Am 04. September2007 war Stefan Zwierlein vom Google Watch Blog zu Gast in der Blogsprechstunde von politik-digital.de und den Blogpiloten. Im Chat sprach er über die Beeinflussung von Lesern, die Angst vor Datenmissbrauch und kommende Dienste von Google.

 

Moderator: Hallo und herzlich willkommen zur Blogsprechstunde,
dem Chat von politik-digital.de und den Blogpiloten. Heute ist Stefan
Zwierlein vom Google Watch Blog unser Gast.

Stefan Zwierlein: Hallo, willkommen zum Chat über
den GoogleWatchBlog.

Stefan Zwierlein
Stefan Zwierlein
vom GoogleWatchBlog

Moderator: Hallo Stefan, dann kann es ja jetzt
losgehen.Unsere Nutzer konnten bereits im Vorfeld Fragen stellen
und darüber abstimmen, welche heute den Chat eröffnen.
Hier ist die erste:

Karsten: Wie lange gibt es das GoogleWatchBlog
eigentlich schon und wie viele Leute schreiben dafür?

Stefan Zwierlein: Den Blog gibt es seit dem 27.
Oktober 2005, ein Tag zuvor wurde die Software installiert und alles
eingerichtet. Autoren sind eigentlich nur Jens Minor und ich, obwohl
auch Stefan More und Michael Mayr noch Schreibzugriff haben. Zu
unserem Team sind aber in den letzten zwei Jahren auch immer mehr
hinzugestoßen. Manche, wie ich, sind regelmäßig
dabei, andere beteiligen sich nur punktuell. Jeder Leser kann aber
auch Artikel vorschlagen oder gleich selbst schreiben und einstellen.
Dies wird von der Community zunehmend genutzt. Die Interaktivität
geht also über die Kommentare und Beiträge in unserem
Wiki hinaus. Wenn ihr also was Neues habt, stellt es doch einfach
bei uns ein: http://www.googlewatchblog.de/suggest.php

Moderator: Ein paar Nutzer scheinen sich zu wundern,
wo Jens Minor, der Gründer des Google Watch Blogs, heute ist:

stefan2904: Wo ist Jens?

Stefan Zwierlein: Jens ist leider beschäftigt
und konnte den Termin heute nicht wahrnehmen. Aber ich habe seine
Antworten und spreche daher auch in seinem Namen.

Kaspar Hauser: Seid ihr eigentlich pro Google,
contra Google oder neutral?

Stefan Zwierlein: Da wir uns als große Google-Fans
ansehen, sind wir natürlich eher pro eingestellt und wir freuen
uns über jede Neuigkeit und jeden Vorteil, den Google uns bietet.
Es ist aber nicht so, dass wir alles versuchen, schön zu reden,
was Google tut – wir sind ja keine Pressesprecher 😉 Es würde
also nichts geben, was wir nicht schreiben würden, um irgendjemanden
zu schonen. Wir beachten aber sehr wohl die Fairness, die man dabei
haben sollte. Aber bad news sind ja bekanntlich auch good news.
Tatsächlich hat es auch noch kaum Konfliktfälle gegeben.

calexico: Woher bekommt ihr die ganzen Informationen
für das WatchBlog? Und wie viel Zeit geht für die Google-Beobachtung
drauf?

Stefan Zwierlein: Das Zauberwort heißt Feedreader.
Die meisten Informationen stammen von den bekannten amerikanischen
Google-Blogs, teilweise entdecken wir die Dinge aber auch selbst
oder werden per Mail hingewiesen. Wie das mit Hobbys so ist, verbringt
man sicherlich viel mehr Zeit damit, als man denkt. Da ich mich
aber auch im Studium mit dem Thema beschäftige, lässt
sich das nicht so klar abgrenzen. Das ist ein fließender Übergang.
Täglich ist es aber im Durchschnitt bestimmt eine Stunde. Bei
Jens gehen sogar um die zwei bis drei Stunden am Tag dafür
drauf.

hebbet: Ich weiß, dass Google es dem Blog
erlaubt, diesen GoogleWatchBlog zu nennen. Hat Google schon mal
angefragt ob sie diesen Blog übernehmen dürfen?

