Pünktlich zur bevorstehenden Bundestagswahl ist „Politik als Marke“, ein Sammelband über Zusammenhänge und gegenwärtige Trends in der politischen Kommunikation und als Ergebnis eines im April 2004 in Berlin veranstalteten Kongresses erschienen. Die Herausgeber Axel Balzer, Marvin Geilich und Shamim Rafat versprechen auf dem Klappentext, die Bedeutung von Qualitätsjournalismus, das Standing der Parteien vor der Bundestagswahl 2005, die Frage nach der Glaubwürdigkeit von Politik und schließlich auch die Rolle von „Big Mäc“ Joschka Fischer erörtern zu wollen. Inwieweit werden sie diesem Anspruch gerecht? Eine Rezension.
Der Titel des Buches wirft eine Frage auf: Ist Politik eine Marke? Ja, sagen die Herausgeber und beziehen sich dabei auf die Markenführung kommerzieller Unternehmen, die sie zunehmend auch durch Parteien und in der politischen Kommunikation angewendet sehen. Der Sammelband „Politik als Marke“, der diese These erörtern soll, ist in fünf inhaltliche und einen dokumentarischen Teil untergliedert.
Markenaspekte in fünf Akten
In Teil Eins wird, zunächst aus politikwissenschaftlicher, dann aus Politiker- und schließlich aus journalistischer Sicht, auf die Rolle der Medien im Rahmen der politischen Kommunikation Bezug genommen. Im zweiten Teil werden ausgewählte Aspekte des Austauschprozesses zwischen Politik und Öffentlichkeit thematisiert. Ulrich Sarcinelli befasst sich in diesem Zusammenhang mit der Rolle des Kandidaten in medienzentrierter Zeit, und Brigitte Zypries versucht eine Auseinandersetzung mit dem Markenbegriff im Bezug auf Politik.
Im Dritten Teil wird schließlich die Bedeutung von Markenführung und politischer Public Relations thematisiert. Frank Brettschneider erörtert in diesem Zusammenhang die Bedeutung des Spitzenkandidaten als Produkt und Marke seiner Partei und kommt zu dem Schluss, dass die Rolle des Spitzenkandidaten, die allgemein im Bezug auf die Wahlentscheidung des Wählers ohnedies eher überschätzt wird, zwar gewisse Parallelen zu der Markenentwicklung in einem kommerziellen Unternehmen aufweist, mit dieser aber nicht gleichzusetzen ist.
Rupert Ahrens, der seinen Aufsatz unter die scharfsinnige Erkenntnis „Politik ist nicht Persil“ stellt, kommt zu einem ähnlichen Ergebnis: Parteien verwenden zwar schon mal Marketingstrategien, aber das heißt noch lange nicht, dass sich politische Kommunikation und kommerzielle Markenkommunikation über einen Kamm scheren lassen.
Es folgt ein ausführlicher vierter Teil, in dem Strategien der Wahlkampfführung anhand exemplarischer Beispiele erörtert werden und ein fünfter Teil, der sich noch einmal explizit der Rolle des Kandidaten und der Bedeutung von TV-Duellen widmet, bevor der Band mit der Dokumentation einer Podiumsdiskussion, die auf dem Kongress „Politik als Marke“ im April 2004 stattgefunden hat, abgeschlossen wird.
Das Who-is-Who der politischen Kommunikation
„Politik als Marke“ ist kein rein wissenschaftliches Buch, vielmehr wird die Bedeutung und Entwicklungsdynamik politischer Kommunikation aus unterschiedlichen Perspektiven erörtert. Die Autorenliste, die sich wie das Who-is-Who der politischen Kommunikation liest, setzt sich aus Journalisten, wie Sandra Maischberger und Sabine Christiansen, aus Politikern, wie Johannes Rau und Volker Kauder, Beratern wie Coordt von Mannstein und aus organisatorisch Verantwortlichen, wie dem Wahlkampfmanager der NRW-Grünen Michael Ortmanns zusammen. Nicht zuletzt haben auch renommierte Politikwissenschaftler wie Karl-Rudolf Korte, Barbara Pfetsch, Andreas Dörner und Rüdiger Schmitt-Beck zur Feder gegriffen.
Der Sammelband „Politik als Marke“ empfiehlt sich somit vor allem aufgrund seiner hochkarätigen Autorenliste und der dadurch entstehenden perspektivischen Vielfalt insbesondere für jene zur Lektüre, die sich einen ersten Überblick über gegenwärtige Debatten und Entwicklungstrends im Dunstkreis politischer Kommunikation verschaffen möchten.
Die Frage nach der Frage
Als wissenschaftlichen Beitrag in Betracht gezogen, müssen sich die Autoren, allesamt examinierte Politikwissenschaftler, aber auch die eine oder andere kritische Nachfrage bezüglich ihrer plakativen These „Politik als Marke“ gefallen lassen. Denn Politik ist ja kein homogenes Kommunikationsprodukt, das als Marke kommunizierbar wäre. Vielmehr ist politische Kommunikation die Summe vieler verschiedener Teilstrategien und Kommunikationsziele, die in Konkurrenz zu einander stehen und jeweils einzeln betrachtet an Markenaspekten und Marketingprämissen orientiert sein können.
Nicht zuletzt sei angemerkt, dass die Anwendung betriebswirtschaftlicher Begriffe und Konzepte in der Gesamtbetrachtung der im Band veröffentlichten Aufsätze zum einen etwas uneinheitlich, zum anderen stellenweise schlichtweg falsch daherkommt. Marketing, Werbung und Public Relations bezeichnen einfach nicht ein und dasselbe. Und auch wenn es hier nicht um die Erörterung betriebswirtschaftlicher Zusammenhänge geht, wäre eine dezidiertere Auseinandersetzung mit der tatsächlichen Bedeutung der Konzepte und Begriffe an der ein oder anderen Stelle wünschenswert gewesen.