Am Montag, den 6. Februar, war Katrin Göring-Eckardt
zu Gast im tagesschau-Chat in Kooperation mit politik-digital.de.
Die Bundestagsvizepräsidentin und MdB von Bündnis90/Die
Grünen stellte sich den Fragen der Chatter und diskutierte
mit ihnen über Familienpolitik, Kinderbetreuung und den sogennanten
"Karikaturen-Streit".
Moderator:
Unser Gast im ARD-Hauptstadtstudio ist heute die Vizepräsidentin
des Deutschen Bundestags, Frau Katrin Göring-Eckardt von den
Grünen. Ihr Thema ist die Familienpolitik, es können aber
auch Fragen zu allen anderen Themen gestellt werden.
Moderator: Frau Göring-Eckardt, die
Familienpolitik – jahrelang eine vernachlässigte Nische im
Politikbetrieb – scheint derzeit das große Profilierungsding
in der Großen Koalition zu sein. Überrascht Sie das?
Katrin Göring-Eckardt: Ja und nein. Einerseits
reden wir seit mindestens fünf Jahren intensiv darüber
und schließlich geht es um die Lebensrealität Vieler.
Andererseits haben gerade Union und die SPD lange gebraucht dem
Thema die Bedeutung zu geben, die es praktisch hat.
Erzkonservativer: Glauben sie, dass die
Verstärkung der staatlichen Kinderbetreuung die Familie als
Einheit schwächt?
Katrin Göring-Eckardt: Kinderbetreuung
ist in Deutschland bei weitem nicht nur staatlich. Neben den öffentlichen
gibt es auch freie Träger. Die Familie wird entlastet aber
nicht geschwächt.
kleist: Warum hat es rot-grün nicht
geschafft, in fast acht Jahren eine neue Kultur für Familienpolitik
und -unterstützung aufzubauen? Ich rede gar nicht vom Geld,
sondern eher von einer Grundstimmung, die die Politik durchaus hätte
beeinflussen können.
Katrin Göring-Eckardt: Vielleicht sollte
man sagen, dass wir bei unter Null angefangen haben. Immerhin hat
Gerhard Schröder beim Beginn seiner Regierungszeit von "Gedöns"
geredet, aber wir brauchen uns auch mit den Ergebnissen nicht zu
verstecken. Das Tagesbetreuungsausbaugesetz ist nur ein Beispiel.
Die Bündnisse für Familie, die Kommunen und Wirtschaft
einbeziehen, zeigen dass sich wirklich etwas getan hat.
johannest.: Frau Göring-Eckardt, es ist Fakt,
dass die rot-grüne Regierung viel zu wenig für Familien
unternommen hat. Wie rechtfertigen Sie vor diesem Hintergrund Ihre
Kritik an der neuen Initiative zur steuerlichen Absetzbarkeit von
Kinderbetreuungs-Ausgaben?
Katrin Göring-Eckardt: Zunächst mal
ist Fakt, dass wir die Ausgaben für Kinder und Familien drastisch
erhöht haben. Aber natürlich waren wir nicht am Ende unserer
Ideen. Meine Kritik bezieht sich darauf, dass die steuerliche Absetzbarkeit
weder hilft, wenn es um mehr Kinderbetreuungseinrichtungen geht,
noch bei der Armutsbekämpfung. Genau das sind aber die zentralen
Punkte, besonders wenn sie bedenken, dass Kinder, die in Armut leben,
heute gleichzeitig weniger Chancen in der Schule und damit im Beruf
haben.
hansi: Warum sollten
sich junge Menschen für Kinder entscheiden, wenn dies z.B.
bei der Rente nicht belohnt wird? Die Einen ziehen die Kinder groß,
die Anderen sparen fürs Alter. Die mit den Kindern sind dann
später die Dummen!
Katrin Göring-Eckardt: Erstens gibt es
Berücksichtigung bei der Rente. Zweitens sind Kinder ein Gewinn,
der sich weder in Geld noch in Rentenpunkten ausdrücken lässt.
hansdampf: Was ich immer wieder bedauere ist die Konzentration
auf die Förderung von Alleinerziehenden und Doppelverdienern!
