abruf"?

Hubertus Heil: Nein. Kurt Beck hat mich gebeten,
meine Arbeit fortzusetzen und ich habe dieser Bitte entsprochen.
Ich wurde auf dem Karlsruher Bundesparteitag im November für
zwei Jahre gewählt. Im Übrigen hat der Wechsel im Parteivorsitz
von Matthias Platzeck zu Kurt Beck nicht aufgrund einer politischen
Krise der SPD, sondern aus Anlass einer persönlichen gesundheitlichen
Krise von Matthias Platzeck stattgefunden. Insofern möchte
ich die Arbeit für die SPD und damit auch die programmatische
Erneuerung der Partei, die unter Matthias Platzeck eingeleitet wurde,
mit Kurt Beck fortsetzen.

Moderator: Sie kriegen Unterstützung:

WahlkreisWolle: An chatter0815: Warum muss jemand
immer gleich "auf Abruf sein", wenn er in einem guten
Team nicht den Spitzenplatz einnimmt? Dieses Klischee ist doch 0815.

nanunana: Kurt Beck ist 57. Wäre es nicht
mal an der Zeit gewesen, auch Jüngere ans Ruder zu lassen?

Hubertus Heil: Mit 57 Jahren steht Kurt Beck mitten
im Leben und ist im Übrigen damit auch nur ein wenig älter
als Matthias Platzeck. In der Führung der SPD ist der Generationenwechsel
aber deutlich erkennbar. So haben wir heute mit Jens Bullerjahn
einen stellvertretenden Vorsitzenden gewählt, der mit 42 Jahren
gerade als stellvertretender Ministerpräsident in Sachsen Anhalt
vereidigt wurde. Auch in vielen Bundesländern und der Bundestagsfraktion
sowie im Parteivorstand der SPD gibt es mittlerweile eine gute Mischung
von erfahrenen und jüngeren Kräften.

Xoxo: Wird es in nächster Zeit eine größere
Förderung der jüngeren Parteimitglieder geben?

Hubertus Heil: Eindeutig ja. Wir haben damit begonnen.
Bereits vor einigen Jahren sind sogenannte "Kommunalakademien"
eingerichtet worden, in denen junge SPD-Mitglieder gezielt auf die
Übernahme von politischer Verantwortung vorbereitet werden.
Zudem gibt es eine gute und starke Riege von jungen Landes- und
Fraktionsvorsitzenden der SPD.

bbasti: Wird es mit Kurt Beck eine Hinwendung
zur FDP geben? Immerhin war er Leiter einer gelb-roten Koalition.

Hubertus Heil: Wir arbeiten auf Bundesebene in
der großen Koalition und wollen im Interesse unseres Landes
den Erfolg dieser Regierung. Der Koalitionsvertrag gilt bis 2009.
Dann wollen wir bei den Bundestagswahlen wieder stärkste Partei
in Deutschland werden und den Kanzler stellen. Dann sind für
uns prinzipiell alle demokratischen Parteien – mit Ausnahme
der linkspopulistischen PDS koalitionsfähig. Allerdings müsste
sich die FDP bis dahin massiv programmatisch erneuern. So müssten
die Liberalen beispielsweise ihr gestörtes Verhältnis
zum Sozialstaat klären. Mit der derzeitigen wirtschaftsradikalen
Westerwelle-FDP gibt es zur Zeit wenig Schnittmengen.

steinprinz: Wie kann Herr Beck in der ARD sagen,
dass man die Finanzsituation nicht gekannt hat und nun festgestellt
hat, man kommt um die Mehrwertsteuererhöhung nicht herum? Man
musste doch als Regierungspartei wissen, wie die Lage ist. Ist das
vielleicht eine ganz schlimme Ausrede?

Hubertus Heil: Tatsache ist, dass die SPD im Jahre
2003 mit dem damaligen Finanzminister Hans Eichel den Versuch unternommen
hat, auf breiter Front Steuersubventionen abzubauen. Wir sind damals
von den CDU-Ministerpräsidenten im Bundesrat brutal ausgebremst
worden. Wäre das damals gelungen, hätte man auf die nun
nicht mehr zu vermeidende Mehrwertsteuererhöhung verzichten
können. Aber Bund, Länder und Kommunen sind heute am Rande
ihrer Handlungsfähigkeit. Insofern ist dieser schwierige Schritt
zum ersten Januar ohne vernünftige Alternative. Ein Punkt von
der beschlossenen Erhöhung – das hat Kurt Beck deutlich gemacht
– wird über die Senkung der Arbeitslosenversicherung zurückgegeben,
um den Faktor Arbeit zu entlasten. Ein Punkt der Erhöhung geht
an die Bundesländer, die zurzeit mehrheitlich verfassungswidrige
Haushaltslagen haben, und die Mittel dringend für Bildung und
Sicherheit benötigen. Der dritte Punkt wird benötigt,
um im kommenden Jahr einen Beitrag zur Sanierung des Bundeshaushalts
zu leisten.

