Markus Beckedahl von netzpolitik.org chattete in der Blogsprechstunde
über freie Software, die Web-2.0-Konferenz re:publica und die
Gefahr eines Überwachungsstaates. Für ihn ist Innenminister
Wolfgang Schäuble „vermutlich nur ein alter Mann, der nichts
versteht“.
Moderator: Hallo und herzlich
willkommen zur Blogsprechstunde von politik-digital.de in Kooperation
mit den Blogpiloten. Markus Beckedahl von netzpolitik.org, Fachmann
für Bürgerrechte im digitalen Raum, chattet von 16 bis
17 Uhr mit uns. Sie können schon gerne jetzt Ihre Fragen stellen.
Moderator: So, Markus Beckedahl ist bei uns im
Büro eingetroffen, wir können dann sofort starten. Wie
sieht es aus, Markus?
Markus Beckedahl: Sieht gut aus. Die Tastatur
ist etwas klein…
Commodore: Was muss – Deiner Ansicht nach – die
Regierung für Internet-Partizipation tun?
Markus Beckedahl: Vielleicht mal ausprobieren?
Im Moment gibt es ja nur zarte Pflänzchen der ePartizipation
und das eigentlich auch nur auf kommunaler Ebene. Die ePetitionen
sind zwar eine nette Idee, hier zeigt aber Großbritannien,
wie man es besser machen kann. Sonst läuft wenig. Zu wenig.
Bonnzai: Hallo Herr Beckedahl – gehen die Bürgerrechte
den Bach runter?
Markus Beckedahl: Bürgerrechte sind seit
einigen Jahren unter ständigem Beschuss. Man glaubt zuweilen,
dass es nicht schlimmer kommen kann. Aber dann biegt direkt nach
der Vorratsdatenspeicherung die Debatte um die Online-Durchsuchung
um die Ecke. Irgendwann muss Schluss sein, sonst kommen wir rasch
von der Überwachungsgesellschaft, in der wir uns de facto schon
befinden, in einen Überwachungsstaat.
Lola: Warum gibt es in Deutschland so wenig Blogs,
die sich mit Politik beschäftigen?
Markus Beckedahl: Die klassische Frage. Ich hab
keine Ahnung. Wieso gibt es in Deutschland so wenige Menschen, die
sich politisch engagieren oder für Dinge eintreten, die ihnen
wichtig sind?
Ein Grund kann auch das noch einigermaßen funktionierende
Mediensystem sein. Noch gibt es eine Menge Vielfalt in den klassischen
Medien. Das wird aber auch vergehen, wie andere Länder zeigen.
Und dann gibt es vielleicht auch mehr politische Blogs, die in diese
Rolle treten.
stevee: Was kann man sich von abgeordnetenwatch.de
versprechen? Gibt es ähnliche Angebote oder allgemein einen
Trend zu mehr Transparenz?
Markus Beckedahl: Es gibt einige ähnliche
Projekte. Ob sie mehr Transparenz bringen, weiß ich nicht.
Zumindest schaffen sie eine weitere Möglichkeit zum Dialog
mit den Bürgern. Ob die Politiker diesen nutzen, steht auf
einem anderen Stern geschrieben.
gnagna: Was haben wir onlinemäßig von
Frankreich zu erwarten? Jetzt im Wahlkampf?
Markus Beckedahl: Journalisten, die mitzählen,
wie viele Blogs zur jeweiligen „politischen Blogosphäre"
gehören. Das hat schon witzigen Charakter. Ansonsten zeigt
der Wahlkampf dort, dass es was bringt, auf das Netz zu setzen.
In Deutschland passiert das ja etwas spärlicher im Wahlkampf.
_Sarah_: Guten Tag! Macht das Internet und insbesondere
Blogs (und weitere Formen von Web 2.0) Deiner Meinung nach die Politik
eher demokratischer oder verstärkt es eher die Zersplitterung
des öffentlichen Diskurses und Ungleichheiten im Bereich der
Kommunikation und Zugang zu Information?
