Der Startschuss für die Versteigerung der begehrten Lizenzen des
drahtlosen Kommunikationssystems UMTS fiel am Montag, 31. Juli 2000 in Mainz. 10 Stunden täglich bieten
7 Unternehmen in der ehemaligen US-Kaserne, für das "Universial Mobile Telecommunications System" UMTS.
Bis der Hammer fällt, können unter Umständen Wochen vergehen.
Mit im Boot sitzen die Betreiber der bestehenden vier digitalen GSM-Mobilfunknetze: Die Mobilfunktochter
der Deutschen Telekom – T-Mobil, Mannesmann/Vodafone, E-Plus/KPN und Viag Interkom. Darüber hinaus
pokern die zwei netzunabhängigen Dienstleister MobilCom und Debitel mit, sowie die Neueinsteiger ohne
deutsche Partner: die spanische Telefonica und die finnische Sonera – die ihre Kräfte im sogenannten Group 3
Konsortium gebündelt haben.
In Deutschland hat man sich ebenso wie in Finnland und England für das Verfahren der Versteigerung entschieden.
Im alternativen Schönheitswettbewerb, dem sogenannten "Beauty Contest", setzt die zuständige
Regulierungsbehörde einen Preis fest und bewertet die eingereichten Bewerbungen der Unternehmen nach
Kriterien wie Netzdichte, Glaubwürdigkeit des Geschäftsplans, Investitionsvolumen und Beschäftigungseffekten.
Den Zuschlag erhält dann eben das größte und finanzkräftigste Unternehmen.
Es stellt sich die Frage, ob nicht auch bei der Versteigerung gerade die größten und finanzstärksten Unternehmen
bevorteilt werden. Das Verfahren
wurde gewählt, da es als das Transparentere angesehen wird und grundsätzlich jedem Unternehmen die
Möglichkeit bietet, daran teilzunehmen, erläuterte der Pressesprecher der Bundesregulierungsbehörde für
Telekommunikation und Post (Reg TP), Rudolf Boll. Mit diesem Verfahren sind ebenso Verhandlungen nach dem
Ende der Auktion möglich. So ist durch die Regulierungsbehörde sichergestellt, dass kleinere Unternehmen die
keine Lizenz erhalten haben, die Netze als Service-Provider nutzen dürfen.
Alle Firmen haben sich lange auf diese milliardenschwere Auktion vorbereitet, in der es darum geht, ein Stück
Zukunft zu ersteigern – den Zugang zur dritten Generation des Mobilfunks. Die erste Generation der
Mobilfunknetze begann mit den analogen A, B und C-Netzen. Die zweite Generation bilden die digitalen,
derzeit vier Mobilfunknetze D1, D2, Viag Intercom und E-Plus, die über den GSM-Standard verfügen. Mit der
Weiterentwicklung entstehen Systeme der dritten Mobilfunkgeneration, deren technischer Standard als
"IMT-2000" (International Mobile Telecommunications Standard 2000) bezeichnet wird.
Die neuen Technologie ermöglicht eine Datenübertragung von bis zu zwei Megabit pro Sekunde. Sie ist damit bis
zu 30 Mal so schnell wie ISDN (64 kBit pro Sekunde) und bis zu 200 Mal schneller als heutige Handys (9,6 kBit
pro Sekunde). Das Stichwort lautet wieder einmal Multimedia: Durch die größere Bandbreite und die schnelleren
Übertragungsraten wird das Handy zu einer multimedialen Plattform, mit der Möglichkeit der Übertragung
komplexer Datenpakete, Bilder und Filme. Eine Live-Videokonferenz wird, ebenso wie Mobiles Surfen im Internet,
technisch realisierbar sein.
Die neue Standardfamilie IMT 2000 ermöglicht es auch, weltweit mit ein und demselben Handy zu telefonieren.
Universal System lautet das Zauberwort – ein weltumspannendes Netz , ohne Grenzen. Die Probleme, die bei
GSM durch die drei konkurrierenden Systeme für Amerika, Japan und Europa entstanden, wird das UMTS Netz
umgehen.