Moderator: Noch mal Nachfrage zur FDP:

Harlander: Die FDP hat ja immerhin die Umweltpolitik
als neues Betätigungsfeld entdeckt. Macht sie das für
die SPD attraktiver? Oder ist sie aufgrund derartiger Manöver
als potentieller Koalitionspartner nicht ernst zu nehmen?

Hubertus Heil: Wir wissen noch nicht, ob die FDP
es mit ihrer neuen Liebe zur Umwelt ernst meint oder ob das ein
PR-Trick ist um Punkte gegenüber den Grünen gut zu machen.
In der Vergangenheit gab es in Deutschland durchaus erfolgreiche
sozial-liberale Koalitionen. Aber noch mal: die FDP war damals nicht
wie heute eine wirtschaftsradikale Partei, deren Programm sich auf
den Satz reduzieren lässt "Wenn jeder an sich selbst denkt,
ist an alle gedacht". Insofern kann ich der FDP nur gute Besserung
wünschen.

tomtom: Kurt Beck ist ein erfolgreicher Landesvater,
ein bodenständiger Pragmatiker. Wo sind die Visionäre
in der SPD, die die Partei in die Zukunft führen?

Hubertus Heil: Kurt Beck hat in Rheinland-Pfalz
als Ministerpräsident bewiesen, dass gerade seine menschennahe
und pragmatische Art der richtige Weg ist, um das Land zu erneuern.
Rheinland-Pfalz hat sowohl in der Wirtschafts- wie auch in der Bildungspolitik
einen modernen Kurs, der Maßstäbe setzt. Wir sind als
SPD insgesamt aufgerufen, im Rahmen unserer Grundsatzprogrammdebatte
deutlich zu machen, dass wir klare Werte und Leitbilder für
die Zukunft unseres Landes haben. Dabei wollen wir deutlich machen,
dass wirtschaftliche Dynamik und soziale Gerechtigkeit keine Gegensätze,
sondern wechselseitige Bedingung sind. Die SPD ist in der Bundesregierung
die Kraft der Erneuerung, aber wir müssen – das hat Kurt Beck
deutlich gemacht – auch die Kraft haben, uns selbst zu erneuern.

Ost-SPD: Halten Sie es nicht für wenig taktvoll,
einerseits die PDS (die im Osten zumeist deutlich vor der SPD zweitstärkste
politische Kraft ist) als linkspopulistisch zu beschimpfen und gleichzeitig
der FDP Wirtschaftsradikalismus zu unterstellen? Die Grünen
wenden sich inzwischen der Union zu: Mit wem soll die SPD denn in
Zukunft koalieren, wenn Sie derart kompromisslos sind?

Hubertus Heil: Tatsache ist, dass zurzeit im deutschen
Bundestag PDS und FDP mit unterschiedlichen Vorzeichen wirtschaftlichen
Fortschritt gegen soziale Gerechtigkeit ausspielen. Die FDP versucht
mit der Parole "Man muss nur den Menschen vom Staat befreien
und den Markt mal ungebremst machen lassen" Punkte zu machen.
Die PDS erklärt das Gegenteil und versucht lediglich, Ängste
in der Bevölkerung für ihre Zwecke zu instrumentalisieren,
ohne ehrliche und realistische Lösungen vorzuschlagen. Als
Generalsekretär der SPD ist es meine Aufgabe, der Überzeugung
der Sozialdemokratie Ausdruck zu verleihen: In modernen Gesellschaften
– das zeigen die skandinavischen Länder – ist die erfolgreiche
Mischung zwischen vorsorgender Sozialstaatlichkeit und innovationsfähiger
Marktwirtschaft der richtige Weg. Ich will ja nicht ausschließen,
dass in den kommenden Jahren auch andere Parteien sich stärker
an dieser Erkenntnis orientieren. Eine Koalition auf Bundesebene
mit der PDS muss ich aber deshalb ausschließen, weil diese
Partei, deren Westerweiterung zur Zeit gerade grandios scheitert,
weder außen- noch sozial- oder wirtschaftspolitisch Positionen
vertritt, die für unser Land verantwortbar sind.

herr Bert Wehner: Wieso ist das Beispiel Skandinavien
richtig, wenn Sie es bringen aber falsch, wenn es von Lafontaine
kommt? Brauchen Sie nicht eigentlich wieder ein soziales Gewissen
vom Schlag eines Oskar Lafontaine?

