Moderator: Sehr geehrter Herr Bosbach, im Namen von politik-digital moechte ich
Sie herzlich zu unserer heutigen digitalen Diskussionsrunde begruessen.
Viel Spass!
Moderator: Zuerst eine kleine Einleitungsfrage:
sunny: Was bewegte Sie zum Eintritt in die CDU?
WolfgangBosbach: Das war die Auseinandersetzung über die Ostverträge Anfang der 70’er
Jahre und der Umstand, dass ich damals viele junge Leute nicht nur
politisch interessierten und engagierten, sondern auch parteipolitisch
betätigt haben.
annex: Steht die Mehrheit in CDU- und CSU-Fraktion hinter Ihren Ideen?
WolfgangBosbach: Für mich kam nur die Union in Frage. Zunächst war ich nur JU-Mitglied und bin dann in die CDU eingetreten.
WolfgangBosbach: Fragen sie mich dienstag Abend noch einmal. Ich erwarte in der Fraktion eine lebhafte und interessante Debatte.
Moderator: 😉
login: wo steht für sie die CDU in der heutigen parteienlandschaft
WolfgangBosbach: In der Mitte wäre zu einfach. Die CDU bemüht sich auf die aktuellen
Fragen die richtigen Antworten und für die drängenden Zukunftsproblemen
die richtigen Lösungen zu finden.
m_barth: Welchen Aufwand betreibt ihre Partei im Internet … Kosten, Personen, spezielle Inhalte etc. ?
WolfgangBosbach: Ich glaube, dass uns ein rechts-links-Schema nicht weiter bringt.
Entscheidend ist ob die Politik richtig oder falsch, zukunftsorientiert
oder rückwartsgewandt ist.
Moderator: ich bin wohl ein bisschen zu voreilig mit den fragen 😉
WolfgangBosbach: Diese Auskunft kann ihnen nur unsere Bundesgeschäftsstelle geben.
Jedenfalls bemühen wir uns, den neuen Info-Medien viel stärker zu
nutzen als es früher der Fall war.
Larsandl: Wie wollen Sie die CDU/CSU im Bereich Medien, inbesondere Neue Medien,
verbessern? Wo gibt es in Ihren augen in der eigenen Partei Mängel?
WolfgangBosbach: Wir müssen als Union viel stärker auf neue technische Möglichkeiten und die damit verbundenen Chancen reagieren…
WolfgangBosbach: … Hier geht es aber nicht nur um die Nutzung neuer technischer Anwendungen sondern auch um Inhalte…
WolfgangBosbach: … Ich glaube, dass das Internet eine einmalige Chance bietet, Politik
transparenter zu machen und viel mehr Menschen als bislang in
Meinungsbildungsprozesse mit einzubeziehen.
m_barth: Was halten Sie von Wahlen über das Internet?
WolfgangBosbach: Meinungsbildung und innerparteiliche Abstimmungen könnte ich mir vorstellen; Wahlen im klassischen Sinne jedoch nicht…
WolfgangBosbach: … Wir sollten den Gang zum Wahllokal nicht durch den Mausklick
ersetzen. Ausserdem kann ich beim besten Willen nicht überblicken
inwieweit Missbrauchsmöglichkeiten verhindert werden können.
login: glauben sie,dass über das internet wieder eine grössere nähe zwischen wählern und politik geschaffen werden kann?
WolfgangBosbach: Uneingeschränkt: ja! Allerdings wird das Internet nie den persönlichen Kontakt und den persönlichen Dialog ersetzen können.
m_barth: Und Sie persönlich wie nutzen sich das Internet, welche Erfahrungen haben Sie gemacht?
WolfgangBosbach: Wir haben sowohl im Berliner Büro als auch im Wahlkreisbüro ein
Internet-Zugang und ich habe zunächst nicht damit gerechnet welchen
Umfang die Kommunikation via Internet annehmen würde…
WolfgangBosbach: … Meine Erfahrungen sind durchweg positiv. Nicht zuletzt deshalb,
weil sich User erfahrungsgemäß kurz und präzise ausdrücken und die
Dinge auf den Punkt bringen.
annex: Sie sprechen in Ihrem Thesenpapier von ‘Quoten’ – sollen die auch für Asylbewerber gelten?