Doch bis dahin ist es noch ein weiter Weg, denn die Einführung von UMTS erfordert den Aufbau einer neuen
Funkinfrastruktur. Die Aufwendungen für dieses Projekt wird die Unternehmen weitere Milliarden kosten. Allerdings
werden die zukünftigen Lizenzinhaber ein berechtigtes Interesse daran haben, die Netze so schnell wie möglich
aufzubauen, um den Rückfluss des bei der Versteigerung investierten Geldes zu ermöglichen. Annahmen, die
hohen Kosten der Unternehmen würden auf die Mobiltelefonierer abgewälzt, konnte Stehpan Althoff, Sprecher von
T-Mobil, nicht bestätigen. UMTS ergebe nur einen Sinn, wenn es schnell zu einem Massenmarkt mit vielen
Kunden werde und die könne man eben nur mit niedrigen Kosten gewinnen. Der Wettbewerb der Firmen
untereinander werde sein übriges tun, um die Preise zu drücken.
2002 soll das erste Netz stehen, vorerst jedoch nur in den Ballungszentren. Um eine flächendeckende
Versorgung zu gewährleisten, sind mit dem Erwerb der Lizenzen Auflagen verbunden. Bis Ende 2003 müssen
25% und bis Ende 2005 die Hälfte der Bevölkerung mit dem neuen Netz abgedeckt werden.
Der neue Standard wird GSM nicht übergangslos ablösen. Zu Beginn werden die Netze parallel laufen, wie es
auch schon bei dem alten analogen C-Netz und den neuen digitalen Netzen der Fall war.
Das alte C-Netz wird
Ende 2000 nach 10 Jahren parallelen Betrieb abgeschaltet. Die Lizenzen für D1 beispielsweise laufen noch bis
2009, doch wird der Fortbestand der digitalen Netze der zweiten Generation nicht nur von den Betreibern, sondern
auch entscheidend vom Verhalten der Nutzer abhängig sein. Die derzeitigen Handys lassen sich im neuen Netz
nicht mehr verwenden. Auf Grund der ständigen Verbesserung der Handytechnologie, sei es üblich, Handys
regelmäßig auszuwechseln, so Althoff. Diese Entwicklung sichert natürlich den
E-Plus, Viag Intercom oder auch D1 Shops wieder eine neue Verkaufsrunde, zumal die Akkus der meisten
Handtelefone nach drei Jahren sowieso nicht mehr zu gebrauchen sind und man sich nach einem neuen Handy
umschauen muss.
Zum Ausgang der Versteigerung gibt es zahlreiche Aussagen. Darüber, wer letztendlich das Rennen macht und
ob die Preise die Ergebnisse der anderen Länder übersteigen werden, können nur Spekulationen angestellt werden.
In England war man von einer dreistelligen Milliardensumme ausgegangen, eine Erwartung, die sich nicht bestätigte.
Bereits bei knapp 71,2 Milliarden DM (22,5 Milliarden Pfund Sterling) fiel der Hammer. Experten rechnen in
Deutschland mit einem zweistelligen Milliardenbetrag, obwohl sich alle Beteiligten bisher nur sehr vorsichtig
vorantasten. Es ist also mit mindestens zwei bis drei Wochen Verhandlungszeit zu rechnen.
Sicher ist, dass
die Regulierungsbehörde, eine Bundesbehörde des Bundeswirtschaftsministeriums, nach Beendigung der
Verhandlungen den Erlös an den Bundesfinanzminister Eichel weiterleiten wird. Über die Verwendung des Geldes
gibt es keine konkreten Pläne, bestätigte die Pressesprecherin Ulrike Schreckenberger. Der Erlös werde zur
Schuldentilgung des Bundes verwendet. Man rechne jedoch im Bundesfinanzministerium nicht mit einer
bestimmten Summe. Euphorische Prognosen jedoch hoffen, mit Erlösen von bis zu 120 Milliarden Mark einen
historischen Überschusses in der Haushaltskasse des Bundes erwirtschaften zu können. Mit der damit
verbundenen Zinsersparnis sollen Bereiche des Verkehrswesens und der Bildung gefördert werden.