Stefan Zwierlein: Wir haben zwar Kontakt mit dem
Pressesprecher, aber ein solch direktes Feedback haben wir noch
nicht bekommen. Da hält sich das Unternehmen stark zurück.
Grundregel des Unternehmens war es ja immer, gar keine eigene Werbung
zu machen. Daher würde das auch nicht zu Google passen, aber
wir wissen, dass viele Googler den Blog lesen. Siehe dazu auch hier
.

hmmmm: Wie viel Einfluss kann ein WatchBlog eigentlich
haben?

Stefan Zwierlein: Wir sind überrascht von
dem großen Interesse, das der Blog hat. Die Größenordnung
der Zugriffe ist mit denen auf Blogs mit wesentlich breiterer thematischer
Fächerung vergleichbar. Doch unsere Leser sind nah am Thema,
Google-Mitarbeiter, Berater im SEO Geschäft, und viele technikbegeisterte
Google-Fans. Das sind Abonnenten die bleiben, weil sie auch noch
in Zukunft über die News rund um Suchmaschinen und all die
neuen Dienste informiert werden wollen. Ich denke, dass ein WatchBlog
die BILD-Zeitung für seinen Bereich sein kann. Das ist nicht
im negativen Sinne gemeint, aber ein WatchBlog kann die Meinung
seiner Leser schon sehr bilden. Die meisten unserer Leser informieren
sich noch über andere Quellen über Google – einige vertrauen
aber 100-prozentig auf uns – und diese kann man natürlich leicht
beeinflussen. Welchen Einfluss ein WatchBlog auf das beobachtete
Unternehmen hat, ist schwer zu sagen – wir meinen eigentlich gar
keinen. Das Unternehmen wird natürlich aufpassen, dass es nicht
komplett zerrissen wird. Aber ich denke, so ein WatchBlog kann auch
nützlich sein, um eigene Fehler zu entdecken und zu erfahren,
was die Kunden denken und möchten. Die Wirkung nach innen ist
vielleicht sogar größer als die Werbewirkung, da bei
Google dafür ja ohnehin die Qualität der Dienste da ist.

nikberlin: Wenn man Euren Blog durchgeht, stellt
man fest, dass Ihr sehr stark über die Produkte schreibt und
redet. In der Community gibt es ja mittlerweile eine ziemliche Diskussion
über die Rolle von Google, in Deutschland lahmt die ganze Diskussion
ja etwas, ich nenne nur die Stichworte Copyright, Privacy und auch
technologische Fragen. Habt ihr all diese Fragen auf der Agenda
oder interessieren die euch gar nicht?

Stefan Zwierlein: Uns interessieren vor allem
die technischen Innovationen. Die ethischen Folgen, die daraus entstehen,
werden intensiv von der Community in den Kommentaren ausdiskutiert,
die bei uns ein Forum für solche Themen bieten.

airjump: Hallo, das GoogleWatchBlog ist für
mich nicht mehr wegzudenken. Doch warum mit Werbung?

Stefan Zwierlein: Das hat zwei wesentliche Gründe:
Zum einen haben wir eine eigene Serverlösung, die nicht kostenlos
ist, wie z.B. Blogger, weil wir auch selbst technische Spielereien
einbauen wollen, die es bei solchen Diensten (noch) nicht gibt.
Das ist also sehr nützlich, um das ganze kostenneutral zu halten,
ohne dass es durch fehlende Relevanz störend wird. Zum anderen
nutzen wir einen der erfolgreichsten Google-Dienste, nämlich
AdSense. Wenn wir täglich darüber berichten, wollen wir
uns damit auskennen und müssen diese Dienste natürlich
auch testen.

pängpäng: Wie steht ihr zu dem neuen
aufklärerischen Impetus von googlemap, sei es in Sachen Darfur,
Tankerkatastrophen o.ä.?