WolfgangBosbach: Nein! Denn das würde im Ergebnis bedeuten, dass bei Erreichen der
beschlossenen Quote ein tatsächlich politisch Verfolgter keine Aufnahme
mehr finden könnte…
WolfgangBosbach: … Allerdings müsste konsequenterweise ein hoher Zuzug von politisch Verfolgten Auswirkungen haben auf den Zuzug im übrigen…
WolfgangBosbach: … Wir können nicht unsteuerbaren Zuzug und gesteuerten Zuzug einfach
addieren. Deswegen bessere Bekämpfung des Asylmissbrauchs, um
Möglichkeiten für Zuwanderung aus anderen Gründen zu gewinnen.
ilona5: wann ist deutschland ein einwanderungsland geworden? mit dem antritt ihrer neuen parteivorsitzenden?
WolfgangBosbach: Deutschland wirbt seit 1973 nicht mehr um Zuwanderung. Dennoch sind in den letzten 10 Jahren netto 2 Mio. Ausländer zugezogen…
WolfgangBosbach: … Die Frage ob wir trotzdem oder deshalb ein Einwanderungsland sind
ist müßig, denn viel wichtiger ist die Beantwortung der Frage, welche
Chancen die Einwanderer in unserem Land haben und was wir von ihnen
nicht nur erwarten dürfen sondern auch erwarten müssen.
WolfgangBosbach: … Daran hat sich mit der Wahl von Frau Dr. Merkel nichts geändert.
annex: Wie wichtig war für Ihr Papier die Arbeit der ‘Arbeitsgruppe Flüchtlingskonzeption’ von Wolfgang Schäuble von 1990?
WolfgangBosbach: Ich habe mich nicht an zuvor angefertigten Papieren orientiert, sondern
ausschließlich die mir übertragene Aufgabe erfüllt eine
Zustandbeschreibung über aktuelle Fragen der Einwanderungspolitik
abzugeben und eine Diskussionsgrundlage für eine moderne Ausländer- und
Asylpolitik vorzulegen.
paul: Ist die einwanderungspolitik der USA auf deutsche Verhältnisse übertragbar?
WolfgangBosbach: Nein, weil wir im Gegensatz zu den Vereinigten Staaten nie ein klassisches Einwanderungsland waren.
login: finden sie die haltung der cdu in bezug auf die einwanderungsdebatte
nicht äusserst inkonsequent? wenn man die letzten jahre betrachtet, in
denen sie immer behauptet haben deutschland sei KEIN einwanderungsland,
jetzt jedoch die gegnteilige meinung vertreten?
WolfgangBosbach: …Die USA sind 23mal so groß wie die Bundesrepubli Deutschland, haben aber nur 3mal so viel Einwohner….
WolfgangBosbach: …außerdem haben sie ganz andere Probleme wie wir, denken Sie beispielsweise an die Situation im Grenzgebiet zu Mexiko.
WolfgangBosbach: zu login: …
WolfgangBosbach: …ich habe in meinem Diskussionspapier ausdrücklich darauf
hingewiesen, dass uns die Erörterung der Frage, ob wir ein
Einwanderungsland sind überhaupt nicht weiter bringt….
WolfgangBosbach: …je nach dem welche politische Meinung man vertrat, wurde die Frage bajaht oder verneint. Was war damit gewonnen?…
WolfgangBosbach: …Entscheidend ist alleine, wie man mit Einwanderung umgeht und
Einwanderen umgeht und wie man Belastungen vermeidet und Chancen nutzt.
heini: Welche Maßnahmen sind nach den gehäuften Polizistenmoreden in letzer
Zeit zu ergreifen, um eine höhere Sicherheit der Beamten zu
gewährleisten?
WolfgangBosbach: Die Morde in Dortmund und Waltrop wären zwar nicht durch moderne
schuss- und stichfeste Schutzwesten zu verhindern gewesen, dennoch
braucht unsere Polizei diese Ausrüstung….
