Frauen auf der Überholspur des Information Superhighway: zumindest in den USA, wo sich einer neuen
Studie zufolge mittlerweile
mehr Frauen als Männer im Netz tummeln. Davon sind wir noch ein Stück entfernt, denn hierzulande
liegt der Anteil der weiblichen User erst bei etwa
40%. In der Arbeitswelt
ist die Diskrepanz um einiges größer: Frauen in IT-Jobs, besonders in den technischen, sind die
Ausnahme. Kein Wunder, bei derzeit nur 7% Frauen im Studiengang Informatik.
Diese Zahl möchte die Bundesregierung mit dem Aktionsprogramm
"Innovation und Arbeitsplätze in der Informationsgesellschaft
des 21. Jahrhunderts" bis 2005 auf 40% anheben. Ein ehrgeiziges Ziel, das sich nicht von selbst erfüllt.
Die Fachgruppe "Frauenarbeit und Informatik" der Gesellschaft für Informatik
schlägt darum vor, ein Bundesprogramm zu starten, mit dem dann Reformstudiengänge für Frauen
eingerichtet werden. Damit sind Voll- und Teilzeitstudiengänge im Fach Informatik an Universitäten und
Fachhochschulen gemeint, die speziell auf Frauen ausgerichtet sind. Zur fachbegleitenden Weiterbildung soll das
Sommerstudium der
"Informatica
Feminale" dienen.
Auch das Kompetenzzentrum
des Vereins "Frauen geben Technik neue Impulse e.V." will die Chancengleichheit der Geschlechter im
IT-Bereich fördern. Mit nationalen und internationalen Projekten strebt das Kompetenzzentrum mit Sitz an der
Fachhochschule Bielefeld einen Bewusstseinswandel in Ausbildung, Beruf und Forschung an.
Die Förderung von Frauen in der IT-Branche sei jedoch laut der Vereins-Geschäftsführerin Barbara
Schwarze keineswegs eine wohltätige Aufgabe, sondern schlicht "ein knallharter Wettbewerbsfaktor",
gerade angesichts des Mangels an IT-Fachkräften. Das Potential an gut ausgebildeten Frauen dürfe da nicht
vernachlässigt werden.
Bisher wird es jedoch nicht genutzt. Einen großen Anteil an der geringen Frauenpräsenz in
Multimedia-Berufen haben wohl die vorherrschenden Geschlechterstereotype. Es fehlen weibliche Vorbilder in der
Informatik, und auch das technische Image der New Media Jobs
schreckt viele Frauen eher ab.
Diese Beobachtung veranlasste die Konferenz der FrauenministerInnen der Länder (GFMK) dazu, Reformen im
Bildungsbereich zu fordern. Neue Zugangsweisen im naturwissenschaftlichen Unterricht sollen Mädchen
stärker ermutigen, einen informationstechnischen Beruf zu ergreifen. Da das "nerdige", technische
Image der Informatik sie bisher wohl von den diesen Berufen abhält, sollen in Zukunft mehr die menschlichen
und kommunikativen Aspekte der IT-Berufe betont werden, da diese vielen Mädchen bei der Berufswahl wichtig sind.
Informationstage und Projekte in Zusammenarbeit mit Wirtschaft und Hochschulen können dann zusätzlich das
Interesse an diesen Bereichen wecken. Eine besondere Bedeutung kommt hierbei
weiblichen Vorbildern zu, also
Lehrerinnen, Studentinnen und Professorinnen der Naturwissenschaften.
Doch nicht nur in der Bildung muss sich etwas ändern. Der im August veröffentlichte
Bericht der GFMK über
"Frauen in der Informationsgesellschaft" nennt eine Reihe von weiteren Eckpunkten, auf deren Grundlage
dann konkrete Maßnahmen erarbeitet werden sollen. Neben der Forderung nach Bildungsreformen für mehr
Chancengleichheit sollen auch die Medienkompetenz gestärkt, die berufliche Weiterbildung umstrukturiert und
die Erwerbschancen von Frauen im IT-Bereich gesteigert werden.
So müssen sich zunächst die Inhalte der Internet-Angebote mehr an der Realität der Frauenalltage
orientieren, denn bisher gibt es noch eher wenige deutsche frauenspezifische Seiten. In den USA ist der
Frauenanteil bei den Usern unter anderem auch deshalb so hoch, weil es hier eine Vielzahl an Sites gibt, die sich
gezielt an Frauen richten. Dazu gehören vor allem Inhalte, die den Alltag erleichtern, also Job-, Service-
oder Schnäppchen-Sites. Anders als viele Männer, die oft einfach um des Surfens willen im Internet
unterwegs sind, seien einer
Studie zufolge Frauen eher
praktisch orientiert und nutzten das Netz, um Zeit oder Geld zu sparen. Dies gelte sowohl in den USA als auch in Europa.
Die Anpassung an Frauen darf jedoch nicht bei den Inhalten des WWW aufhören. Auch die Arbeitswelt
muss nach Vorstellung der GFMK auf die Frauen zugehen. So sollen flexible, individuelle Arbeitsformen und
Unterstützung bei der Existenzgründung die Multimedia-Arbeitsplätze für Frauen attraktiver
machen.
Auch im Fortbildungsbereich ist eine Umorientierung nötig. Weiterbildungsangebote müssen sich vermehrt
auf den IT-Sektor ausrichten und sollen sich besonders an gering qualifizierte Frauen wenden, da sie am
stärksten vom Arbeitsplatzverlust bedroht sind, wenn in einer Firma rationalisiert wird, so
Martina Klein. IT-Kenntnisse
würden sie für vielfältigere Aufgaben qualifizieren und so ihren Wert für die Firma erhöhen.
Damit die guten Ideen auch in die Praxis umgesetzt werden, wartet der Bund nicht auf die schleppende Prozedur,
bis endlich ein Maßnahmenkatalog verabschiedet ist, sondern unterstützt private Initiativen. So wird
beispielsweise der Verein
"Frauen geben Technik
neue Impulse" durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung und durch das Ministerium
für Familie, Senioren, Frauen und Jugend gefördert. Eine Zusammenarbeit, die sich etwa in gemeinsamen
Projekten niederschlägt. So war der Verein auch an der Vorbereitung des GFMK-Berichts über Frauen in
der Informationsgesellschaft beteiligt. Die vernetzende Funktion des Vereins zeigt sich auch in der Zusammenarbeit
mit der Informatica Feminale und der Gruppe "Frauenarbeit und Informatik" der Gesellschaft für
Informatik.
Um die bundesweiten Projektkooperationen zu optimieren, baut das Kompetenzzentrum des Vereins gerade
ExpertInnengruppen zu einigen thematischen Schwerpunkten auf, etwa in den Bereichen Zugang, Bildung und Beruf.
"Frauen ans Netz", eine Gemeinschaftsaktion
des Bundesministerium für Bildung und Forschung, der Bundesanstalt für Arbeit, der Deutschen Telekom und
der Zeitschrift Brigitte, wird bereits erfolgreich vom Kompetenzzentrum koordiniert. Die Initiative bietet allen
interessierten Frauen einführende Internetkurse an. Ziel der Aktion ist es, dass Frauen Internet und Computer
überhaupt erst einmal kennen lernen, um dann selbst entscheiden zu können, wie sie die Medien beruflich
oder privat weiter nutzen wollen. Rund 33.000 Teilnehmerinnen nutzten das Angebot im Jahr 1999, in diesem Jahr soll
es weiter ausgebaut werden.