Markus Beckedahl: Es diskutieren ja nicht mehr
Menschen über Politik als vorher. Wissenschaftler gehen von
einer demokratischen Elite aus, die das interessiert. Die haben
es jetzt viel einfacher als vorher. Es bietet einige Chancen, dass
der allgemeine Diskurs demokratischer wird. Eine Zersplitterung
sehe ich nicht. Früher lief der Diskurs auf Mitgliederversammlungen
der Parteien an der Basis ab. Das war nicht viel demokratischer
als heute, nur lokaler.
maieutike: Welches Szenario würde denn dem
Überwachungsstaat folgen? Also wie würden die Daten missbraucht
und gegen uns verwendet ?
Markus Beckedahl: Ich weiß nicht, was nach
dem Überwachungsstaat kommt. Ich will diesen aber auch nicht
erleben. Nicht nur der Staat bedroht die informationelle Selbstbestimmung
der Bürger, auch die Wirtschaft.
Moderator: Technische Probleme, einen Augenblick
bitte…
Markus Beckedahl: Test. Irgendwie klappt hier
gerade was nicht. Ich bin unschuldig.
Moderator: Okay, wir arbeiten mit Windows, das
verträgt sich nicht mit Open Source, scheinbar…
Markus Beckedahl: Zurück zur Frage. Versicherungen
wollen meine genetische Daten, Test?
Die Antwort will nicht beantwortet werden. Kaum erwähne ich
Banken, gehen die Filter an? 😉
Ah, das geht. Na gut, dann liegt es an den Scoring-Vokabeln? Nö,
geht auch. Prima. Vielleicht mal eine andere Frage?
Moderator: Gerne:
ÜsüÜSs: Welche Bürgerrechte
sind wichtig im digitalen Zeitalter?
Markus Beckedahl: Alle. Man kann gar nicht oft
genug erwähnen, wie progressiv zu heutigen Zeiten die Menschenrechtserklärung
von 1948 und das Grundgesetz von 1949 waren und sind.
Moderator: Jetzt auch wieder mit Webcam!
stevee: Wie steht die EU zu OpenSource und OpenAccess?
Habe einmal etwas über eine Studie auf netzpolitik.org gelesen,
die OpenSource-Förderung der Kommission vorgeschlagen hat.
Konnte dies auf die Schnelle nicht wiederfinden. Was ist daraus
geworden?
Markus Beckedahl: Tja, da hat die EU eine Studie
in Auftrag gegeben, die microsoftnahe Lobby hat noch vor Veröffentlichung
davor gewarnt und nach der Veröffentlichung hat die Presseabteilung
der EU-Kommission den Redaktionen hinterhertelefoniert, dass das
ja keine verbindliche Studie ist. Die Ergebnisse waren aber sehr
interessant. (Bericht
auf netzpolitik.org) Europa hat große Vorteile, auf Freie
Software zu setzen. Es wurden auch Steuervorteile für die Produktion
von Freien Gütern vorgeschlagen, die ich sehr interessant finde.
Menschen spenden ja quasi Zeit für die Allgemeinheit und das
sollte als Anreizsystem schon steuerlich bevorzugt werden. Für
OpenAccess gibt es jetzt auch mehr Geld, was erfreulich ist. In
beiden Bereichen liegen große Chancen für die EU, die
Lissabon-Ziele zu erreichen, Arbeitsplätze zu schaffen und
vor allem eine nachhaltige Ökonomie, die im weltweiten Wettbewerb
bestehen kann.
Moderator: Wir haben auch sehr viele Fragen zur
re:publica, einer Web 2.0-Messe, die Markus Beckedahl mitveranstaltet.
Als Hintergrund: Ein bekannter Blogger hat seine Teilnahme abgesagt,
weil es ihm zu kommerziell sei.
Fonsi: Wie geht ihr mit der Kritik von Don Alphonso
zur re:publica um?
