Heiko Maas, SPD-Landesvorsitzender im Saarland, war am 10. Juni zu Gast im tacheles.02 Live-Chat von tagesschau.de und politik-digital.de. In der Debatte um Neuwahlen betonte Maas, "Im Falle einer Wahlniederlage muss sich die SPD inhaltlich und personell neu formieren". Ein weiteres Thema war der ehemalige SPD-Chef Oskar Lafontaine.
Moderatorin: Liebe Politik-Interessierte, willkommen im tacheles.02-Chat. Die Chat-Reihe tacheles.02 ist ein Format von tagesschau.de und politik-digital.de und wird unterstützt von tagesspiegel.de. Zum Chat ist heute der saarländische SPD-Landeschef Heiko Maas ins ARD-Hauptstadtstudio gekommen. Herr Maas, sind Sie bereit für den 60-Minuten-Chat mit unseren Usern?
Heiko Maas: Nach reiflicher Überlegung: Ja.
Moderatorin: Sie gehören zu den Leuten in der SPD, die bereits an Plänen für den Neuaufbau der Sozialdemokraten in der Ära nach Schröder schmieden, inhaltlich wie personell. Sie glauben also nicht mehr an einen Sieg bei evtl. Neuwahlen?
Heiko Maas: Doch, aber man kann Wahlen gewinnen und verlieren und deshalb muss man auf beide Fälle vorbereitet sein.
Moderatorin: Und wie sieht die Variante dann danach aus – ein paar Eckpunkte?
Heiko Maas: Dann wird sich die SPD inhaltlich und personell neu formieren müssen und ich gehe davon aus, dass die SPD dann wieder sozialdemokratischer wird. Zum einen wird die SPD zu den Reformen, die sie gemacht hat, stehen müssen. Alles andere wäre unglaubwürdig. Wir müssen den Leuten aber auch sagen, was wir in der Zukunft vorhaben. Dazu gehören für mich die Einführung von Mindestlöhnen, Bürgerversicherung und des Familiengeldes.
R2D2: Hallo Herr Maas, ist es nicht etwas naiv zu glauben, dass Sie die BTW mit einem auf "sozial " getrimmten Programm gewinnen können? Das ist nach Hartz I-IV irgendwie nicht glaubwürdig.
Heiko Maas: Ich glaube, Hartz IV ist nicht so unsozial, wie es viele machen. Z.B. haben wir mit Hartz IV über 100.000 Jugendliche aus der Sozialhilfe geholt. Aber es muss auch Ergänzung geben, z.B. eine Besserstellung von älteren Arbeitslosen.
Moderatorin: Uups – haben wir da was verpasst? Herr Maas, von Ihnen stammt der Satz: „Mit was sollen wir eigentlich Wahlkampf machen? Mit Hartz IV und Agende 2010, für die wir gerade abgestraft wurden?" Dann lassen Sie mal die Katze aus dem Sack, womit wollen Sie Wahlkampf machen?
Heiko Maas: Erst mal würde uns niemand abnehmen, alles zurück nehmen zu wollen, was wir sieben Jahre lang gemacht haben. Wichtig ist das, was wir für die Zukunft wollen. Denn die Leute wollen wissen, was wir mit der Mehrheit machen. Wenn wir sie denn bekommen.
G-Star05: Welche Verbesserungen erwartet uns, wenn die jungen Politiker innerhalb der SPD in führende Positionen gelangen?
Heiko Maas: Junge Menschen haben eine besondere Lebenserwartung und die tut grundsätzlich der Politik gut. Junge Leute gehen unverkrampfter und pragmatischer an die Lösung vieler Probleme heran und ich glaube, dass viele Themen, wie Generationengerechtigkeit, viel stärker an Bedeutung gewinnen würden.
go_vote!: Wenn Sie schon für so viel soziale Gerechtigkeit sind: warum folgen Sie nicht Herrn Lafontaine und machen wirklich soziale Politik?
