Die Linke will sich in Zukunft stärker netzpolitisch profilieren.
Am Wochenende wurde die Bundesarbeitsgemeinschaft Netzpolitik ins Leben gerufen, am Samstag diskutierten Parteienvertreter bei einer Konferenz in Berlin zusammen mit Experten und Netzaktivisten über das Verhältnis von Internet und Politik.
Themen wie Freiheit und Offenheit des Internet, informationelle Selbstbestimmung sowie die digitale Spaltung entlang von Bildung und Einkommen sollen laut Gründungsaufruf in der Arbeitsgemeinschaft (BAG) Netzpolitik diskutiert und längerfristig als Parteiposition erarbeitet werden. Für ihre Partei gehe es dabei vor allem darum, "wie linke Politik die Möglichkeiten des Netzes für alle sichern kann, und dabei muss man auch Eigentumsfragen stellen", erklärte die netzpolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion der Linken Halina Wawzyniak zu Beginn der Konferenz im Betahaus in Berlin-Kreuzberg. Passend zum Veranstaltungsmotto "Netz für Alle" forderte Constanze Kurz vom Chaos Computer Club in ihrer Keynote das Grundrecht auf einen Breitbandzugang und kritisierte, dass zwar das Fernsehgerät, nicht aber der Internetzugang zu den Grundbedürfnissen von Hartz 4-Empfängern erklärt wurden. Das Internet sei ein öffentliches Gut, deswegen müsse es ein Recht auf Teilhabe geben, fasste der österreichische Philosoph und Publizist Robert Misik anschließend die Debatte zusammen.
Warum diese Idee eher Wunschdenken denn Realität ist, wurde in der Diskussion über den Ausbau der Netz-Infrastruktur im Workshop "Wem gehört das Netz?" schnell deutlich. Die Ursache für die grauen Flächen im Breitbandnetz liegt nach Ansicht des Medienrechtlers Jan Mönikes vor allem in der Privatisierung der Infrastruktur. Mönikes verwies auf die hohen Investitionskosten und geringen Margen beim Netzausbau und sieht ein Marktversagen in bestimmten Regionen: "Dort wo es sich ökonomisch nicht rentiert, wird es nicht zu einem weiteren Ausbau kommen. Da brauchen wir dann staatliche Investitionen". Auch der Netzaktivist Stephan Urbach (telecomix.org / 12 Miles Ahead) fordert eine Mischung aus staatlichen und privaten Netzen, er findet Gefallen an der Idee der genossenschaftlich organisierten Netze in Bürgerhand. Mönikes hält dagegen, dass solche Genossenschaften oder kommunalen Netzbetreiber oft mit zu hohen Investitionskosten zu kämpfen hätten. Rainer Fischbach findet solche "Klein-klein-Lösungen" innerhalb einer globalen Netz-Infrastruktur wenig sinnvoll. Vielmehr bräuchte es zu Verwirklichung eines "sozialen Internet" mehr gesetzliche Regulierung des Telekommunikations-Marktes, meint der IT-Experte.
Von der derzeitigen Telekommunikationspolitik in Deutschland zeigten sich die Referenten eher enttäuscht. So kritisierte Fischbach, dass Deutschland bei den Investitionen in den Ausbau des Glasfasernetzes zu den Schlusslichtern unter den OECD-Ländern gehöre. Schuld am fehlenden Fortschritt im Netzausbau, so Mönikes, sei vor allem die Politik. Es gebe weder Interesse noch Expertise seitens der Parteien in diesem Bereich. Mönikes wünscht sich dementsprechend mehr Aufmerksamkeit von Seiten der Netzpolitiker und Netzaktivisten für das "totlangweilige" Thema.
Auf der Konferenz-Website finden sich Zusammfassungen weiterer Workshops zum Thema Digitale Spaltung, Informationsfreiheit sowie ein Videostream vom Panel: Digitale Arbeit als bezahlte Arbeit. Die Konferenz fand in diesem Jahr zum zweiten Mal statt und wurde in Kooperation mit der Rosa-Luxemburg-Stiftung durchgeführt.