Hubertus Heil: Das Wort "Gewissen" und
"Lafontaine" in einen Satz zu packen entbehrt nicht einer
gewissen Komik. Ich möchte mit der PDS gerne einmal darüber
streiten, was "links" wirklich bedeutet. Eine linke Partei
zu sein heißt für mich das Gegenteil von Realitätsverweigerung,
nationaler Abschottung und angstschürendem Populismus. Willy
Brandt hatte Recht: wer morgen sicher leben will, muss heute für
Reformen kämpfen.

Soeren: Der Wunsch der Basis strebt doch nach
einer linkeren SPD (Andrea Nahles Votum), warum widersetzt sich
die SPD diesem Wunsch seit Gerhard Schröder? Welche Zukunft
hat Klaus Wowereit in der Bundes SPD?

Hubertus Heil: Die SPD bleibt die linke Volkspartei
in Deutschland. Wir müssen aber deutlich machen, was unter
fundamental veränderten Rahmenbedingungen unsere Werte von
Freiheit, Gerechtigkeit und Solidarität heute konkret bedeuten.
So bleibt es das Ziel der SPD, dass das Leben der Menschen offen
sein muss: Nicht die soziale Herkunft sollte über Bildungs-
und Lebenschancen entscheiden. Ich halte es für notwendig,
dass wir auf Basis unserer Werte neue Antworten finden, die den
Herausforderungen der wirtschaftlichen Globalisierung, des technischen
Fortschritts und der demographischen Entwicklung gerecht werden.
Dazu gehört eine klare Vorstellung, wie wir soziale Gerechtigkeit
im 21. Jahrhundert durchsetzen wollen, nämlich mit einer klaren
Vision eines sozialen Europas als politische Antwort auf die Globalisierung,
der Erneuerung der sozialen Marktwirtschaft in Deutschland und dem
Leitbild eines vorsorgenden Sozialstaats. Klaus Wowereit ist als
erfolgreicher Regierender Bürgermeister von Berlin auch Bundespolitiker.
Er hat die besten Chancen, die Wahlen im Herbst in Berlin zu gewinnen
und wir werden ihn dabei unterstützen.

Moderator: Die FDP kümmert sich auf einmal
um Umweltpolitik, die Union macht bei sozialdemokratischen Projekten
mit und ihr neuer Parteichef Kurt Beck erklärte gerade im „Bericht
aus Berlin“, dass „wir die soziale Dimension in unserer
Gesellschaft bei aller Beachtung des Ökonomischen nicht kaputtmachen
lassen“. Ist die Devise „Sparen und reformieren“
auf einmal out?

Hubertus Heil: Nein. Wir setzen auf einen handlungsfähigen
Staat, das hat sowohl Kurt Beck als auch Finanzminister Peer Steinbrück
auf dem Bundesparteitag sehr deutlich gemacht. Wenn sich allerdings
konservative Politiker und Kommentatoren darüber beklagen,
dass die Politik der Bundesregierung zu sozialdemokratisch sei,
kann ich daran nicht Schlechtes finden. Wir wollen beides: Die Modernisierung
unseres Landes und die Bewahrung des sozialen Zusammenhalts. Wir
sind sicher, dass eine Gesellschaft, die sozial auseinander driftet,
langfristig auch wirtschaftlich nicht erfolgreich sein kann, weil
sie die Potentiale und Talente der Menschen zu wenig einbezieht.
Teilhabe ist also nicht nur eine Frage der Gerechtigkeit, sondern
auch des wirtschaftlichen Erfolgs.

manuel.baumann.berli: Herr Heil, ich bin regional
sehr aktiv für die SPD. Was soll ich am Marktstand jemandem
antworten, der auch ohne Mehrwertsteuererhöhung schon am Rande
des Existenzminimums lebt?