Ist die Familie in Ihrer klassischen Form – ein Elternteil geht
arbeiten, einer kümmert sich um die Kinder – nicht mehr gefragt
Katrin Göring-Eckardt: Ob das die klassische
Form ist, sei einmal dahin gestellt. Immerhin wollen die meisten
Mütter arbeiten. Bei der Förderung geht es um die Unterstützung
derjenigen, die Hilfe brauchen um die Berufstätigkeit und Familie
zu vereinbaren. Da brauchen gerade Alleinerziehende und Familien
Unterstützung, wo beide arbeiten. Das Problem ist, dass wir
heute eben keine Wahlfreiheit haben, weil nicht genügend Betreuungsangebote
zur Verfügung stehen. Wie jemand lebt bleibt ihm in jedem Fall
selbst überlassen.
vater: Als Familienvater mit zwei kleinen
Kindern im Alter von 2 und 4 Jahren bin ich vor 2 Jahren aus Protest
gegen ihre Steuerpolitik aus ihrer Partei ausgetreten. Es passt
einfach nicht zusammen, wenn man vorgibt viel für Familien
tun zu wollen, und gleichzeitig den berufstätigen Familienangehörigen
die Pendlerpauschale kürzt. (Sie wollen sie ja sogar ganz streichen!!)
Familien können nicht mal eben schnell dem Arbeitsplatz hinterher
ziehen.
Katrin Göring-Eckardt: Die Pendlerpauschale
ist ja nun wirklich keine familienpolitische Maßnahme. Ich
weiß wohl, dass sie vielen hilft, die auf dem Land leben,
und das sind oft Familien. Trotzdem ist mir Familienförderung
dann lieber als eine Pendlerpauschale, die jeder bekommt und die
zusammen mit der Eigenheimzulage in der Vergangenheit falsche Akzente
gesetzt hat.
hansi: Noch einmal zurück zur Rente:
Für jedes Kind gibt es noch Rentenpunkte die dem durchschnittlichen
Rentenbeitrag eines Arbeitnehmers von 3 Jahren entsprechen!! Sie
sprechen von Gewinn!! Wenn es ein gesamtgesellschaftlichen Gewinn
ist Kinder zu haben, dann sollte die Gesellschaft dies auch entsprechend
belohnen!
Katrin Göring-Eckardt: Ja, wir haben eingeführt,
dass Ausfallszeiten für Kinder so behandelt werden, als ob
die- oder derjenige ein Durchschnittseinkommen erzielt. Ich finde,
es geht nicht um Belohnung, sondern um Rahmenbedingungen, die das
Leben mit Kindern erleichtern. Und dafür ist der Staat zuständig.
ParisShanghai: Frankreich, Schweden, Dänemark
und andere Nachbarstaaten leben es vor… Weniger Investition in
einzelne Haushalte, sondern kollektiv in Kindertagestätten
und Schulen Gelder einfließen lassen. Würde das nicht
mehr bringen?
Katrin Göring-Eckardt: Genau.
derhesse: Was halten Sie von der realitätsfernen Idee
von Müntefering, den Rentnern auf Kosten der jüngeren
Generation zu versprechen, dass es nicht zu Rentenkürzungen
kommen wird? Das ist doch hoch ungerecht und ein purer Klientelismus
zur Befriedung der älteren Wählerschichten, oder?
Katrin Göring-Eckardt: Ich habe Müntefering
so nicht verstanden. Klar ist jedenfalls, dass wir einen Ausgleich
zwischen den Generationen brauchen. Weder die Jüngeren noch
die Älteren dürfen über die Maßen belastet
werden.
derhesse: Na, so wie Sie das darstellen war ja
schon alles familienpolitisch Gold, was in Ihrer Regierungszeit
gelaufen ist. Da müssen wir dann eigentlich gar nichts mehr
reformieren?
Katrin Göring-Eckardt: Das habe ich gerade
nicht gesagt. Ich habe nur dargestellt, wo wir begonnen haben und
wo weiter gemacht werden muss: nämlich bei den Institutionen.