Heiko Maas: Erstens meine ich, dass das sozial ist oder nicht, nichts mehr damit zu tun hat, ob Oskar Lafontaine es fordert oder nicht und zweitens bin ich der Auffassung, dass alles was populistisch ist, unsozial ist.
noch schlimmer?: Was halten Sie den von dem Angriff von Links durch WASG und PDS? Werden die Ihnen die Prozente bei der Wahl wegschnappen, die sie wahrscheinlich so dringen benötigen werden?
Heiko Maas: Das muss man ernst nehmen, diese Herausforderung. Dennoch glaube ich, dass es mittel- und langfristig nichts wird mit einer neuen Linkspartei. Denn die Gründung einer neuen Partei braucht eine gesellschaftliche Strömung als Basis, wie z.B. damals bei den Grünen. Der Protest gegen eine Regierung alleine reicht dafür dauerhaft nicht aus und mehr sehe ich da im Moment nicht auf dieser Seite.
Renaissance05: Ist es nicht seltsam? Alle beleidigten Leberwürste kommen wieder aus ihren Löchern gekrochen: siehe Lafontaine, Merz. Auch Gysi will wieder mitspielen. Was halten Sie davon?
Heiko Maas: Leberwürste haben zur Zeit anscheinend Konjunktur. Das ist wirklich seltsam.
knallbunt: Welche Chance, glauben sie, hat die WASG mit Lafontaine und die PDS mit Gysi an der Spitze? Bereitet Ihnen das Bauchschmerzen?
Heiko Maas: Bisher ist ja noch nicht geklärt, ob es zu diesem Zusammenschluss kommt. Wenn die sich jetzt schon nicht einigen können, wird man sich fragen müssen, worauf die sich überhaupt mal einigen können. Aber dennoch: mit Gysi und Lafontaine sind die Chancen sicherlich nicht kleiner als ohne.
habs33: Würden sie, Herr Maas im Fall des Falles mit der WASG und PDS koalieren?
Heiko Maas: Nein.
habs33: Gibt es denn wirklich einen fundamentalen Unterschied zwischen den von ihnen und Frau Nahles vertretenen Positionen und den Ansätzen der WASG und PDS mit Lafontaine?
Heiko Maas: Da gibt es ganz viele Unterschiede: Andrea Nahles und ich versprechen niemandem das Blaue vom Himmel. Wir sind uns auch darüber bewusst, dass in vielen Bereichen einschneidende Reformen anstehen, die nicht nur mit Annehmlichkeiten verbunden sein werden. Aber die notwendig sein werden, um etwa den Sozialstaat zukunftsfest zu machen. Bei PDS und WASG wird alles mögliche versprochen, unabhängig davon ob es realisierbar ist. Politik besteht eben nicht nur daraus, den Leuten nach dem Mund zu reden, sondern auch schwierige Entscheidungen durchzukämpfen, auch wenn einem der Wind ins Gesicht bläst.
baldrian: Warum fand denn das geplante Treffen von Ihnen mit Nahles und Gabriel in Berlin nicht statt? Haben sie Angst als potentielle "VomThronschubser" verstanden zu werden?
Heiko Maas: Ich bin immer wieder erfreut darüber, welcher Einfluss mir zugebilligt wird. Aber da dieses Treffen schon vor Monaten verabredet wurde, sah es in den letzten Tagen so aus, als ob es da nur um Personalpolitik und Personalplanung gehen sollte und weil es darum nicht ging, haben wir es nicht abgesagt sondern nur auf einen anderen Termin verlegt.
St. Florian: Welche Chancen rechnen sie sich persönlich nach Neuwahlen aus?
Heiko Maas: Ich werde nach der Bundestagswahl – egal wie sie ausgeht – im Saarland bleiben, ist ja auch ein schönes Land. Da bin ich sowieso der Auffassung, dass da meine Chancen immer besser werden.
