Genf 2003. Tunis 2005. Die erste Phase des Weltgipfels zur Informationsgesellschaft ist vorüber und dieses Jahr steht das Folgetreffen an. Da macht es Sinn, den Prozess selber noch mal nachzuzeichnen. Und sei es nur, um eine Bestandsaufnahme des Erreichten durchzuführen.
Die Geschichte des Weltgipfels erzählt Wolfgang Kleinwächter in seinem Buch “Macht und Geld im Cybespace”. Detailliert schildert er die Stationen, die über 11000 Vertreter von staatlichen und nichtstaatlichen Akteuren nach Genf brachte. Mit eben so großer Detailliertheit widmet er sich den Inhalten, die auf dem Wege dahin produziert wurden.
Er beginnt seine Darstellung damit mit den ersten grenzüberschreitenden Verregelungen kommunikativer Inhalte. Und damit in der Steinzeit der Regimeforschung, bei den Karlsbader Verträgen. Am Interessantesten sind die Seiten zu den WSIS-Vorläufern bzw. den Foren, die sich mit internationalen kommunikationspolitischen Problemen beschäftigen. Hier spielt das Buch seine Stärke aus, da die historische Kontinuität der NWIO-Diskussion zum Genfer Gipfel aufgezeigt wird.
Der überwiegende Teil des Textes ist die mitunter minutiöse Darstellung der einzelnen Konferenzen auf dem Weg nach Genf. Vorbereitungstreffen gab es viele, und auch diese mussten durch Treffen vorbereitet werden. Die Details der großen Diplomatie bekommt der Leser aufgezeigt.
Für diese Details ist der Gipfelprozess ein dankbares Thema, denn durch die schrittweise Selbsteingemeindung der NGOs kam es im Endeffekt zu einer Erweiterung des Teilnehmerkreises. Was auch eine Vergrößerung und Verfeinerung der Regelungen notwendig machte.
Die Analyse scheint aber trotzdem etwas euphorisch. Die breite und formalisierte Beteiligung von NGO unterschiedlichster Couleur als Aushöhlung der Geheimdiplomatie zu werten, ist gewagt. Klassische Geheimdiplomatie findet sich zu einem unter den Bedingungen der Informationsgesellschaft kaum mehr. Ob diese Verfahrensweise, die mehr Spezialwissen in den Prozess eingebracht hat, am Ende ein nachhaltigeres Ergebnis produziert als andere Gipfelprozesse, kann sowieso nur die Zukunft zeigen.
Etwas gewünscht hätte sich der Leser aber dennoch, dass Vergleichsgrößen und Vorbilder für diesen als innovativ geschilderten Pfad der öffentlichen Diplomatie mitgeteilt werden. Eine theoriegeleitete Aufbereitung des Weges zum WSIS sucht man vergebens. Zwar weiss man am Ende der Lektüre viel mehr – nur bleibt man mit diesem Wissen etwas alleine.
KLEINWÄCHTER, WOLFGANG: Macht und Geld im Cyberspace. Wie der Weltgipfel zur Informationsgesellschaft (WSIS) die Weichen für die Zukunft stellt. Heise Verlag, Hannover 2004. 186 Seiten, 16,00 €.