Markus Beckedahl: Ich habe keine Kritik von Don
Alphonso zur re:publica vernommen. Ich finde es schade, dass er
sich der Diskussion nicht stellt. Genau wegen seiner Meinung zum
Thema Ethik haben wir ihn eingeladen. Die re:publica ist übrigens
keine Messe, sondern eine Konferenz.
Moderator: Aber er hat drastische Worte zu den
Teilnehmern gefunden…
Markus Beckedahl: Hat er?
ihopperl: Welche Ziele verfolgt ihr mit der re:publica?
Wen wollt ihr erreichen?
Markus Beckedahl: Als wir mit den Planungen anfingen,
stellten wir uns eine Konferenz vor, die uns gefällt. Die verwirklichen
wir jetzt. Bisher gab es in Deutschland keine Events in die Richtung,
wie wir die re:publica planen. Barcamps waren eher regionaler und
technischer, der tolle CCC-Kongress sprach andere Menschen an und
die Wizards of Os erschien vielen als zu akademisch und progressiv.
Dazu gibt es viele „Web 2.0"-Kongresse, die zwischen
600 und 1500 Euro kosten. Wir wollen aber weniger technisch sein,
weniger nur über Wirtschaft und Geld verdienen reden und stattdessen
mehr über Gesellschaft und Kultur. Die re:publica spricht daher
alle an, die sich mit sozialen und kulturellen, vielleicht auch
etwas politischen, Prozesse im Netz beschäftigen, diese selbst
erleben und Gleichgesinnte treffen wollen.
sparring: Wie viele Leute kommen jetzt eigentlich
schon fest zur re:publica – also Aktive und Passive?
Markus Beckedahl: In unserem Wiki haben sich über
130 Leute als fest kommend eingetragen und 80 Leute als eventuell.
Nimmt man noch die ganzen Speaker dazu, Presse und die sich nicht
ins Wiki eingetragen haben, kommen vermutlich schon eine menge Menschen.
Moderator: Zwei Fragen gebündelt:
lambada: Zur re:publica: Viele kritisieren ja
die hohen Eintrittspreise, besonders da Du ja immer für das
kostenlose OpenSource-Wesen plädierst. Wie stehst Du dazu?
Mensa2: Warum sollte ich für die re:publica
so viel Eintritt bezahlen?
Markus Beckedahl: Open Source, beziehungsweise
freie Software, ist ungleich kostenlos. Das wird immer von den Menschen
falsch verstanden. Wir haben uns bemüht, den Eintrittspreis
sehr niedrigschwellig zu halten. Normale Rockkonzerte kosten teilweise
schon soviel, wie wir für eine dreitägige Konferenz mit
bis zu fünf Paralleltracks nehmen.
Moderator: Was wird Dein Lieblingsprogrammpunkt
bei der Konferenz?
Markus Beckedahl: Da wird es viele geben. Ich
freue mich natürlich über die Diskussion zur „Politik
2.0". Ansonsten wird es auch viele kleine Events in den Workshopräumen
geben, die spannend sind. Ich freu mich aber vor allem, endlich
mal viele Leute persönlich kennen zu lernen, die man seit Jahren
im Netz liest. Das ist doch das eigentlich Spannende, was man online
nicht wirklich schaffen kann.
gnagna: Wann findet der Kongress wo statt? Website?
Markus Beckedahl: 11.-13. April in der Kalkscheune
in Berlin-Mitte. http://www.re-publica.de
Zasu: Bislang habt ihr nur die Podiumsdiskussionen
der re:publica geplant. Sollen sich die restlichen Workshops spontan
ergeben? Oder ist das geplant?
Markus Beckedahl: Wir arbeiten noch an der Weiterentwicklung
des Programms. Da wird es noch eine große Vielfalt an Themen
geben, die nicht in die Haupthalle passten, aber es wird auch genug
Platz und Raum für spontane Treffen und Diskussionen geben.