Vor allem finde ich, Familienpolitik sollte aus Sicht der Kinder
gemacht werden. Und der Arbeitsmarkt und andere Interessen, die
gerechtfertigt sind, kommen für mich an zweiter Stelle.
derhesse: OK, wo müssen wir denn dann weitermachen?
Wo machen die Grünen mit, auch wenn die Ideen von der Großen
Koalition kommen?
Katrin Göring-Eckardt: Weitermachen müssen
wir z.B. beim Rechtsanspruch bei Kinderbetreuung, auch für
die unter 3-Jährigen und bei der Besserstellung derer, die
heute in Armut leben. Bei Maßnahmen wie dem Elterngeld werden
wir über die richtige Ausgestaltung mitreden. Trotzdem finde
ich, dass dort das Geld nicht an den richtigen Stellen ausgegeben
wird.
regenbogen: Wann wird es endlich Kinderbetreuungsplätze,
die vom Staat finanziert werden, geben?
Katrin Göring-Eckardt: Sie meinen wahrscheinlich
kostenfreie Kinderbetreuungsmöglichkeiten, denn schon heute
geben ja Länder und Kommunen Geld dazu. Zunächst brauchen
wir genug Kinderbetreuungseinrichtungen, dann können wir über
Kostenfreiheit reden. Und auch darüber, woher das Geld kommt.
Sebastian Heck: Familienpolitik dreht sich derzeit
zentral um das Thema Geld. Familien mit Kindern sollen wieder mehr
in der Tasche haben. Ist der Staat überhaupt in der Lage –
und ich meine damit explizit die monetäre Förderung –
spürbare Anreize zu setzen? Oder haben die derzeit diskutierten
Maßnahmen zwar symbolischen Charakter, für die Durchschnittsfamilie
ändert sich aber kaum etwas? Ich meine, dass die paar hundert
Euro im Jahr den Familien kaum helfen.
Katrin Göring-Eckardt: Der Versuch, die
Geburtenrate über Geld zu erhöhen, ist auch in anderen
Ländern gescheitert. Dass der Staat aber versucht, die Bedingungen
für Familien zu ändern, bleibt richtig. Jede Akademikerin
wird sich jedenfalls genau überlegen, ob sie nach der Inanspruchnahme
eines neuen Elterngeldes auch tatsächlich eine Kinderbetreuungsstätte
hat oder nicht.
Münster: Was halten Sie von Familienwahlrecht?
Katrin Göring-Eckardt: Meine Kinder wären
nicht einverstanden, wenn ich für sie wählen würde.
jens0: Wäre angesichts der hohen
Arbeitslosigkeit nicht ein "Erziehungsgeld" für Elternteile,
die zu Hause bleiben, gut?
Katrin Göring-Eckardt: Nein, ich glaube
damit kämen wir nicht weiter. Es wäre dann wie immer,
wenn es knapp am Arbeitsmarkt wird: Dann sollen die Frauen zu Hause
bleiben.
Zwecknase: Liebe Frau Göring-Eckardt, sie
haben ParisShanghai recht gegeben, dass weniger in einzelne Haushalte
investiert werden sollte, sondern bzgl. Familienbetreuung direkt
in die Kassen der Kitas usw. Aber (der größte Teil der)
Bildungspolitik ist Ländersache. Würden Sie sagen, dass
nach nun bald 60 Jahren Bundesrepublik der Föderalismus überdacht
(wenn nicht gar abgeschafft) werden sollte? Haben wir es mit Strukturproblemen
zu tun?
Katrin Göring-Eckardt: Auf jeden Fall
hat der Föderalismus nicht dazu geführt, dass die Länder
in einen Wettbewerb um beste Betreuungsmöglichkeiten eingetreten
wären. Ich finde es schade, dass sich nicht alle entschließen
konnten, bei diesem wichtigen Thema an einem Strang zu ziehen.
gilfi: Welche Akzente sollte die Politik
ihrer Meinung nach setzen, damit sich wieder mehr Paare für
Kinder entscheiden?
