Interview mit Uwe Evers, Leiter der Online Redaktion, die für den Netzauftritt der FDP verantwortlichen Universum Verlagsanstalt www.universum.de

 

Die Web-Auftritte der FDP zeichnen sich durch hohe Interaktivitätswerte aus. Im Online Wahlkampf setzt die FDP die Möglichkeiten des Internets offensiv ein, um die User sowohl mit aktuellen Informationen wie auch mit spassigen Features zu erreichen.


politik-digital: Herr Evers, Sie sind zuständig für den Online-Wahlkampf der FDP. Wodurch unterscheiden sich die Online Aktivitäten der FDP von denen ihrer Konkurrenten?

Uwe Evers: Es gibt vor allem zwei Unterscheidungsmerkmale. Die Interaktivität, die wir auch weiter ausbauen wollen und unsere Portalseite, die aktuelle Berichterstattung bietet. Eigentlich verwenden wir im Wahlkampf unsere üblichen Konzepte. Aber um der Entwicklung im Online-Wahlkampf Rechnung zu tragen, haben wir sie um verschiedene Elemente erweitert. Wir erfüllen hier auch veränderte Erwartungen der Nutzer.

politik-digital: Können Sie hier Beispiele nennen?

Uwe Evers: Es geht um spielerische Elemente (
www.fdp.de/Das-Spiel-18)und den Einsatz von webradio (
Radio Westerwelle). Mit SMS werden wir nicht arbeiten. Das erfordert Investitionen, die besser anders verwendet werden. Nur Wenige lassen sich politische Informationen per Handy zukommen. Wir haben bei unseren Online-Features den Anspruch, sie möglichst webgerecht und einfach zu gestalten. Wer sich politisch informieren will, will sich nicht zuerst den Real Player runterladen! Wir achten auf die Usability – das ist auch ein Punkt, in dem wir uns von anderen unterscheiden.

politik-digital: Welche Aktionen planen Sie in nächster Zeit?

Uwe Evers: Die Phase unmittelbar vor dem Wahltag ist wichtig für die Mobilisierung. Im Zentrum des Internetwahlkampfes steht die Auseinandersetzung mit der Bundesregierung. Es gibt eine Wahlkampfphase, die sich stark auf die Person Westerwelle bezieht. Über die Seiten www.18fdp.de und
guido-westerwelle.de werden wir eine entsprechende Kampagne führen. In diese Wahlkampfphase fällt auch die Guidomobiltour, die stark im Internet, mit Webradio und einigen spielerischen Elementen begleitet wird. (
politik-digital berichtete)

politik-digital: Wie stehen Sie zu negative-campaigning, wie zum Beispiel der Seite www.nicht-regierungsfaehig.de, auf denen der politische Gegner direkt angegriffen wird? Haben Sie ähnliches geplant?

Uwe Evers: In der letzten Wahlkampfphase wird es natürlich darum gehen, Fehler der amtierenden Regierung aufzuzeigen. Allerdings würde ich das nicht für negative-campaigning halten. Das wären für mich eher persönliche Angriffe auf politische Spitzenfiguren. Diese Praxis kann man in Deutschland gegenwärtig und hoffentlich auch künftig nicht einsetzen, ohne sich selbst zu diskreditieren.

politik-digital: Was halten Sie vom Fernsehduell und Zeitungsduell? Können Sie sich vorstellen, dass es das auch im Internet gibt?

Uwe Evers: Das ganze ist ohnehin eine schräge Sache! In Deutschland existiert diese Duellsituation einfach nicht! In den USA gibt es nur zwei Parteien, in Deutschland gibt es allerdings drei, vier, in manchen Regionen fünf Parteien, die fast gleich stark sind. Im Internet könnte man viel leichter auch noch andere einbinden. Wir wollen das Duell im Internet nutzen, um es ein bisschen auf die Schippe zu nehmen.

politik-digital: Die SPD bewirbt ihren Internet-Wahlkampf nun mit Anzeigen in der BILD-Zeitung. Wie machen Sie ihr Wählerpotential darauf aufmerksam?

Uwe Evers: Die Internet-Nutzung von FDP Wählern war immer relativ hoch. Wir haben 1,4 Mio. Seitenabrufe pro Monat – in etwa gleich viel, wie die großen Parteien. Die FDP macht ihre Web-Adresse auch überall publik. Ich glaube, sie war die erste Partei, die das so aggressiv gemacht hat. Das ganze ist aber auch eine Frage des Etats. Die FDP kann keine 50 Millionen € für den Wahlkampf ausgeben, sonder nur einen Bruchteil davon.

politik-digital: Wie werden Sie das Internet nach der Wahl für die Parteiarbeit nutzen?

Uwe Evers: Wir haben relativ klare Vorstellungen, wie sich die Web-Angebote nach der Wahl entwickeln werden. Sie sollen als Mitgliederplattform genutzt werden, viele Beteiligungsangebote setzen und sich individueller an den Nutzer anpassen.

politik-digital: Ein besonderes Angebot bei Ihnen ist das Fund-Raising und Friend-Raising. Gibt es da amerikanische Vorbilder?

Uwe Evers: Da stecken mehrere Facetten darin. Eine davon ist die Mobilisierung von liberal Gesinnten, sich um Spenden zu bemühen oder sich an Spendenaktionen zu beteiligen. Vor diesem Hintergrund entstand die Aktion der „Spenden-Bundesliga“. Der Hauptzweck ist, Parteienfinanzierung auf eine transparente Art möglich zu machen. Das wird auch nach der Wahl weiterlaufen.

Bei Friend-Raising können Sie anderen etwas aus dem FDP Angebot empfehlen, das sie oder ihn speziell interessiert. Hier spielt das Stichwort „Individualisierte Webangebote“ eine Rolle – eine Entwicklung die sicher stattfinden wird.

politik-digital: Haben Sie auch eine Freiwilligengewinnung über das Internet? In den USA wird dies schon relativ stark praktiziert.

Uwe Evers: Das ist auch ein anderes politisches Umfeld. Wir übernehmen aber Elemente dieser Freiwilligengewinnung. Doch unsere Nutzer sind zu 80-90 Prozent Mitglieder, Stammwähler und solche die sich bereits vorstellen können, FDP zu wählen. Es ist eine Illusion zu denken, dass man Menschen gewinnen kann, die mit der Partei bisher nichts zu tun haben.

politik-digital: Schreiben Sie Leute gezielt an, wie dies in den USA üblich ist?

Uwe Evers: Gerade Liberalorientierte reagieren empfindlich, wenn sie ungewollt angeschrieben werden. Fast all unsere Angebote muss man bestellen und man kann sie selbstverständlich wieder abbestellen. Wir bombardieren niemanden mit Mails. In unserem Diskussionsforum fragen wir bei der Anmeldung nach einer Email-Adresse. Wir verwenden diese aber nicht zum mail-adress-raising, weil wir so das Vertrauen der Leute verspielen würden. Unser Ansatz ist: Man muss sich für ein Angebot interessieren und die Angebote sollen „frisch aus der Bäckerei“ kommen.

Erschienen am 12.09.2002

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