(Artikel) Die klassischen Medien haben lange zugeschaut, als der Konsument anfing, selbst im Internet zu publizieren. In der letzten Zeit gibt es Versuche, Blogger in die alten Medien zu ziehen. Eine Medienrevolution ist das jedoch nicht. Ein Überblick von Bas Bergervoet.
Blogger haben sich relativ schnell mit den Internetauftritten von Zeitungen angefreundet. Zeitungen wie die tageszeitung (taz) und die Welt lassen in ihren Online-Auftritten Blogger schreiben. So bloggt zum Beispiel politik-digital.de-Geschäftsführer
Christoph Dowe bei der Welt. Die Westdeutsche Allgemeine Zeitung (WAZ) hat die bekannte Bloggerin Katharina Borchert von Lyssas Lounge als Online-Chefredakteurin angestellt. Das Handelsblatt hat den elektrischen Reporter Mario Sixtus auf seine Website geholt. Im Radio und Fernsehen kommt es vor, dass Blogger als Internetexperten eingeladen werden. Ganze Sendungen über das Weblogschreiben oder von Bloggern gibt es auch schon, sind aber ein relativ neuer Trend.
Man hat fast den Eindruck, dies seien die ersten Zeichen einer Demokratisierung der Medien – dass die klassischen Sender von Informationen also verstärkt die ehemaligen Empfänger zu Wort kommen lassen. Die Annahme, dass wir es mit einer Avantgarde von Bloggern außerhalb des Internets zu tun haben, kann man jedoch bezweifeln. Die Mehrheit der bekannten Blogger, die jetzt in einem anderen Medium vertreten sind, haben schon zuvor bei Zeitungen, Rundfunk oder Fernsehen gearbeitet oder besitzen zumindest gute Kontakte. Johnny Haeusler von Spreeblick ist zum Beispiel Radio-DJ. Zudem hat laut einer Studie der Uni Münster ein großer Teil der Blogger journalistische Berufserfahrung. So sind zum Beispiel Mario Sixtus (sixtus.net, elektrischer Reporter) und Christoph Schultheis (Bildblog) freie Journalisten. Der bloggende Rechtsanwalt Udo Vetter hat als freier Mitarbeiter bei einer Tageszeitung geschrieben, auch Katharina Borchert kommt aus dem Journalismus.
Blogger im Radio
Auf Deutschlandradio Kultur läuft seit November 2006 das „
Blogspiel“. Die 25-minütige Sendung widmet sich ausschließlich dem Thema Weblogs. Blogger senden ihre eigenen Audiobeiträge ein und die Favoriten einer Internetabstimmung gehen auf Sendung. In den letzten zehn Minuten der Sendung interviewt der Moderator einem Blogexperten zu einem bestimmten Thema. Auch politik-digital.de wurde schon zum Thema Politiker und Blogs
eingeladen.
Eine weitere Zusammenarbeit mit bekannten Bloggern gibt es ebenfalls im Radio. Mit „
Trackback“ sendet Johnny Haeusler, der Macher von Spreeblick zwei Stunden pro Woche in Berlin und Brandenburg auf Radio Fritz (RBB). Zudem legt er in „Trackback“ regelmäßig unter Creative Commons lizenzierte Musik auf – also Musik, die zur kostenlosen nichtkommerziellen Weiterverbreitung bestimmt ist. Doch es ist nicht sehr überraschend, dass der als Blogger bekannte Haeusler eine Radioshow hat. Schließlich machte er das schon jahrelang beruflich bei demselben Sender.
Fast im Fernsehen
In den Niederlanden sollte es ab Februar auch im Fernsehen mit einer Blogsendung los gehen. Das bekannteste Weblog Hollands „
GeenStijl“ (KeinStil) sollte im öffentlich-rechtlichen Fernsehen wöchentlich 30 Minuten Sendezeit bekommen, um die Nachrichten der Woche aus ihrer stillosen (direkten, spitzen, bewusst politisch inkorrekten) Sicht zu betrachten. Ganz im (oder… in keinem..) Stil des Weblogs reagierten die „GeenStijl“-Betreiber auf das Angebot mit dem Satz: „Wir werden eure Steuergelder vergeuden“. Allerdings sagten die GeenStijl-Macher Mitte Januar die Sendung ab. Sie nannten dafür zwei Gründe: Sie wäre zu spät gesendet worden, weil der Programmdirektor die Sendung im letzten Moment auf die Zeit nach Mitternacht verschob. Zusätzlich gab es für viele Internetvideos keine Zustimmung zur Ausstrahlung im Fernsehen. Nach
eigenen Angaben hat GeenStijl den Holländern durch den Rückzug 222.453 Euro gespart.
Obwohl es die Sendung letztendlich nicht gab, gab es auch bei GeenStijl schon Kontakte mit der Medienwelt. Ab und zu gibt es auf GeenStijl.nl Kurzreportagen vom „Videomann Rutger“. Rutger ist seit 2003 für verschiedene Sendungen als Fernsehjournalist tätig, vor allem auf regionaler Ebene. Er hätte die GeenStijl-Sendung moderiert. Außerdem besitzt die niederländische Boulevard-Zeitung „de Telegraaf“ seit März 2006 einen 40-Prozent-Anteil an dem Weblog.