Christian Ströbele im Chat am 10. Juli
Gemäß seinem Image als Parteilinker und Streiter für grüne Ideale kam Christian
Ströbele durch die „schöne Oranienburger Straße an den vielen Kneipen vorbei“
zum Chat geradelt. Der Versuchung, unterwegs anzuhalten, erlag er nicht, denn
wie er verriet, ist er schon seit vielen Jahren abstinent. Warum er dennoch
für die Legalisierung weicher Drogen kämpft und wie schwierig es ist, klassische
grüne Themen beim Koalitionspartner SPD durchzusetzen, interessierte die Chatter
ebenso wie Ströbeles Arbeit im Parteispenden-
Untersuchungsausschuss, die Berlinwahl und seine Teilnahme an der Love-Parade.
Mitraven werde er zwar nicht, aber wie jedes Jahr dabei sein, um zu schauen.
„Ich habe es kein Mal mehr als drei Stunden ausgehalten, dannach war ich
körperlich völlig fertig und auch immer wieder schockiert über die schweren
Schäden, die in unserem Tiergarten angerichtet wurden.“ Dass die Love-Parade
ihren Status als politische Demonstration verloren habe, sei schon lange notwendig
gewesen, fügte Ströbele noch hinzu.
In diesem Zusammenhang kam natürlich auch das Thema Drogen zur Sprache. Eine
Entkriminalisierung von Haschisch sei nach wie vor eine grüne Forderung, aber
„wir müssen zur Kenntnis nehmen, dass der Koalitionspartner nicht brereit
ist, da mitzumachen, auch wenn wir alle wissen, dass die Kriminalisierung von
Haschischkonsum zu einer der größten Lebenslügen gehört, an der Millionen von
Jugendlichen in dieser Gesellschaft leiden“.
Auf großes Interesse stieß Christian Ströbeles Arbeit im Parteispendenausschuss.
Er gehe davon aus, dass Regierungsmitglieder unter Kohl sich für ihr Handeln
bezahlen ließen. Die Aufklärung sei jedoch schwierig, denn sie „scheitert
an der Mauer des Schweigens, die die ehemaligen Gewaltigen und Würdenträger
der CDU aufgerichtet haben und hinter der sie sich verstecken“. Daher sei
es auch grundsätzlich akzeptabel, Stasi-Protokolle als Beweismittel zu verwenden,
wobei sorgfältig das Persönlichkeitsrecht der Betroffenen gegen das Aufklärungsinteresse
der Gesellschaft abgewogen werden müsse. „Es kann nicht sein, dass nur seit
H. Kohl betroffen ist, die Akten unter Verschluss gehalten werden sollen, während
vorher die Unterlagen von Personen der Zeitgeschichte v.a. aus dem Osten bedenkenlos
herausgegeben wurden.“ Die Grünen selbst könnten bislang von den Spendenaffären
ausgenommen werden: „Bei uns ist einfach noch nie jemand erschienen mit einem
Koffer mit einer Millionen in bar.“
Im Hinblick auf die im Oktober anstehenden Neuwahlen in Berlin zeigte Ströbele
sich optimistisch: „Die Grünen werden ein zweistelliges Ergebnis erzielen,
wie bei den meisten Wahlen des letzten Jahrzehnts.“ Vor allem inhaltlich
hätte seine Partei mehr zu bieten als die anderen.
Gregor Gysi ist für Ströbele kein ernstzunehmender Kandidat für das Bürgermeisteramt,
auch wenn er in der medialen Diskussion einen der vorderen Plätze eingenommen
hat. „Die Chance Gysis, regierender Bürgermeister zu werden, ist gleich null.
Es handelt sich bei ihm um eine reine Show-Kandidatur.“
Er selbst wolle auf jeden Fall weiter bei den Grünen für eine Friedenspolitik
streiten, auch wenn ihn höhere Ämter nicht interessieren. „Ich hatte nach
meiner Wahl zum Abgeordneten in der Fraktion den Vorteil, dass ich nichts werden
wollte. Das hat mir viel Freiheit gegeben und Unabhängigkeit für meine politische
Arbeit, und diese Unabhängigkeit möchte ich nicht missen.“
Das ausführliche Transkript finden sie hier.
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