Interview mit dem Vorsitzenden der Grünen in Baden-Württemberg,
Andreas Braun.
politik-digital: Hat Ihr Landesverband schon bei der letzten Wahl Erfahrungen mit
Internetwahlkampf gemacht?
Andreas Braun: Die letzte Landtagswahl war 1996 – damals hatte unser Landesverband zwar
natürlich schon einen Internetauftritt, aber die Möglichkeiten, die das
Internet für die Kommunikation nach außen wie nach innen bietet, waren uns
(und vielen anderen) noch nicht klar. Bei der Bundestagswahl 1998 hat der
baden-württembergische Landesverband das Internet erstmals auch bewusst als
Element des Wahlkampfs genutzt. Und schließlich haben wir uns entschlossen,
einen Schwerpunkt der jetzigen Kampagne auf das Internet zu legen.
politik-digital: Welchen Stellenwert hat das Internet im aktuellen Wahlkampfkonzept
im Vergleich zu Funk, Print und Fußgängerzone?
Andreas Braun:
Für uns hat das Internet einen hohen Stellenwert – gemeinsam mit unserer
Agentur haben wir festgelegt, daß www.die-treibende-kraft.de neben unseren
Plakaten und den TV- und Funkspots die dritte Säule unserer
Wahlkampfperformance sein soll. Deshalb auch haben wir erstmals einen
wichtigen Anteil unseres Wahlkampfetats in das Medium Internet investiert.
politik-digital:
Mit welchen Themen aus dem IT-Bereich schärft die Partei ihr Profil?
Andreas Braun:
Bündnis 90/DIE GRÜNEN Baden-Württemberg haben im "Vorwahlkampf", nämlich im
November/Dezember 2000, den – nach unserer Kenntnis – weltweit ersten
virtuellen Parteitag durchgeführt (www.virtueller-parteitag.de). Auf diesem
Parteitag haben wir eine Positionsbestimmung zu den Neuen Medien und zur
Elektronischen Bürgerdemokratie vorgenommen, die nach meiner Auffassung
vorwärtsweisend ist. IT ist ein Schwerpunkt unserer Themen zur Landtagswahl,
weil wir meinen, daß die baden-württembergische Landesregierung viele
wichtige Entwicklungen in diesem Bereich verschläft.
politik-digital: Welche interaktiven Features sind auf Ihrer Wahlkampfsite geplant?
Andreas Braun:
Zum einen haben wir auf www.die-treibende-kraft.de einen member-Bereich
eingerichtet, aus dem unsere WahlkämpferInnen insbesondere
Argumentationshilfen beziehen können. Zum anderen werden wir mehrere
Chat-Runden mit Bundes- und Landesprominenz, beispielsweise Renate Künast,
Rezzo Schlauch und unserem Spitzenkandidaten Dieter Salomon anbieten. Und
schließlich wird noch die eine oder andere interaktive Überraschung kommen –
je nach politischer Lage und Entwicklung. So hat unser Jugendverband mit
anderen zusammen die aktuelle homepage www.distanzierung.de ins Leben
gerufen.
politik-digital:
Die Grünen haben mit Ihrem bisweilen krawalligen Stil Furore gemacht, namentlich mit Ihren E-Postkarten,
darunter "Grün fickt besser" – Kann eine Partei eigentlich noch Wahlen gewinnen, wenn sie nicht im Netz
aggressiv um Wechselwählerstimmen wirbt?
Andreas Braun:
Ich persönlich habe die E-Postkarten nicht "krawallig", sondern – als
Postkarten unseres Jugendverbands – als knallig empfunden. Eine Partei kann
meiner Meinung nach zwar im Internet keine Wahlen gewinnen, aber verlieren:
Dann nämlich, wenn sie das Netz als Medium nicht nutzt.
politik-digital: In puncto Internetwahlkampf – steht Deutschland eine ähnliche
Entwicklung wie den Vereinigten Staaten bevor? Politische
Communities? Online Fundraising?
Andreas Braun:
Wir haben in den letzten Monaten intensive Gespräche mit Campaignern aus den
Vereinigten Staaten geführt und versuchen, einige Anregungen in unserem
Internetwahlkampf umzusetzen. Solange es aber beispielsweise Schwierigkeiten
gibt, mit Banken zu vereinbaren, daß Wahlkampfspenden online via Kreditkarte
abgegeben werden können, müssen wir feststellen, daß Deutschland
offensichtlich immer noch ein Entwicklungsland im Internetwahlkampf ist. Es
ist insbesondere Aufgabe von Bündnis 90/DIE GRÜNEN als Partei, die den
Anspruch hat, Zukunftsthemen zu besetzen, hier etwas zu ändern.
politik-digital: Vielen Dank für das Gespräch.