Ein polarisierendes Buch über die Risiken des Netzes, erwachsen gewordene Hacker und die Datensammelwut nach dem 11. September – dies und mehr in der Digitalen Presseschau.
Auch in dieser Woche stand uns ein großer Fundus an interessanten Artikeln zur Auswahl. Die Serie zum 9/11 auf futurezone.at wurde einstimmig auf den 1. Platz gewählt. Darin wird der Weg der USA zu einer Sicherheitsmaschine nachgezeichnet.
Die Anschläge des 11. September jährten sich am Sonntag zum zehnten Mal. 9/11 und der darauf einsetzende Kampf gegen den Terror stellten auch in Sachen Überwachungsstaat eine Zäsur dar. Seitdem werden Daten im großen Stile beschafft und gespeichert. Eine Vorratsdatenspeicherung in den USA ist nach Einschätzung der Autorin Christiane Schulzki-Haddouti kein Thema: Die Netzbetreiber speichern die Daten per se lange und kooperieren mit den Behörden. Die USA seien zum “Datenimperium” geworden, das Grundrechte ignoriere und längst die Kontrolle über sich selbst verloren habe.
Von angefeindeten Chaoten zu umworbenen Experten
Über den Wandel des Chaos Computer Clubs und seiner Mitglieder von “Kellerbastlern zu Politikberatern” berichten Kai Biermann und Stefan Schmitt bei Zeit Online. Die Entwicklung des Clubs spiegele zugleich den Weg der Bundesrepublik von einer analogen Welt der 1980er Jahre in die digitale Gegenwart. Angefangen hatte alles mit einem Aufruf an “alle Kumputerfrieks” in ihren Hobbykellern, die sich schon bald als “respektlose Schwachstellen-Finder” profilierten. Heute werden Mitglieder des Clubs als Sachverständige in die Internet-Enquete des Bundestages berufen.
Warnung vor der “Zeitbombe Internet” polarisiert
Platz drei unserer Presseschau erlangte Christian Meiers Bericht über das kürzlich erschienene Buch “Zeitbombe Internet” der Wirtschaftsjournalisten Thomas Fischermann und Götz Hamann. Darin warnen die Autoren vor der störanfälligen Infrastruktur des Netzes. Die Thesen der beiden Autoren werden in Netzkreisen kontrovers diskutiert. Meier setzt sich in seinem bei Meedia veröffentlichten Beitrag mit den kritischen Äußerungen von Netzaktivisten wie Markus Beckedahl oder Jens Best auseinander und plädiert für einen dritten Weg.
Warum die Deutschen so vorsichtig mit Daten umgehen
Den aufschlussreichen Außenblick der britischen BBC auf die deutsche Datenschutzdiskussion wählte die Redaktion auf den vierten Platz. David Meyer spürt in diesem Artikel den Gründen für die Zurückhaltung der Deutschen im Umgang mit Daten nach. Sein Ergebnis: Die Vergangenheit mit NS-Regime und Stasi habe die Menschen nachhaltig geprägt. Auch deshalb seien die Datenschutzbestimmungen in der EU sehr unterschiedlich, was Unternehmen wie Facebook oder Google Kopfschmerzen bereite.
Auf dem fünften Platz landete Stephan Dörner mit seinem Artikel über die Potenziale der “neuen Online-Demokratie”. Noch nie sei es so einfach gewesen, eine Vielzahl von Menschen zu mobilisieren, erläutert der Handelsblattredakteur. Bestes Beispiel hierfür sei die aktuell erfolgreiche Online-Petition gegen die Vorratsdatenspeicherung. Aber nicht nur Themen der Netzwelt profitierten davon. Protestnetzwerke wie Campact bewiesen darüber hinaus, dass Online-Aktionen auch zahlreiche Menschen auf die Straße bringen.
Das Erfolgsgeheimnis der Piraten
Aus aktuellem Anlass entschied sich die Redaktion dazu, den kurzen, provokanten Kommentar des “Sprengsatz”-Bloggers Michael Spreng in die Presseschau aufzunehmen. Spreng ergründet das vermeintliche Erfolgsgeheimnis der Piraten-Partei. Dieses liege in der spezifischen Sozialstruktur Berlins, die ein “Biotop” für “Freaks und Nerds” bilde. Nirgendwo sei “das IT- und Medien-Prekariat so zahlreich wie in der Bundeshauptstadt”. Thesen, die auf großen Widerhall gestoßen sind: Bereits 115 User haben bis heute auf seinen Kommentar geantwortet.