Kritik an Noams Thesen
“Unsere Gesellschaft ist reif genug für die Internet-Technologie”: Die Bundesministerin für Bildung und Forschung, Edelgard Bulmahn (SPD), widerspricht Noams Thesen. “Schnelle und umfassende Informationsmöglichkeiten sind in einer Demokratie eine Chance.” Allerdings sieht Bulmahn, die momentan am so genannten Internet-Masterplan der Bundesregierung arbeitet, den Einfluss des Staates gegenüber kriminellen Handlungen im Netz als beschränkt an. Der Staat könne seine Schutzfunktion nur durch eine verstärkte europäische und internationale Zusammenarbeit erfüllen. Auch FDP-Bundesvorstand Jorgo Chatzimarkakis widerspricht der Skepsis gegenüber dem Internet, schließlich fördere es “die Mündigkeit der Bürger”, da jeder fast jede Information bekomme. Deshalb sei es diktaturfeindlich: “In informationstechnisch hoch integrierten Gesellschaften wird die Wiederkehr totalitärer Herrschaftssys-teme immer unwahrscheinlicher.” Der Mitbegründer der Internet-Plattform politik-digital, Philipp Stradtmann, ist sich mit Noam einig, dass die Online-Entwicklung keine “elektronische Allzweck-Wunderwaffe gegen Polit-Lethargie” sei. Allerdings sei das Internet “hervorragend geeignet, politische Information, Kommunikation und Organisation schnell und flexibel herzustellen”. Zudem sieht Stradtmann nationale Differenzen: “Von einer Situation, wie sie Noam beschreibt, in der sich in der Fülle der Netz-Initiativen nur die personell und finanziell Potentesten Gehör verschaffen können, sind wir in Deutschland noch weit entfernt.” Stradtmann will mit der unabhängigen Plattform “digitalen Mehrwert” schaffen. Durch ein Informations- und Service-System, das gerade aufgebaut wird, soll künftig jeder schnell recherchieren und mit politisch Verantwortlichen Kontakt aufnehmen können. Ob dann tatsächlich Politiker antworten oder nur gespeicherte Info-Häppchen versendet werden, wird sich in den kommenden Jahren zeigen.