Moderatorin: Nachfrage zur WASG:
habs33: Aber sie sehen doch die Rettung ähnlich wie die WASG unter anderem in einem Steuerzuschlag für sogenannte "Besserverdienende"?
Heiko Maas: Das habe ich schon immer so gesehen auch als noch keiner wusste, ob WASG für eine Versicherungsagentur oder eine Partei stand.
Carl: Wie begründen Sie Ihre Aufforderung den Steuersatz für Großverdiener auf 47% zu erhöhen. Diese Menschen haben meiner Meinung nach viel dafür getan. Die meisten haben ein langes Studium absolviert, arbeiten 17-18 Stunden am Tag und nehmen oft Risiken und Stress einer eigenen Unternehmensgründung auf sich. Denken Sie nicht, dass sie schon genug für die Gesellschaft tun. Beispielsweise schaffen Sie Arbeitsplätze und zahlen hohe Gewerbesteuern.
Heiko Maas: In den letzten Jahren ist bei all den Reformen, die gemacht worden sind, denen den es nicht so gut geht, einiges aberverlangt worden. Deshalb glaube ich, dass auch diejenigen einen Beitrag leisten können, die sich diesen Beitrag auch wirklich leisten können. Sie bezahlen dann immer noch weniger Steuern als unter Helmut Kohl und das halte ich für vertretbar.
Moderatorin: Umgekehrt:
goodie: Ich bin unzufrieden mit der Regierungsmannschaft der SPD, weil sie nicht den sozialen Ausgleich zwischen einkommensstarken und -schwächeren Schichten hinbekommen hat, wie sie es vor der "Abwahl" von Kohl versprach. Was soll sich denn diesbezüglich ab September 2005 ändern, wenn die SPD wieder in die Regierungsverantwortung käme? Und: Wie glaubwürdig ist sie denn?
Heiko Maas: Der größte Beitrag zu einer gerechteren Gesellschaft besteht in einer deutlichen Reduzierung der dramatisch hohen Arbeitslosigkeit in Deutschland. Ohne dass wird die Gesellschaft weiter auseinander klaffen und alles andere bekämpft nur die Symptome. Darüber hinaus müssen bei allen weiteren politischen Maßnahmen, die realisiert werden, auch deren Auswirkungen auf die soziale Gerechtigkeit in unserer Gesellschaft berücksichtig werden. Deshalb ist es z.B. bei der weiteren Gesundheitsreform gerechter, eine Bürgerversicherung einzuführen als die Kopfprämien der CDU, bei denen dann jeder den gleichen Krankenversicherungsbeitrag bezahlt, egal ob er 1000 oder 100.000 Euro verdient.
keynesianer: Guten Tag, Herr Maas! Ich glaube, dass eine künftige Politik sich nicht unbedingt als links definiert, einfach weil Großverdiener eventuell wieder soviel Steuern zahlen wie früher unter Kohl. Es muss vor allem eine staatliche Initiative zur Konjunkturbelebung geben. Über Fiskalpolitik und Eingriffe in die Lohnpolitik, denn diese ist seit Jahren zu vorsichtig, wie wird die SPD hier in Zukunft handeln?
Heiko Maas: Da stimme ich zu. Ich glaube, in Deutschland haben wir im europäischen Vergleich ein viel zu niedrige Investitionsquote und deshalb glaube ich, dass in einer konjunkturell desolaten Lage wie jetzt auch begrenzte staatliche Konjunkturimpulse vertretbar und notwendig sind.
ThomasM: Glauben sie nicht, dass gerade einige junge SPD Nachwuchstalente in den Ländern insgeheim auf einen Regierungswechsel hoffen, da falls die CDU die Probleme auch nicht besser lösen kann die Stimmung in Deutschland wieder umschlägt und in den darauf folgenden Landtagswahlen die SPD einige Bundesländer wieder "zurückerobern" könnte?