Moderator: Kommen wir einmal zu netzpolitik.org
(das Blog / die Website, für die Markus Beckedahl steht)
kazumm: Wie viele Leute arbeiten eigentlich bei
netzpolitik.org mit und wie kann man mitmachen?
Markus Beckedahl: Ich hab mal in den letzten drei
Jahren circa 20 Menschen einen Zugang gegeben. Außer zwei
Personen kenne ich alle persönlich. Wir überlegen momentan
noch, wie man mehr Menschen die Möglichkeit gibt, sich zu beteiligen.
Aber das scheitert bisher an Zeit, die Vorstellungen technisch umzusetzen.
Aber nicht alle von den 20 schreiben noch mit und die meisten auch
nur sporadisch ab und an. Ich freue mich aber immer, wenn ich einen
fremden Text entdecke.
Moderator: Wieder zwei Fragen im Block:
haudul: Wie gelangst Du an Deine Informationen?
Martin_: Woher wissen Sie, ob Ihre Informationsquelle
richtig ist, die Sie in einen Artikel benutzen und auf Ihrer Seite
veröffentlichen?
Markus Beckedahl: Ich nutze hauptsächlich
meinen RSS-Reader zur Informationsrecherche. Ansonsten weiß
ich nicht immer, ob eine Information vertrauenswürdig ist.
Wenn ich das Gefühl habe, dass die Quelle nicht in Ordnung
ist, schreibe ich das dazu. Wenn ich im Nachhinein feststelle, dass
eine Quelle fehlerhaft war, korrigiere ich das transparent. Manchmal
recherchiere ich auch selbst nach, aber dafür hätte ich
auch gerne mehr Zeitressourcen.
Morris: Auf netzpolitik.org wird häufig sehr
kritisch über elektronische Wahlmaschinen berichtet. Was halten
Sie denn von der Wahl in Estland, die problemlos über die Bühne
ging? Kann das elektronische Verfahren nicht auch eine Chance sein?
Markus Beckedahl: Soweit ich das mitbekommen habe,
konnte man nur mit Microsoft-Produkten an der Wahl teilnehmen. Wenn
das stimmt, ist das alleine schon inakzeptabel, weil es meine Wahlfreiheit
einschränkt und monopolfördernd ist. Das ist nicht die
Aufgabe des Staates. Außerdem vertraue ich Wahlcomputern nicht.
Eine digitale Wahl ist nicht demokratisch kontrollierbar. Das ist
der Hauptpunkt. Wer soll überprüfen, wer wie gestimmt
hat?
SWN: Wie finanzieren Sie Ihr Angebot?
Markus Beckedahl: Ich bin Geschäftsführer
von newthinking communications, einer Agentur für OpenSource-Strategien
in Berlin. Meine Firma zahlt die Server, die Zeit spende ich dazu.
Ansonsten gibt es im Moment noch ein kleines Blogstipendium, was
ich mal gewonnen habe. Aber ich glaube, das läuft bald aus.
Adical: Was hältst Du von Werbung und Blogs
und speziell von Adical (eine von Bloggern gegründete Firma
aus Berlin, die Werbung in Blogs anbietet, Anm. der Redaktion)?
Markus Beckedahl: Ich finde Google-Ads (Werbeeinblendungen
, die der Suchmaschinen-Konzern vermarktet, Anm. der Redaktion)
hässlich. Und Schleichwerbung mag ich nicht – ob in Blogs oder
sonstigen Medien. Ansonsten ist es mir egal, ob jemand Werbung nutzt
oder nicht. Das soll jeder selbst bestimmen. Adical ist eine interessante
Sache und ich bin gespannt, wie sie sich entwickelt. Im Endeffekt
ist das ja etwas Selbstorganisation und eine Möglichkeit die
Abhängigkeit von Google-Ads zu umgehen, auf die viele Blogs,
mehr oder weniger erfolgreich setzen.
honey: Fühlst Du dich sozusagen als „Missionar"
der OpenSource-Gesellschaft?
Markus Beckedahl: Missionare gibt es in der Kirche.
