Böblingen, Weinstadt und Karlsruhe gehören laut Frank Kuhn zur Spitzengruppe in Sachen kommunaler ePartizipation. In "Elektronische Partizipation" nimmt er Baden-Württembergs Kommunen unter die Lupe. Leider ohne roten Faden, findet Stefanie Hidde.
Welche Aspekte beeinflussen politische Partizipation über das Internet? Was halten kommunale Entscheidungsträger von ePartizipation? Ticken politische und administrative Mitarbeiter in den Kommunen unterschiedlich? Und unter welchen Umständen sind sie bereit, elektronische Beteiligungsmöglichkeiten für ihre Bürger bereit zu stellen?
Um diese Fragen zu beantworten, hat Frank Kuhn 38 baden-württembergische Kommunen und ihre Websites analysiert, die Ergebnisse stehen in „Elektronische Partizipation. Digitale Möglichkeiten – Erklärungsfaktoren – Instrumente“. Kuhn interessierte sich bei seiner Untersuchung neben den Partizipationsmöglichkeiten für die Online-Inhalte und wie viel in sie investiert wird, genauso wie dafür, ob und wie kommunale Führungskräfte Zugang zum Internet haben – und was sie überhaupt darüber wissen.
Interessant ist, dass sich letztlich in der Tat eher die Verwaltungsebene für ePartizipationsmöglichkeiten einsetzt. Hat die Kommune sogar ein Strategie-Papier für den Ausbau von ePartizipation, fühlen sich augenscheinlich auch andere Ebenen angesprochen. In der Spitzengruppe der Kommunen, die in Baden-Württemberg auf ePartizipation setzen, sind Böblingen, Weinstadt, Sindelfingen, Stuttgart und Karlsruhe. Untersucht wurden die Angebote aller Städte nach den Kommunikationsangeboten, also zum Beispiel der Qualität der eMail-Antworten auf Bürgeranfragen, die Benutzerfreundlichkeit und die angebotenen Informationen.
Außerdem wurde auf der Seite der Verantwortlichen untersucht, wie die Einstellungen in Bezug auf ePartizipation ausfallen, welche zu etablierten Partizipationsformen besteht und ob grundsätzlich eine Internetaffinität und Medienkompetenz der Beteiligten vorliegt. Haupterkenntnis ist wohl, dass in den meisten Fällen Information noch immer vor Partizipation kommt: Die Kommunen schöpfen ihre Möglichkeiten schlicht und ergreifend nicht voll aus.
Leider geraten diese Ergebnisse ins Hintertreffen, weil Kuhn sich zu lange damit aufhält, den Unterschied zwischen konventioneller und unkonventioneller Partizipation zu erklären. Laut seiner Definition verfolgt Partizipation grundsätzlich das Ziel, Einfluss auf Personal- und Sachentscheidungen zu nehmen. In den Bereich der konventionellen Partizipation fallen Internetwahlen und die ePartizipation in Parteien, zu der unkonventionellen zählen Gruppenarbeit und Protestbewegungen im Internet.
Mängel am Forschungsprojekt von Kuhn werden deutlich, wenn man sich anschaut, wie er die Gemeinden für seine Studie ausgewählt hat: nicht per Zufallsprinzip, sondern auf der Basis von Kriterien. Im Verlauf der Untersuchung schließt er zwei weitere Kommunen wegen technischer Schwierigkeiten aus. Ein weiteres Problem: Dem Werk fehlt ein roter Faden. Die Einleitung, zahlreiche inhaltliche Doppelungen und die langwierige Abarbeitung bereits bestehender Forschungsergebnisse sowie der dazugehörigen Literatur – sogar der für schlecht befundenen – verlangen dem Leser einen langen Atem ab.
Nur rund 60 Seiten wirkliche Präsentation von Ergebnissen zu der Nutzung des Internet für die politische Partizipation stehen in keinem Verhältnis zu über 200 Seiten Text, gespickt mit zahlreichen Grammatik- und Interpunktionsfehlern, aufgeplustert mit irrelevanten Informationen. Der Gipfel: Kuhn schließt mit Empfehlungen, welche Analysen wohl besser gewesen wären und welche Aufgaben sich der Forschung im weiteren stellen. Dass er die Bedeutung seines eigenen Werkes so relativiert, ist geradezu bezeichnend.