Erzkonservativer: Wie wollen sie für
die Erhöhung der Geburtenrate unter Akademikern tun?
Katrin Göring-Eckardt: Zu Erzkonservativer:
Sie haben Recht, das Problem sind eben oft die Akademiker, die von
ihrer anverheirateten Akademikerin selbstverständlich verlangen,
dass sie sich um die Kinder kümmert. Letztlich kommt es sicher
darauf an, dass neben guter und ausreichender Betreuung und Bildung
auch ein bestimmtes Maß an Sicherheit da ist. Wer sich von
Praktikum zu Honorarvertrag hangelt, und das auch noch immer in
einer anderen Stadt, wird sich kaum entscheiden können, Kinder
zu bekommen.
jully: Was wäre denn Ihrer Meinung
nach der richtige Zeitpunkt für einen Akademiker ein Kind zu
bekommen?
Katrin Göring-Eckardt: Wenn’s passt
oder auch wenn’s nicht passt. Nein, den richtigen Zeitpunkt
gibt es nicht, aber auch nicht den falschen.
Catharina: Die Geburtenrate lässt
sich nicht über Geld, wohl aber durch eine Veränderung
der gesellschaftlichen Einstellung zu Kindern verändern. Erst
wenn es gesamtgesellschaftlich nicht mehr als sozialer Niedergang
angesehen wird, Kinder zu haben, wird sich hier etwas ändern.
Was sind Ihre Vorschläge, um eine solche Bewusstseinsveränderung
in der Gesellschaft zu erreichen?
Katrin Göring-Eckardt: Zum Beispiel der
ARD-Chat über dieses Thema, aber auch jede andere Debatte.
Gut wäre, wenn sich nicht nur die Politik sondern auch die
Wirtschaft und vor allem die Eltern daran beteiligen würden
(auch wenn letztere natürlich die wenigste Zeit dafür
haben).
fisons: Haben Sie selbst Kinder?
Katrin Göring-Eckardt: Zwei.
Moderator: Themawechsel:
ChristianB: Hallo Frau Göring-Eckardt! Was
denken Sie über den "Karikaturen-Streit"? Droht uns
nun ein Kampf der Kulturen?
Katrin Göring-Eckardt: Wir
sollten sehr klar sein bei der Verteidigung unserer Werte. Die Pressefreiheit
gehört dazu. Gleichzeitig gehört zur Freiheit natürlich
auch Verantwortung und Respekt, gerade wenn es um religiöse
Gefühle geht. Ich würde gerne unterscheiden zwischen denen,
die sich verletzt fühlen und denen, die diesen Streit nutzen,
um mit Gewalt ganz andere Ziele durchzusetzen.
bombenkopf: Sind sie dafür, dass noch weitere
deutsche Zeitungen die Karikaturen als Zeichen für Pressefreiheit
abdrucken?
Katrin Göring-Eckardt: Zeichen für
Pressefreiheit ist es, dass wir darüber diskutieren. Ich glaube,
einige der Karikaturen sind nicht einfach nur Satire und Überzeichnung,
sondern verletzen ganz grundsätzlich religiöse Gefühle.
Solche Zeichensetzung ist nicht weiter nötig.
hellno: Müsste sich nicht der Bundestag
mit einer Stimme gegen die Hetze der arabischen Welt gegen die Veröffentlichung
der Karikaturen zu Wort melden, Frau Göring-Eckardt?
Katrin Göring-Eckardt: Man kann nicht
von "der arabischen Welt" reden. Vor allem kann es nicht
eine Vorverurteilung geben. Der Bundestag wird aber sicher über
die aktuelle Entwicklung diskutieren. Jedenfalls bin ich sehr froh,
dass die Muslime in Deutschland sich ausdrücklich gegen Gewaltanwendung
ausgesprochen haben.
hellno: Glauben Sie, dass Deutschland
nun wegen der auch hier veröffentlichten Karikaturen wieder
ins Fadenkreuz von Attentätern rückt?