Ich bin ein Fan von Peer Production (wirtschaftliche Produktion,
die von größeren Menschengruppen und nicht von Unternehmen
ausgeht, Anm. der Redaktion) und erläutere gerne die Vorteile.
gundela: Open Source ist ja schön und gut.
Aber Microsoft Word ist immer noch viel besser von der Handhabung
als OpenOffice beispielsweise. Haben Sie da bessere Vorschläge?
Markus Beckedahl: Zahlst Du Lizenzgebühren
für MS Word? Für den Preisunterschied finde ich OpenOffice
echt prima. Und die Software wird sich auch noch kontinuierlich
verbessern.
Moderator: Freifunk ist ein Projekt, das sich
für das Verschenken von Internetzugängen einsetzt.
Lukas: Kann sich ein Projekt wie Freifunk eigentlich
gegen die Zunahme an kommerziellen, flächendeckenden WLAN-Anbieter
behaupten? Die Verbindung ins Internet über freie Netze ist
ja meistens eher langsam.
Markus Beckedahl: Wer in Berlin-Friedrichshain
in den letzten Jahren gewohnt hat, wird Freifunk geliebt haben.
Da gab es oft keine Alternative außer ISDN. Man verschenkt
ja auch keine Zugänge, sondern teilt die eigenen Ressourcen.
Wenn mehr Menschen mitmachen, wird es auch schneller.
gnagna: Second Life als neues Hype-Thema: Kaum
eine PR-Agentur, die ihren Kunden nicht empfiehlt, da „irgendwas
zu machen". Muss auch die Zivilgesellschaft / Non-Profit-Organisationen
in so einem Umfeld „irgendwas machen"?
Markus Beckedahl: Second Life war meiner Meinung
nach lange zu wenig gehypt und ist jetzt echt zuviel gehypt. Viele
Kunden fragen uns, ob sie da rein müssen, weil ja alle reingehen.
Ich empfehle dann zivilgesellschaftlichen Organisationen, Geld lieber
woanders zu investieren, wo man mehr Nutzen im Netz hat. Der Hype
geht vorbei, viele Menschen sind da einfach nicht online und als
ich das letzte Mal politische Angebote dort anschaute, war niemand
anwesend, um mit mir zu chatten. Nichtsdestotrotz haben wir viele
Ideen, wie man es ohne viel Geldressourcen für politische Kommunikation
nutzen kann. Aber andere Netztechnologien sind da momentan noch
besser geeignet zur Organisation und zum Campaigning.
Moderator: Eine große Frage:
ulfi: Wie setzt man das Netz als Plattform für
Politik am besten ein?
Markus Beckedahl: Am besten kreativ, mit Spaß
an der Sache und neue Dinge ausprobierend.
Moderator: Die Lieblingsfrage aus unseren bisherigen
Chats:
Hihihi: Was ist Dein Lieblingsblog?
Markus Beckedahl: Auf jeden Fall boingboing.net,
aus Deutschland lese ich noch gerne fx3.org/blog
und bei Videosachen gugelproductions.de/blog.
Große Klasse ist auch das Chaosradio-Angebot
und der j!cast
von Lara Dierking.
Tante Kaethe: Wie viele Stunden pro Tag bist Du
online?
Markus Beckedahl: Kommt ganz drauf an. das Spektrum
geht zwischen null und 24 Stunden.
Commodore: Ein Kommentar zum Merkel-Podcast bitte…
Markus Beckedahl: Sollte man mehr mashupen (kreativ
bearbeiten und ergänzen, Anm. der Redaktion).
topias: Wie viele Leser hast Du pro Tag auf netzpolitik.org?
Markus Beckedahl: Schwierige Frage, das kann man
technisch schwer einschätzen. Die meisten Nutzer kommen über
RSS-Feeds. das reine Angebot nutzen 2-3000 Leser am Tag. RSS-Feeds
werden eine Millionen Mal im Monat abgefragt, aber ich check ja
auch oft am Tag meine Feeds. Insofern keine Ahnung.