WolfgangBosbach: …Daneben muss die Aus- und Fortbildung dahingehend verbessert werden,
dass Gefahrensituationen früher erkannt werden können und rechtzeitiger
reagiert werden kann.
Floarin: Beurteilen Sie den Kompromiss zum Atomausstieg zwischen Regierung und Atomwirtschaft positiv oder negativ?
WolfgangBosbach: Ich kann nicht erkennen, dass es sich hier um einen Ausstieg handelt.
Es handelt sich um eine Vereinbarung zum Abbau von Arbeitsplätzen an
den Standorten von Kernkraftwerken..
WolfgangBosbach: … Ich gehe davon aus, dass die Energieunternehmen nach und nach
verstärkt zu Energiehandelsunternehmen werden, die ganz sicher auch mit
Atomstrom handeln werden, der außerhalb Deutschlands produziert wird.
login: welche entscheidung erhoffen sie von den gruenen in bezug auf den atomausstieg?
WolfgangBosbach: Die Grünen müssen sich zwischen der Beibehlatung ihrer politischen Überzeugung oder der Beibehaltung ihrer Ämter entscheiden….
WolfgangBosbach: …Ich habe keinen Zweifel, dass sie die letzte Alternative wählen werden.
muffin: Was kann ein Friedrich Merz in der CDU bewirken, was seine Vorgänger nicht schaffen würden oder geschafft haben?
WolfgangBosbach: Friedrich Merz kann und wird in der Fraktion von CDU und CSU ebenso wie
Angela Merkel in der Partei dafür sorgen, dass es zu offenen und fairen
Diskussionen über die wichtigen Sachfragen unserer Zeit kommt und dass
die dann zu treffenden Entscheidungen geschlossen getragen werden…
WolfgangBosbach: …Ich glaube, dass lebhafte Diskussionen in einer Partei die Menschen
nicht verwirren, sondern beweisen, dass die Union eine lebendige
Volkspartei ist, in der auch unterschiedliche Meinungen zum tragen
kommen.
Moderator: Da die Zeit leider schon vorbei ist stellt m_barth nun die vorletzte Frage:
m_barth: Wie wird der Einfluß des Internets in der Zukunft auf die Politik aussehen, wo sehen Sie Chancen?
WolfgangBosbach: Der Einfluss des Internets wird kontinuierlich zunehmen und ich bin der
Überzeugung, dass nicht nur die junge Generation das Medium noch
stärker nutzen wird…
WolfgangBosbach: …Wähler und Gewählte rücken schneller und enger zusammen. Das ist
allerdings noch keine Garantie dafür, dass die politischen
Entscheidungen schneller fallen. Das jedoch wäre wichtig.
Moderator: … und nun die letzte Frage;-(
lynX: Wie groß (prozentual?) ist in der CDU noch das Widerstreben gegen eine
Erneuerung und der Wunsch zur Rückkehr zu den geruhsamen Zeiten der
sechzehnjährigen Regierung?
WolfgangBosbach: Der Bundesparteitag in Essen hat gezeigt, dass die Sehnsucht nach einem
Neuanfang viel größer ist als der Wunsch "in die gute alte Zeit" zurück
zu kehren…
WolfgangBosbach: …Wir haben keinen Grund nicht zur Geschichte der Union und unserer
historischen Programmatik zu stehen. Ganz im Gegenteil, aber jede Zeit
hat ihre neue Herausforderungen, die man nur mit einem Blick nach vorne
bewältigen kann.
Moderator: Herr Bosbach, im Namen von politik-digital möchte ich mich bei Ihnen
für die vergangenen abwechslungsreichen Minuten bedanken! Gruss nach
Koeln!
WolfgangBosbach: Es war für mich eine interessante Erfahrung, die ich gerne wiederholen würde!
Moderator: Wir stehen immer bereit! 😉
Moderator: Ab Montag wird das transcript dieses chats bei politik-digital zu finden sein!