Heiko Maas: Sicherlich wird im Falle eines CDU-Wahlsieges das Pendel in den Ländern in Zukunft wieder in die andre Richtung ausschlagen. Aber wer glaubt, damit alleine in Zukunft Landtagswahlen gewinnen zu können, springt etwas zu kurz. Wer Erfolg in den Ländern hat der muss sich diesen hart erarbeiten. Dabei wird die Bundespolitik immer eine Rolle spielen aber nicht die alleinige. Wer ständig das falsche macht oder fordert, der wird nie Wahlen gewinnen, egal wer in Berlin regiert.
Moderatorin: Apropos regieren:
BusDriver: Welche Rolle würde Herr Schröder in einer großen Koalition spielen?
Heiko Maas: Da eine Große Koalition bei mir allenfalls in Alpträumen vorkommt und Gerhard Schröder bisher darin noch keine Rolle gespielt hat, kann ich diese Frage nicht beantworten.
Moderatorin: Nächster Versuch:
gregorian: Wäre nicht ein konstruktives Misstrauensvotum mit Merkel als neuer Kanzlerin eine Idee? Dann bräuchte man keine Neuwahlen, Merkel wäre auf die Rot/Grüne Mehrheit angewiesen und würde dann die regulären Wahlen 2006 todsicher verlieren. Prima Idee oder?
Heiko Maas: Das wäre mal was anderes. Aber ich fürchte, Frau Merkel steht dafür nicht zur Verfügung.
unophon: Sollte ihrer Meinung nach Sigmar Gabriel eine gewichtigere Rolle auf Bundesebene spielen?
Heiko Maas: Ja, das finde ich wäre richtig.
sedimentgestein: Planen sie jetzt schon die Nachschröderära? Bleibt Münte dann SPD-Chef?
Heiko Maas: In der Generation der Jüngeren gehört er zu den Besten. Wir planen jetzt erst mal den Wahlkampf aber unabhängig vom Ausgang des Wahlkampfes: Franz Müntefering ist ein guter Parteivorsitzender und er wird es auch bleiben.
redkiller: Warum soll Schröder dem nächsten Bundestag und vor allem der SPD-Fraktion hier vor allem der SPD-Linken vertrauen?
Heiko Maas: Weil Gerhard Schröder in den letzten Jahren, wenn auch mit Mühen, für alle seine Reformen, auch wenn sie weh taten, in Partei und Fraktion immer eine Mehrheit bekam.
Moderatorin: Ja, aber das sieht doch jetzt wohl anders aus. Was halten Sie von den Äußerungen Schröders, der als Grund für Neuwahlen das „erhöhte Erpressungspotenzial" von SPD-Fraktion und Regierungskoalition angegeben hat?
Heiko Maas: Es gibt kein erhöhtes Erpressungspotenzial, denn in der Zusammensetzung von Fraktion oder Parteivorstand hat sich nichts verändert. Das einzige Erpressungspotenzial bietet die Realität.
Moderatorin: Hat der Kanzler das erfunden, um die Linken, die ihm auch früher schon das Leben schwer gemacht hat, abzustrafen?
Heiko Maas: Ich weiß nicht, ob der das gesagt hat. Vielleicht hat es ja der Bundespräsident erfunden oder der Spiegel.
Hongkong: Guten Tag Herr Maas! Warum soll eine Bürgerversicherung ungerecht sein? Den sozialen Ausgleich schafft doch bereits unser Steuersystem. Ich finde es falsch, wenn alle Abgaben immer zu einer höheren Belastung der "Besserverdiener " führen.
