Die Bänke und Lokale am
Alsterufer sind gefüllt, Tretboote und Jollen haben Hochkonjunktur. Die
Hamburger genießen den Sommer. Vom frischen Wind des bevorstehenden
Wahlkampfs ist noch nicht viel zu spüren. Hier und da steht ein
Wahlplakat am Straßenrand. Das Wetter ist gut, die Sonne scheint. Doch
wie lange noch?
Glaubt man den
Umfragen, die das Meinungsforschungsinstitut infratest dimap anlässlich
der Hamburger Bürgerschaftswahl aufgestellt hat, bewölkt sich der
Himmel zumindest für die jetzige rot-grüne Regierung zunehmend. Die
seit mehr als 45 Jahren unangefochten regierenden Sozialdemokraten
unter ihrem amtierenden Bürgermeister Ortwin Runde sehen einem schweren
Gewitter am Wahltag mit der Folge des Mehrheitsverlustes in der
Bürgerschaft entgegen.
Knapp zwei Monate
vor der Wahl sind weniger als die Hälfte der Hansestädter mit der
Politik des rot-grünen Senats zufrieden. 52 Prozent der Wähler sprechen
sich für einen Regierungswechsel nach der Bürgerschaftswahl aus.
Lediglich 41 Prozent wollen für eine Fortsetzung der SPD/GAL-Koalition
stimmen. Selbst bei den Anhängern des Regierungslagers zeigt sich knapp
ein Drittel als unzufrieden mit der Politik ihrer Parteien. Wäre am
nächsten Sonntag Wahltag, könnte die SPD mit einem Stimmenanteil von 35
Prozent, die GAL mit 11 Prozent rechnen. Durch die Zugewinne der
Oppositionsparteien ist die Mehrheit im Landesparlament damit aber
verloren.
Es sieht also nach einem Sommer voller Sonnenschein und klarem Himmel für die
Opposition aus. Die CDU kommt zwar nur noch auf 29 Prozent der Stimmen und verliert
damit im Vergleich zu den letzten Monaten bis zu zwei Prozentpunkte. Dies könnte
jedoch als atmosphärische Störung schnell vergessen werden. Denn ihr Bürgermeisterkandidat
Ole von Beust gewinnt im Direktvergleich immer mehr an Boden: Lag er vor einem
Monat noch mit acht Prozentpunkten hinter dem Amtsinhaber Ortwin Runde, so hat
er mittlerweile nur noch fünf Punkte Rückstand. 41 Prozent der Hamburger würden
für einen Bürgermeister von Beust ihre Stimme abgeben, 46 Prozent für den Kandidaten
der Sozialdemokraten. Die anderen Oppositionsparteien legen weiter zu: Die Schill-Partei
kann auf ein respektables Umfrageergebnis von zehn Prozent bauen, die Liberalen
könnten nach zwei Legislaturperioden außerhalb der Bürgerschaft sogar auf acht
Prozent kommen. Die rechtsradikalen Parteien Republikaner, DVU und NPD würden
zusammengenommen mit drei Prozent der Wählerstimmen scheitern. Die übrigen Parteien
erhielten insgesamt vier Prozent, darunter die Statt-Partei, die GAL-Abspaltung
Regenbogen und die PDS.
Alles in allem ist das Hamburger Sommerwetter aber noch unentschlossen — „mal
dit mal dat“ wie der Plattdeutsche sagt. Ein Trend bei der Wetterlage kann nur
schwierig am Horizont ausgemacht werden. Die Gewitterwarnung für die Regierung
wird durch schlechte Prognosen bei einer Regierungsübernahme der Opposition
relativiert. Der Wähler sieht auch bei einem CDU-geführten Senat Regen und Schauer
im Anmarsch: 45 Prozent der Hamburger trauen den Christdemokraten nicht zu,
die anstehenden Aufgaben und Probleme in der Hansestadt besser lösen zu können.
Nur ein Drittel erwartet eine bessere Politik. Ein Sommerhoch ist zumindest
für die Aspiranten auf das Amt des Bürgermeisters zu erkennen: Unabhängig von
einem Gegenkandidaten halten 65 Prozent der Wähler Ortwin Runde für einen guten
Bürgermeister, 55 Prozent sehen ebenfalls in Ole von Beust einen geeigneten
Kandidaten. Würde das Stimmungsbild am 23. September so bestätigt werden, kämen
SPD/GAL auf 46 Prozent und eine Opposition aus CDU, FDP und Schill-Partei auf
47 Prozent.
Doch eines ist
schon jetzt klar: Ein großer Teil der Hamburger Wähler genießt das gute
Wetter. Die endgültige Bilanz des Sommers wird erst im September
gezogen: Ein Viertel der Hanseaten will erst dann sehr kurzfristig über
ihre Stimmenpräferenz entscheiden. Für die kommenden zwei Monate bis
zur Bürgerschaftswahl können Wetterfrösche daher nur eines unken: Es
wird heiß.