Stefan Zwierlein: Ich denke, da nutzt Google den
Entdeckerdrang vieler Leute aus, um den Dienst mit Dingen, die in
der Welt einfach nur da sind, interessant zu machen. Wenn man bedenkt,
wie viele Blogger über ziemlich banale Muster auf Kornfeldern
oder ähnliches berichten.
Wir würden vom Thema abkommen, wenn wir das auch alles noch
mit aufnehmen würden.
Wenn natürlich etwas heraussticht und es eine Relevanz zu Google
oder der Welt der Suchmaschinen und Softwarefirmen hat, sind wir
wieder dabei. Da kann es sich dann auch um Microsoft, Yahoo oder
Ask.com handeln.

Moderator: Zur Entwicklung von Google:

seekXL: Bereitet Dir die rasante Entwicklung von
Google für die Zukunft Angst, gerade im Hinblick auf die Menge
an Daten, welche man im Laufe der Zeit über Dich gesammelt
hat?
Vielleicht nicht Angst", aber Sorge", was in den falschen
Händen damit angestellt werden kann?

Stefan Zwierlein: Angst bisher noch nicht, aber
Respekt und Vorsicht. Mittlerweile gibt es schon Momente, in denen
ich mir denke "Mein Gott, das habe ich Google auch schon anvertraut…".
Irgendwie hat Google, und das wohl nicht nur bei mir, den Stand
eines sehr guten Freundes, dem man jedes Geheimnis erzählt
und darauf vertraut, dass er es nicht weiter erzählen wird.
Und Google gibt mir dafür sogar noch jede Menge Vorteile. Wir
haben beide keine Sekunde gezögert, die Web History – also
im Grunde die letzte Privatsphäre im Internet – zu aktivieren
und Google mitzuteilen, wo wir gerade genau surfen. Allerdings halte
ich persönlich Google bei sicherheitskritischen Anwendungen
heraus. Also da gibt es schon noch Ausnahmen. Problematisch wird
es in der Tat, wenn man davon betroffen ist, ohne davon etwas zu
wissen. Es gibt einige Google-Dienste, bei denen das inzwischen
der Fall ist.

BigBummi: Zahlreiche Anbieter kostenloser Leistungen
sind aus dem Web verschwunden oder in den kostenpflichtigen Bereich
gewechselt. Trägt sich Google selber und kann deshalb ihre
bisher kostenlose Dienst auch weiterhin kostenlos halten?

Stefan Zwierlein: Die Strategie, bestimmte Dienste
kostenlos anzubieten, ist einfach eine Taktik, mit einem Vorsprung
an den Markt zu gehen. Auch Microsoft hat z.B. in der Anfangszeit
Produkte sehr günstig angeboten, um eine marktbeherrschende
Stellung zu bekommen. Inzwischen wird auch hier nicht mehr alles
verschleudert. Wir können beobachten, dass auch Google zunehmend
Premium-Dienste oder auch einfach nur mehr Speicherplatz zu Aufpreisen
anbietet. Ich denke, das wird noch zunehmen, aber der kostenlose
Dienst zum Einstieg wird meiner Ansicht nach erhalten bleiben.

teichtier: Verleger DuMont Schütte meinte
in der FAZ, Google wäre in 10 Jahren tot. Wunschdenken eines
Verlegers oder wird Google wirklich irgendwann am Ende sein?