Heiko Maas: Sie meinen wahrscheinlich die Gesundheitsprämie. Nach allen Statistiken, die es zur Zeit gibt, ist die Steuerbelastung der Besserverdienenden in den letzten Jahren deutlich gesunken. Grundsätzlich glaube ich, dass bei allen zukünftigen Reformen die Leistungsfähigkeit der Betroffenen eine größere Rolle spielen muss. Die lohnabhängigen Krankenkassenkassenbeiträge, wie wir sie jetzt kennen, sind dafür eine vernünftige Basis, die ich ungern aufgeben würde.
spinozetti1: Was sind eigentlich die praktischen Konsequenzen aus der Kapitalismuskritik von Müntefering?
Heiko Maas: Z.B. die Einführung von gesetzlichen Mindestlöhnen. So wie es sie in den meisten anderen europäischen Staaten schon gibt. Diese sollen verhindern, dass im immer härteren Konkurrenzkampf auf dem Arbeitsmarkt die Arbeitnehmer zukünftig mit Hungerlöhnen abgespeist werden können. Wir beschweren uns immer darüber, dass ins unserer Gesellschaft weniger und weniger Kinder geboren werden und sollten uns deshalb mal Gedanken darüber machen, was gerade junge Menschen so viel Geld verdienen sollten, dass sie gerade mal eine junge Familie ernähren können.
AggroPotsdam: Herr Mass, mit welchen drei Punkten überzeugen Sie mich, die SPD bei der BTW zu wählen?
Heiko Maas: Schade dass es nur drei sein dürfen, ich kenne tausende: Die SPD ist ehrlich, sie verschließt sich nicht gesellschaftlichen Veränderungen, auch den ganz schwierigen nicht. Die SPD ist sozial, sie will eine solidarische Gesellschaft mit funktionierendem Sozialstaat und keine Ellbogengesellschaft und drittens es gibt keine andere Partei in Deutschland, die in ihrer Geschichte so sehr für Frieden eingetreten ist bis zum heutigen Tage, siehe die Haltung der Bundesregierung zum Irakkrieg.
go_vote!: Ab wann ist denn mit einem verlässlichen Wahlkampfprogramm der SPD zu rechnen?
Heiko Maas: Ab dem 4. Juli, dann wird der Parteivorstand es beschließen.
Moderatorin: Wer arbeitet jetzt daran? Die beiden allein?
Heiko Maas: Franz Müntefering und Gerhard Schröder. Auch noch einige andere, aber diese beiden haben die Hauptverantwortung.
Skyprayer2: Ist es Ihrer Ansicht nach auch sozial, dass die eigenen Leute in den Ministerien noch zu befördern?
Heiko Maas: Wenn die Leute es durch ihre Arbeit verdient haben, befördert zu werden, dann sollten sie befördert werden unabhängig davon, wann Wahlen sind. Wenn nicht, dann nicht.
HKo: Ist Ihrer Meinung nach Hartz IV gerecht. Es gab doch einige Nachbesserungen, nich zuletzt durch eine hohe Zahl von Widersprüchen.
Moderatorin: Hartz-IV-Ombudsmann Hermann Rappe hat dafür plädiert, die Bezugsdauer des regulären Arbeitslosengeldes an die Dauer der Einzahlungen in die Arbeitslosenversicherung zu koppeln. Ist das vernünftig?
Heiko Maas: Es glaube, es ist noch sehr früh, jetzt nach 6 Monaten zu beurteilen, ob Hartz IV funktioniert oder nicht. Verbesserungen halte jedoch auch ich für notwendig in Bezug auf ältere Arbeitnehmer/Innen, es gibt dafür unterschiedliche Möglichkeiten. Eine Möglichkeit wäre, die Bezugsdauer des Arbeitslosengeldes I zu verlängern für solche, die besonders lange in die Arbeitslosenversicherung eingezahlt haben.
karlchen: Ich bin überzeugter Sozialdemokrat. Seitdem meine Partei mit Agenda 2010 und Hartz IV dem Neoliberalismus verfallen ist, bin ich politisch heimatlos. Wen soll ich wählen, Herr Maas?
