In ihrem Buch „Wir sind Der Iran – Aufstand gegen die Mullahs- die junge persische Weblog- Szene“ beschreibt die Autorin Nasrin Alavi die Entwicklung der Nutzung des Webogformats im Iran.
Es ist keine Neuigkeit, dass totalitäre Regime den freien Austausch von Ideen, Meinungen und Anschauungen, besonders über ideologische, kulturelle und geographische Grenzen hinweg hassen. Seit jeher sind die selbsternannten Hüter von Volk und Moral, von Glauben und Anstand, von Klasse und Rasse darum bemüht, jede von der jeweils vorherrschenden Doktrin abweichende Auffassung im Keim zu ersticken. Eifersüchtig und ängstlich verteidigen diese das staatliche Meinungsmonopol, gegen angebliche Ketzerei und Häresie.
Neu ist allerdings, wie kraft- und hilflos Dogmatiker jeglicher Couleur, den virtuellen Schwingungen des Internets gegenüberstehen. Dort, wo man früher missliebige Bücher und Schriften verbrannte, genügt heute ein Mausklick und schon ist es vorbei mit dem Meinungsmonopol. Keinem bürokratischem Regime ist es bisher gelungen, der Geschwindigkeit des Internets, dem Tempo der digitalen Revolution, ebenbürtige Zensoren gegenüber zu stellen.
Die Halbwertzeit morscher Regime, abgehalfterter Diktaturen und ideologischer Idiotien beschleunigt sich in einem ähnlich atemberaubendem Tempo, wie die Welt sich vernetzt. Man merkt es beispielsweise in Simbabwe, in der Volksrepublik China oder in Lukaschenkows Weißrussland. Man merkt es auch in der Islamischen Republik Iran. In Ihrem gerade erschienenem Buch „Wir sind der Iran“, erläutert Nasrin Alavi Die rasante Ausbreitung von Weblogs unter der iranischen Jugend.
Hossein Derakhshan ist ein Volksheld. Der 1975 geborene Journalist lebt seit einigen Jahren im kanadischen Exil. Von dort aus startete er kurz nach dem 11. September 2001, sein erstes Weblog in persischer Sprache und hat somit eine wahre Kommunikationsrevolution ins Rollen gebracht.
In nur kurzer Zeit entwickelte sich seine Initiative zu einer Massenbewegung und hat Farsi/Persisch, als eine der am meisten benutzten Sprachen der internationalen Blogger-Szene etabliert. Inzwischen ist das Internet zu dem Medium des Protestes gegen die Herrschaft der Mullahs, geworden.
Der Iran ist ein Land der Jugend, 70 % der Bevölkerung sind jünger als 30 Jahre. Und es ist diese Generation, die in Ihren Weblogs gegen die Herrschaft von Analphabeten protestiert, gegen Scheinmoral und Pseudoreligiösität und auch gegen die Absicht, sich Ihr Land von außen befreien zu lassen. Mehr als 65.000 iranische Weblogs existieren bisher. Eine junge urbane Subkultur unterläuft auf diesem Wege die Zensur, verschafft sich Freiräume und so etwas wie ein Fenster zur Welt.
Durch die Veröffentlichung von Beiträgen junger Web-Autoren erhält der Leser einen tiefgehenden Eindruck von der Lebens- und Gedankenwelt junger Iraner. Mit Charme, Ironie und Wut sprechen die Autoren über Ihren Alltag, private Probleme und die große weite Welt.
Manch deutscher Leser dürfte die Vertrautheit der iranischen Jugend mit den Emblemen der westlichen Unterhaltungsindustrie überraschen und nach der Lektüre des Buches vielleicht zu dem Fazit kommen, dass die hierzulande so ängstlich und ablehnend betrachtete Globalisierung von vielen Iranern als Chance und Hoffnungsschimmer verstanden wird. Nämlich als Chance gegen die Unzulänglichkeiten und Gefahren des sie (derzeit noch) beherrschenden Systems. Das Regime reagiert mit Druck, lässt Blogger wahllos verhaften, foltern und inhaftieren und ist dabei doch machtlos das Anwachsen der Blogger- Szene zu verhindern, berichtet die Autorin.
Nasrin Alavi ist es mit dem Buch nicht nur gelungen, einen Einblick in die Herzen der jungen Iraner zu gewähren, sondern darüber hinaus die Entwicklung der Weblog-Szene mit der persischen Geschichte und aktuellen Ereignissen zu verknüpfen. Ein spannendes Buch zu einem interessantem Thema in einem faszinierenden Land.