Katrin Göring-Eckardt: Das wäre zu
einfach. Terroristische Angriffe machen sich sicher nicht daran
fest.
Erzkonservativer: Ist die multikulturelle
Gesellschaft gescheitert?
bombenkopf: Sind die Integrationsbemühungen, wie die Grünen
sie verfolgen, nicht an ihr Ende gelangt? Ist ein hartes und präventives
Vorgehen à la Baden-Württemberg nicht inzwischen angezeigt,
wie der Konflikt um die dänischen Karikaturen zeigt?
Katrin Göring-Eckardt: Die multikulturelle
Gesellschaft ist Realität, und die Frage ist, wie wir sie gestalten.
Der Test in Baden-Württemberg stellt Muslime unter Generalverdacht
und hilft sicher nicht, zu einem gegenseitig respektvollen Zusammenleben
zu kommen.
heidelberger: Zeigt der Karikaturen-Streit
nicht, dass es grundsätzliche Mentalitätsunterschiede
zwischen der "westlichen" und arabischen Welt gibt? Und
täte uns in der westlichen Welt nicht manchmal mehr Zurückhaltung
in solchen Fragen gut?
Katrin Göring-Eckardt: Nein, es geht nicht
um Zurückhaltung sondern um Respekt und Toleranz. Voraussetzung
dafür ist natürlich, dass man vom anderen etwas weiß.
Catharina: Denken Sie, dass es sich bei
den Randalierern (z.B. in den Botschaften in Syrien) um Minderheiten
handelt, mit denen nicht zu verhandeln ist? Oder handelt es sich
hier um einen repräsentativen Teil der arabischen/islamischen
Bevölkerung?
Katrin Göring-Eckardt: Die, die gewalttätig
sind, sind ganz sicher Minderheiten. Trotzdem muss uns klar sein,
dass sich sicher viele Muslime verletzt fühlen.
Axel38: Ich bin der Meinung, dass sich
hier radikale Kräfte dieser Karikaturen nur als Mittel zum
Zweck bedienen. Und da muss ich sagen fällt mir kein Mittel
ein, um diesen zu begegnen.
Katrin Göring-Eckardt: Mit dem Mittel
zum Zweck haben Sie Recht. Darüber, wie wir dem begegnen können
werden wir noch viel diskutieren müssen. Unsere Freiheitsrechte
werden wir allerdings immer verteidigen.
vivache: Ich hab mit einem Muslimen gesprochen,
der die Karikaturen als "Auslöser" dieser Unruhen
mit dem Auslöser des ersten Weltkriegs verglich, der an und
für sich ebenso wenig Bedeutung hatte, aber in einer schwierigen
politischen Situation eben zur Katatrophe führte. Was sagen
sie zu diesem Vergleich?
Katrin Göring-Eckardt: Sicher gibt es
welche, die den Anlass nutzen, um andere Ziele zu verfolgen und
Feindschaft zu schüren. Der Vergleich stimmt dennoch nicht.
Schließlich haben sich Regierende ausdrücklich von den
Anschlägen distanziert.
lujano: Wie viel Toleranz halten Sie in
anbetracht der derzeitigen Lage für sinnvoll? Muss auch Toleranz
gegen die Intoleranten geübt werden?
Katrin Göring-Eckardt: Ich finde, Toleranz
ist einfach nicht messbar. Unsere Grenzen sind dort, wo unser Grundgesetz
sie setzt. Wir würden es ja genau so machen wie die, die uns
herausfordern wollen und damit den Wert der Toleranz aufgeben.
heidelberger: Fänden Sie die geforderte
Entschuldigung Dänemark richtig oder nötig?
Katrin Göring-Eckardt: Die Regierung ist
nicht zuständig für das, was Zeitungen schreiben oder
abdrucken. Das ist so in einer freien, demokratischen Gesellschaft.
Wie eine Regierung aber mit rassistischen Stimmungen umgeht, ist
eine andere Frage.
Frager17: Kaufen Sie dänische Produkte, um
Ihre Unterstützung zu den Dänen zu zeigen?