Stefan Zwierlein: Kein Unternehmen existiert ewig
– da wird auch Google keine Ausnahme sein. Genauso wie Google damals
wird es auch in Zukunft ein Unternehmen geben, dass plötzlich
alles bis dahin Dagewesene in den Schatten stellt. Aber das passiert
eben immer wieder in etwas unterschiedlichen Bereichen. Bei Microsoft
waren es Betriebssysteme, bei Google Suchmaschinen oder bei Apple
nun Handys. Doch wir haben uns für Google als Aufhänger
entschieden, weil wir eben gerade nicht glauben, dass es sich nur
um eine kurzfristige Erscheinung handelt. Die Google Mission ist
für eine sehr lange Zeit, in der Größenordnung von
einem Jahrhundert und länger, angelegt. Ich persönlich
halte das für realistisch. Doch das wird das Unternehmen natürlich
niemals alleine schaffen. Bestimmt wird es andere geben, die da
mitmischen wollen, aber das macht das ganze ja nur spannender. Auch
über die anderen Player in dem Bereich berichten wir hin und
wieder. Microsoft ist auch nicht weg vom Fenster, nur weil sich
in ganz anderen Bereichen Unternehmen wie Apple oder Google Aufmerksamkeit
in der Öffentlichkeit verschaffen. Zur Erinnerung: Bill Gates
hatte die Vision von einem PC auf jedem Schreibtisch. Und da sind
wir heute. Zumindest in den Industrienationen. Und ganz nebenbei:
95 Prozent unserer Leser verwenden Microsoft Windows. Doch nun geht
es auch darum, diese Technologie einzusetzen und die Information
der Welt nutzbar zu machen. Das finden wir, ist ein spannendes Thema
und eine vielversprechende Mission.

franke: Google hat ja am 07.09.2007 Geburtstag
und wird 9 Jahre alt. Ist schon was bekannt, ob es etwas Besonderes
für die User gibt?

Stefan Zwierlein: Vielleicht das GooglePhone?
😉
Zudem sind ja auch noch weitere Dienste in der Pipeline, von denen
wir im Gegensatz dazu mit großer Sicherheit wissen, dass sie
kommen werden. Dazu gehört der Dienst für Online-Präsentationen,
sowie ein Google-Dienst für Wikis. Die Kernfelder von Google
sind ja Suche, Werbung und Anwendungen. Es gibt momentan keinen
Anlass zu vermuten, dass sich das Unternehmen selbst in andere Bereiche
wie z.B. Hardwareproduktion über das bisherige Maß hinaus
entwickeln wird. Rund um das Thema GooglePhone gibt es nur Halbwissen
– nur Vermutungen. Ich denke aber, dass, wenn es das eines Tages
geben sollte, doch eher als Softwareplattform für all die neuen
mobilen Google-Dienste wie Google Maps, das neue Bezahlsystem GPay
und andere Killer-Applikationen dient, die es gegenüber "herkömmlichen"
Handys mit sich bringt. Dass man auf diesem Markt mit ein paar neuen
Features und Innovationen etwas reißen kann, hat Apple ja
schon eindrucksvoll gezeigt. Der Schlüssel dazu werden vor
allem Kooperationen und Allianzen mit anderen Firmen sein. Oder
vielleicht steht ja auch wieder eine kleine Milliardenakquisition
an 😉 Viel Geld für Mobilfunklizenzen will ja Google nebenbei
auch noch ausgeben.

Stefan More: Wird es einmal ein GWB-Community-Treffen
oder ein ähnliches Event geben?

Stefan Zwierlein: Da alle Beteiligten über
Deutschland, Europa und die Welt verteilt sind, dürfte das
ziemlich schwierig werden. Aber in der Tat gab es bereits einige
kleinere Bloggertreffen und andere Events, wie das Podcamp, an denen
wir bereits teilgenommen haben. Aber das ist eine interessante Idee,
auf den Vorschlag kommen wir vielleicht demnächst zurück
😉

Moderator: Zum Schluss gibt´s noch Leser-Komplimente:

Gmail: Hallo Stefan, ich wollte nur sagen, ich
finde deinen Blog super und lese fast jeden Tag ohne aktiv mitzureden!
Aber Kompliment! Sehr informativ! Gruß aus der Schweiz.

Moderator: Das war die Blogsprechstunde für
heute. Danke an die Nutzer für die vielen Fragen und natürlich
danke an Stefan Zwierlein für die interessanten Einblicke.
Das Transkript dieses Chats finden Sie in Kürze bei politik-digital.de
und den Blogpiloten. Stefan, noch ein Schlusswort?

Stefan Zwierlein: Es war sehr spannend auf Eure
Fragen zu antworten und vielen Dank für die Einladung zu dieser
Gelegenheit. Vielleicht lässt sich ja die Diskussion demnächst
auf einem Community-Treffen, wie vorgeschlagen, fortsetzen.