Der iranische Minister für Kommunikations- und Informationstechnologie kündigte an, voraussichtlich ab Ende August eine neue Internet-Infrastruktur zu testen. Laut Reporter ohne Grenzen drohen damit eine weitere Abschottung der iranischen Bevölkerung vom internationalen Netz und eine neue Dimension der Online-Überwachung.
Nach den blutig niedergeschlagenen Protesten im Zuge der iranischen Präsidentschaftswahl 2009, die vermehrt über das Internet organisiert wurden, hatte die iranische Regierung ihre Maßnahmen zur Netzzensur und dafür erforderliche Budgets stetig weiter erhöht. Bereits im Mai berichtete z. B. das Wall Street Journal in einem längeren Artikel über die zunehmende Netzzensur und die Pläne für die Errichtung eines nationalen Internet (Halal-Internet), das abgekapselt vom weltweiten Netz existieren soll. Dieses scheint mit der Ankündigung, am Ende des Monats einen Testbetrieb zu starten, konkrete Formen anzunehmen. Offiziell soll das nationale Netz u.a. dazu dienen, externe Internetangriffe abzuwehren und die Bevölkerung vor unmoralischen Inhalten zu schützen. In Wirklichkeit versucht die iranische Regierung jedoch, die Kontrolle über das Netz im eigenen Land zu erreichen und insbesondere Regimekritiker mundtot zu machen. Dieser Befürchtung verliehen heute die Reporter ohne Grenzen (ROG) in einer Pressemitteilung Nachdruck und verwiesen darauf, dass die islamische Republik schon längst zu den Staaten mit der weltweit stärksten Online-Filterung und Überwachung sowie mit den schärfsten Repressionen gegen kritische Internetnutzer gehört. politik-digital.de gegenüber sagte eine Sprecherin von ROG, dass Iran neben China zu den führenden Feinden des Internet zähle und dass ein solch nationales Internet dazu dienen könnte, den Zugang zu sozialen Netzwerken und unabhängigen und kritischen Informationen weiter zu verhindern. Ob die praktische Umsetzung eines solch geschlossenen Netzes bzw. Intranets aber tatsächlich gelingen wird, ist noch offen. Der politische Wille dafür ist in jedem Fall da.