Hubertus Heil: Es ist zweifelsohne so, dass die
notwendige Mehrwertsteuererhöhung für viele Menschen eine
starke Zumutung ist. Umso mehr müssen wir deutlich machen,
dass alle in dieser Gesellschaft, auch die Wohlhabenden, einen angemessenen
Beitrag zur Finanzierung unseres Gemeinwesens leisten müssen.
Es gilt: Nur reiche Leute können sich einen armen Staat leisten.
Die Mehrheit der Menschen ist darauf angewiesen, dass wir beispielsweise
Bildung, innere und äußere Sicherheit und Infrastruktur
öffentlich organisieren. Deshalb ist dieser schwierige Schritt
notwendig, damit unsere Kommunen, unsere Länder und der Bund
handlungsfähig bleiben.

al33x: Sie sprechen von der Erneuerung der sozialen
Marktwirtschaft: Warum heißt Erneuerung der sozialen Marktwirtschaft
(mit ihren sozialen Sicherungssytemen) eigentlich mehr Elemente
der freien Marktwirtschaft einbringen und die sozialen Sicherungssysteme
auf ein Grundniveau reduzieren? Wenn Sie vom Vorbild Skandinavien
reden, dann sollte man doch wissen, dass dort zum größten
Teil das Gegenteil geschieht.

Hubertus Heil: Ich habe nie behauptet, dass man
soziale Lebensrisiken in Deutschland weiter privatisieren sollte.
Die Sozialstaatlichkeit werden wir gegen alle verteidigen, die sie
abschaffen wollen. wir müssen allerdings feststellen, dass
die Art und Weise, wie wir Sozialstaat in Deutschland organisieren
und finanzieren, in vielen Bereichen soziale Probleme lediglich
verwaltet. Ein zentraler Gesichtspunkt unserer Vorstellung eines
vorsorgenden Sozialstaats ist es, durch eine kluge Bildungspolitik
mehr Gesundheitsprävention und eine aktive Arbeitsmarktpolitik
soziale Probleme nach Möglichkeit im Vorhinein zu verhindern
und dafür zu sorgen, dass Menschen ihr Leben selbstbestimmt
führen können. Unser Ziel ist nicht eine Debatte um mehr
oder weniger Staat, sondern die Frage, wie wir unseren Staat besser
machen können.

hanswurstl: In Rheinland-Pfalz hat die SPD bei
den Landtagswahlen ja halbwegs erfolgreich abgeschnitten. Sachsen-Anhalt
und Baden-Württemberg waren aber ein Desaster. Wie will die
SPD im Osten wieder auf die Beine kommen? Und was qualifiziert ausgerechnet
Herrn Bullerjahn?

Hubertus Heil: Was heißt in Rheinland-Pfalz
"halbwegs erfolgreich"? Immerhin hat Kurt Beck in diesem
früher sehr konservativen Land eine absolute Mehrheit für
die SPD erreicht. In Baden-Württemberg haben wir eine bittere
Niederlage erlitten, da gibt es nichts zu beschönigen. Aber
im Osten Deutschlands ist die SPD, Berlin mitgerechnet, immerhin
in fünf von sechs Bundesländern an der Regierung beteiligt
und stellt mit Matthias Platzeck, Klaus Wowereit und Harald Ringstorff
drei überaus angesehen Ministerpräsidenten. Jens Bullerjahn
ist ein kluger und außerordentlich strategisch denkender Politiker,
der die SPD in Sachsen-Anhalt in die Regierung geführt hat
und der in der Landesregierung beweisen wird, dass die SPD in einem
Bundesland, das mit erheblichen wirtschaftlichen und sozialen Problemen
zu kämpfen hat, neue Ideen und Konzepte durchsetzen kann. Wir
werden noch viel Gutes über Jens Bullerjahn, den ich in den
letzten Monaten besser kennen gelernt habe, erfahren. Kurz: Das
ist ein guter Typ.

peter skalitzer: Sie stellen sich hinter das Modell
der großen Koalition. Weshalb schneidet dann aber die SPD
rund zehn Prozent schlechter als die Union ab?

Moderator: Ein Gefühl, das viele Beobachter
teilen: Die SPD "punktet" mit ihren Projekten, den (befragten)
SPD-Wähler kümmert es nicht.