Heiko Maas: Natürlich die SPD, weil das die einzige Partei ist für überzeugte Sozialdemokraten. Und auch wenn wir nicht alles richtig gemacht haben in der letzten Zeit, glaube ich dass es eine bessere Gesellschaft in der Zukunft nur mit einer stärkeren Sozialdemokratie geben kann. Und falls die anderen die Wahl gewinnen, werden sich einige sehr schnell die Vorgängerregierung zurück wünschen.
Nietnagel: Was erwartet den Wähler, wenn schwarz-gelb gewinnt?
Heiko Maas: Abschaffung des Kündigungsschutzes, die Gewerkschaften werden platt gemacht wir werden zukünftig mit den USA überall in den Krieg ziehen zurück zur Atomkraft und den Atomkraftwerken und 24 Stunden die Gesichter von Merkel und Westerwelle im Fernsehen. Das kann niemand ernsthaft wollen.
maike: Was erwartet uns in Bezug auf die Mehrwertsteuer? Wird sie erhöht?
Heiko Maas: Die Mehrwertsteuer wird erhöht, wenn die CDU die Wahl gewinnt. Es gibt zu viele in der CDU, die das wollen damit sie eine weitere Senkung des Spitzensteuersatzes etc. finanzieren können. Mit der SPD wird es das nicht geben. Die, die das aus der SPD gefordert haben, sind Dummschwätzer und haben nichts zu sagen.
Moderatorin: Wie wollen sie sich mit der Forderung nach einer stärkeren Besteuerung großer Vermögen und privater Erbschaften durchsetzen? Müntefering und Schröder haben Kurskorrekturen und einer Verwässerung der Reformagenda 2010 eine Absage erteilt.
Heiko Maas: Ich glaube, dass es dazu kommen wird denn das ist keine Verwässerung, sondern nur eine Verlängerung der Agenda 2010. Zumindest habe ich die Kapitalismuskritik von Franz Müntefering so verstanden.
karlchen: Aber schiebt die Parteiführung nicht linke Sozialdemokraten (wie Sie!) nun als Feigenblatt vor, ohne tatsächlich eine sozialere, gerechtere Politik zu machen? Sind sie nicht das praktische Alibi für Schröder, um die Parteilinke ruhig zu stellen und die Partei ins Aus zu führen – nämlich zu höchstens 35 % bei den Bundestagswahlen und neuen 16 Jahren Opposition?
Heiko Maas: Ich tauge nicht zum Feigenblatt und ich glaube auch, dass Gerhard Schröder das so sieht.
yohannes: Wird die SPD nach einer verlorenen Bundestagswahl wieder linker?
Heiko Maas: Die SPD ist und bleibt eine linke Volkspartei und zwar unabhängig vom Ausgang der Bundestagwahl. Nach den Reformen der letzten Jahre, die insbesondere von der einfachen Bevölkerung viel abverlangt haben, glaube ich dass in Zukunft aber die gesellschaftliche Balance dadurch gewahrt werden muss, dass auch diejenigen, denen es besser geht, einen größeren Beitrag dazu leisten müssen, dass wichtige öffentliche Aufgaben wie Bildung und Forschung gewährleistet werden können.
Moderatorin: Unsere Zeit ist bereits um. Vielen Dank an alle User für das große Interesse. Etliche Fragen sind leider unbeantwortet geblieben. Vielen Dank, Herr Maas, dass Sie sich Zeit für den Chat genommen haben. Das Transkript dieses Chats finden Sie auf den Seiten der Veranstalter. Den nächsten Chat gibt es am nächsten Freitag, 10. Juni, ab 13.00 Uhr mit dem Geschäftsführer der WASG Klaus Ernst. Das tacheles.02-Team wünscht allen noch einen angenehmen Tag!
Heiko Maas: Ich hoffe, dass Sie nach einer Stunde etwas schlauer geworden sind und bedauere, dass Sie die beiden netten Damen nicht kennen gelernt haben, die ich kennen gelernt habe.