Knuddel: Was halten Sie von Innenminister Schäuble?
Hat er durch seine „Antiterror"-Aktionen jegliche „Credibility"
verloren?
Markus Beckedahl: Der hat bei mir schon vorher
jede Credibility verloren und gehört in die Rente. Ich halte
ihn für sehr gefährlich, was Bürgerrechte betrifft.
Aber vermutlich ist er nur ein alter Mann, der nichts versteht und
im Innenministerium von den Hardlinern erfolgreich gelobbyt wird.
Zabaoiun: Hast Du was von der Anti-Wahlcomputerpetition
gehört, die beim Bundestag eingereicht wurde? Gibt es irgendwelche
neuen Entwicklungen? Der CCC war ja damit stark beschäftigt!
Markus Beckedahl: Die Petition hat fast 50.000
Stimmen bekommen und war damit einer der erfolgreichsten im Petitionssystem
des Bundestages. Neues gibts da nicht. Es läuft eine Verfassungsklage,
beziehungsweise die Vorbereitung. Der CCC bittet um Spenden dafür
und für die Nutzung des Informationsfreiheitsgesetzes. Letzteres
ist ja unverschämt teuer. Also spendet dem CCC, dann wird die
Kampagne auch erfolgreicher. Ideen gibts genug, was man mit etwas
Geld Kreatives anfangen kann
Gnom_2: Wie stehst Du zum Thema Bürgerjournalismus?
Findest Du das wichtig?
Markus Beckedahl: Ich finde es prima, wenn jeder
die Möglichkeit hat, selbst zu publizieren und an Diskursen
teilzunehmen. Es ist doch eine tolle kulturelle Weiterentwicklung
gegenüber dem 20. Jahrhundert, dass jeder jetzt günstig
an die notwendigen Produktionsmittel kommen kann und eigene Medien
machen kann. Einen eigenen Fernsehsender, ein eigenes Radio mit
einem billigen Computer – und diese Kulturtechniken in der Hand
von jungen kreativen Menschen. Toll.
Moderator: Kurz vor Schluss: Was hast Du eigentlich
gegen Chatten? Du hattest ja gesagt, das sei in der politischen
Kommunikation überholt.
Markus Beckedahl: Das Chat-System ist nicht ausreichend
offen. Ich nutze mittlerweile am meisten Instant Messaging (Verschicken
von Sofortnachrichten, Anm. der Redaktion) in meiner Kommunikation
und oft auch IRC (Internet Relay Chat – Textnachrichten zwischen
Internetusern). Insofern hab ich nicht wirklich was gegen Chatten.
aber geschlossene Systeme haben Nachteile, es gibt kein RSS und
das Synchrone ist auch nicht so prima. Asynchrone Kommunikation
gibt mehr Zeit zum Überlegen und Argumentieren.
Moderator: Noch ein Schlusswort?
Markus Beckedahl: Habt ihr Vorschläge? Werdet
selbst politisch und setzt Euch für Sachen ein, die Euch wichtig
sind. Das Netz gehört uns, wir müssen es aber frei und
offen halten, damit sich die Wissensgesellschaft nachhaltig und
zum Vorteil aller entwickeln kann.
Pachulke II: Chatten setzt eene jrosse Disziplin
voraus….man muss dem jegenüber zuhören können und
die Hände still halten…Schnell hat man mal was falsches jesagt.
Moderator: So, die Chatzeit ist um. Vielen Dank
an alle User und an Markus Beckedahl fürs Mitmachen.
Markus Beckedahl: Danke und viel Spaß noch!
Moderator: Und Entschuldigung für die technischen
Probleme! In der kommenden Woche ist der Shopblogger Björn
Harste Gast in der Blogsprechstunde von politik-digital.de und den
Blogpiloten – wie immer dienstags von 16 bis 17 Uhr. Das Transkript
gibt es in Kürze zum Nachlesen auf politik-digital.de.