Hubertus Heil: Als Generalsekretär wünsche
ich mir natürlich immer bessere Umfragen. Aber was zählt
ist nicht Umfragen, sondern Wahlen zu gewinnen. Und da haben wir,
wie gesagt, in diesem Jahr in Berlin und in Mecklenburg-Vorpommern
sehr gute Chancen. Meinungsumfragen wechseln ständig. Ich setze
darauf, dass Schritt für Schritt auch öffentlich registriert
wird, dass die SPD in der Bundesregierung Kraft der Erneuerung und
Garant von sozialer Gerechtigkeit ist. Auf Bundesebene werden wir
dann 2009 erleben, wem die Menschen in Zukunft die politischen Geschicke
unseres Landes anvertrauen. Ich kann nur sagen: Wir haben bis dahin
in der Regierung, aber auch bei der Erneuerung unserer Partei noch
viel Arbeit vor uns. Aber die SPD wird nicht nur gebraucht, sondern
ich bin mir sicher, dass es in Deutschland eine große Mehrheit
von Menschen gibt, die soziale Demokratie für unser Land wollen.

huibu: Woran soll denn die deutliche Abgrenzung
von der Union sichtbar werden?

Moderator: Geben Sie uns doch mal ein konkretes
Beispiel.

Hubertus Heil: In der Bildungs- und Sozialpolitik
sowie in der Gesellschafts- und Familienpolitik, aber auch in der
Energiepolitik gibt es erhebliche Auffassungsunterschiede zwischen
uns und den Schwarzen. Lassen Sie mich das am Beispiel der Energiepolitik
erläutern: Wir wollen, im Gegensatz zu einigen in der Union,
die rückwärts gewandte Debatte um die Atomkraft hinter
uns lassen. Moderne Energiepolitik heißt für uns, eine
Strategie, die auf Versorgungssicherheit, Energieeffizienz und den
Ausbau erneuerbarer Energien setzt. Die Frage der Zukunft der Energieversorgung
ist am Beginn des 21. Jahrhunderts sowohl in wirtschaftlicher, ökologischer
als auch sicherheitspolitischer Hinsicht eine entscheidende Zukunftsfrage.
Ich bin mir sicher, dass wir mit unserem Energieminister Sigmar
Gabriel unsere Vorstellungen in der Bundesregierung weiter durchsetzen
werden. Jedenfalls ist Energiepolitik viel zu wichtig, als dass
man sie Michael Glos alleine überlassen dürfte. In der
Familienpolitik erleben wir zwar, dass eine CDU-Frau Ministerin
ist, der wir aber auch gegen den Widerstand in ihren eigenen Reihen,
helfen werden, eine gute, weil sozialdemokratische Politik für
die Familie durchzusetzen.

sunny: Welche Rolle wir Matthias Platzeck zukünftig
noch in der SPD spielen?

Sokrates: Wie sehen Sie die Zukunft Platzecks?
Wird er in Zukunft in der Bundespolitik oder der SPD noch eine weitere
Rolle spielen können?

Hubertus Heil: Matthias Platzeck bleibt Ministerpräsident
in Brandenburg und hat damit Zugang zum SPD-Parteipräsidium,
dem zentralen Führungsgremium unserer Partei. Sein Engagement,
sein Rat und seine Arbeit bleiben für uns unverzichtbar.

Moderator: Das war`s, unser tagesschau-Chat nach
dem „Bericht aus Berlin“ ist vorbei. Vielen Dank Herr
Heil für den Chat. tagesschau.de und politik-digital.de bedanken
sich für Ihr Interesse. Die nächsten Chats folgen prompt:
Morgen, Montag, stellt sich ab zwölf Uhr Ralf Brauksiepe der
Diskussion. Brauksiepe ist arbeits- und sozialpolitischer Sprecher
der Unionsfraktion und hat mit der Zuständigkeit für Hartz
IV eines der heißesten Politikgebiete geerbt. Am Mittwoch
diskutiert mit Ihnen die Grünen-Fraktionschefin Renate Künast
ab dreizehn Uhr. Das Protokoll dieses Chats gibt`s wie immer in
Kürze zum Nachlesen auf den Seiten von tagesschau.de und Politik-digital.de.
Das tagesschau-Chat-Team wünscht allen noch einen schönen
Abend.

Hubertus Heil: Auch von mir aus allen Beteiligten
einen schönen Sonntagabend. Hoffentlich ab 20.15 einen guten
Krimi in der ARD, und ein besonderer Gruß an meine niedersächsische
Heimat. Die Menschen in meinem Wahlkreis Gifhorn-Peine seien mir
besonders gegrüßt. Wenn Sie mit mir weiter diskutieren
wollen, lade ich Sie herzlich im Weblog der SPD unter www.kraft-der-erneuerung.de
zur Diskussion um das neue Grundsatzprogramm der Sozialdemokratie
ein.