Katrin Göring-Eckardt: Persönlich
kaufe ich, wenn ich es mir aussuchen kann, vor allem Produkte aus
meiner Region.
luther: Was kann man als Politikerin eigentlich in so einem Fall
noch tun, wenn der Streit schon längst die politische Ebene
verlassen hat und vor allem die Bevölkerung (und seien es dort
auch die radikalen Teile) den Ton angibt?
Katrin Göring-Eckardt: Den Ton geben die
an, die mitreden. Aber es ist richtig, dass es längst nicht
mehr um Politik geht oder um PolitikerInnen, sondern im Grunde ist
jeder gefragt, sich verantwortlich zu zeigen. Von mir aus auch am
Stammtisch oder im Sportverein.
Carsten37: Wie stehen Sie zu der Forderung nach
einem Anspruch auf islamischen Religionsunterricht in den Schulen
wie von Herrn Wulf gefordert?
Katrin Göring-Eckardt: Das finde ich richtig,
schließlich soll dieser Anspruch für alle Religionen
gelten. Er müsste in deutsch gehalten werden und der Staat
braucht ein Gegenüber auf islamischer Seite. Ich meine also
Religionen, mit denen Staatsverträge gemacht werden können.
Moderator: Kleines Themenhopping in den
letzten Minuten:
oleoleoleole: Wie stehen Sie zum Einsatz von Bundeswehrsoldaten
bei der WM?
Katrin Göring-Eckardt: Dafür ist
die Bundeswehr nicht da.
Bernd K.: Was sagen Sie zu Protestierenden gegen
Castortransporte, die unserem Lande und dem Steuerzahler finanziell
schaden, indem sie Gleise zerstören, aushöhlen und sich
daran befestigen? Ich habe für solche Aktionen kein Verständnis
und würde außerhalb einer Demonstration definitiv vor
Gericht kommen, wenn ich Bahngleise beschädige und somit Unfälle
ermöglichen! Wie ist Ihre Meinung dazu?
Katrin Göring-Eckardt: Erstens bin ich
froh, dass wir die Demonstrationsfreiheit haben. Unfälle sollen
damit gerade nicht provoziert werden. Zweitens werden diejenigen
durchaus rechtlich belangt.
Sonnenblume: Frau Göring-Eckardt, sie sind
für den Abriss des Palasts der Republik, was auch verständlich
ist, aber was soll ihrer Meinung nach an dieser Stelle neues gebaut
werden? Vielleicht ein weiteres Denkmal?
Katrin Göring-Eckardt: Weder ein Denkmal
noch ein Schloss. Ich bin für ein modernes Gebäude, das
in die Mitte Berlins und in unsere Zeit passt, und öffentlich
genutzt werden kann.
Moderator: letzte Frage:
geros: Wie hat sich ihre Arbeit in der
Opposition verändert? Vermissen Sie als Grüne die Macht?
Katrin Göring-Eckardt: Auf jeden Fall
die schnellere Einflussmöglichkeit. Aber in der Demokratie
geht es nun mal nicht ohne Opposition. Und die werden wir nutzen,
uns neue Konzepte auszudenken, die wir dann später hoffentlich
wieder beim Regieren umsetzen können.
Moderator: Das waren 60 Minuten tagesschau-Chat.
Leider konnten nicht alle Fragen beantwortet werden. Im Interesse
eines geregelten Gesprächsflusses moderieren wir die Chats.
Vielen Dank für Ihr Interesse. Vielen Dank an Sie, Frau Göring-Eckardt,
dass Sie heute Zeit für unsere User hatten. Nächster Gast
bei uns ist die FDP-Bundestagsabgeordnete und ehemalige Bundesjustizministerin
Sabine Leutheusser-Schnarrenberger. Sie wird am Donnerstag, den
16. Februar zum tagesschau-Chat ins ARD-Hauptstadtstudio kommen.
Beginnen werden wir auch dann pünktlich um 13 Uhr.
Katrin Göring-Eckardt: Ganz herzlichen
Dank für die rege Diskussion.